Circa 50 bis 60 Biber soll es in der Region rund um Lenzkirch (Kreis Breisgau-Hochschwarzwald) geben. Mittlerweile richten sie dort Schäden in sechsstelliger Höhe an. Im Jahr 2022 waren es 140.000 Euro Schaden. Davon hat das Land 30.000 Euro für die Materialkosten übernommen. Doch zu Lasten des Bibers gehen auch rund 800 Arbeitsstunden von Mitarbeitern der Gemeinden Lenzkirch und Feldberg (Kreis Breisgau-Hochschwarzwald). Das entspricht einer Halbtagsstelle. Auch wenn die Gemeinden ihre Biber eigentlich lieben: Für Jürgen Lewke, Betriebsleiter des Abwasserzweckverbandes Haslachtal, ist der Biber eine Plage geworden.
Biber beißt Kabel in Kläranlage durch
Eigentlich bewundert Jürgen Lewke den Biber, einen Baumeister. Welche Leistung er erbringt und mit welcher Energie er seine Dämme baut. Doch die Belastungen seien in den letzten drei Jahren steil nach oben geschossen. Jürgen Lewke muss nicht weit gehen, um über Schäden zu sprechen. Selbst das Gelände der Kläranlage wird vom Biber heimgesucht. Über die Abflussrohre kam er schon ins Innere der Anlage oder er drückte sich unter dem Zaun durch. Im großen Klärbecken biss er ein Kabel durch. Auch der Strommast drohte umzukippen, da sich der Biber in die Uferböschung der Haslach grub.
Jede Woche ist Jürgen Lewke mit seinen Mitarbeitern mehrere Kilometer im Gelände unterwegs, um die Hauptabwasserleitung zu inspizieren. Diese verläuft oft nahe der Haslach, also Gebiete, die für den Biber ideale Lebensräume bieten. Überall entlang der Haslach hat er Bäume angenagt und gefällt. Ganze Uferstreifen sind ohne Bäume. Laut Lenzkirchs Bürgermeister Andreas Graf ist das schlecht für die Fische, die man mühsam versuche, in den Bächen zu halten.
Biber umgeht Sicherungsmaßnahmen der Gemeinde Feldberg
Doch noch schlimmere Szenarien drohen. Dort wo der Biber Burgen und Dämme baut, besteht immer wieder die Gefahr eines Rohrbruchs der Abwasserhauptleitung. Zum Beispiel, wenn die Zugangsschächte überflutet oder die Rohre untergraben werden. Diese Gefahren gilt es rechtzeitig zu entdecken, denn falls das Abwasser in den Bach gerät, wird viel Leben im Fluss zerstört.
In der Gemeinde Feldberg-Altglashütten (Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald) zum Beispiel wurden deshalb Biberdämme eingerissen und es wurde ein ganzer See abgelassen. Danach wurde für mehrere zehntausend Euro die Uferböschung gestützt und bibersicher gemacht. Eineinhalb Jahre hat es gedauert, bis die Genehmigung für den Eingriff da war.
Doch das Ganze war umsonst. Nun hat der Biber 50 Meter weiter flussaufwärts ein neues Biotop angelegt. "Da haben wir jetzt den nächsten Ärger", meint Jürgen Lewke, als er vom Ufer aus das aufgestaute Wasser sieht. Die Versorgungsschächte sind trockenen Fußes schon gar nicht mehr erreichbar. „Da ist Gefahr im Verzug“, sagt Jürgen Lewke. Doch mittlerweile seien alle ratlos.
Gemeinden fordern Abschuss der Biber
Laut Lenzkirchs Bürgermeister Andreas Graf ist in den vergangenen Jahren alles versucht worden, um das Biber-Problem in den Griff zu bekommen. Immer habe man eng mit den Bibermanagern und dem Regierungspräsidium Freiburg zusammengearbeitet. Aber die Anzahl der Biber sei einfach zu groß. Die Gemeinden könnten weder die enormen Kosten noch die Arbeitsstunden der Mitarbeiter weiter auffangen. Nach der derzeitigen Regelung übernehme das Land nur die Materialkosten für die Beseitigung der Schäden. In Bayern sei das anders, so Andreas Graf.
In einem Brandbrief hat der Kreisverband Breisgau-Hochschwarzwald vom Land jetzt gefordert, einen Schadensfonds einzurichten, der für die Schäden vor Ort vollständig aufkommen soll. Außerdem fordert der Kreisverband, dass Biber abgeschossen werden dürfen, wenn es zu viele von ihnen gibt. Zwar ist das für Bürgemeister Andreas Graf keine schöne Sache, aber er sagt auch: "Wenn unsere Infrastruktur auf dem Spiel steht und wir eine Naturkatastrophe riskieren, dann darf die Entnahme kein Tabu mehr sein."
Umweltministerium verweist auf Modellprojekt
Gegenüber dem SWR erteilt das Umweltministerium in Stuttgart den Forderungen teilweise eine Absage. Schäden, die durch Biber verursacht werden, entschädige das Land nicht. "Grundsätzlich setzt ein Schadensausgleich ein Verschulden oder die Schaffung einer Gefährdungslage voraus. Beides ist bei wildlebenden und damit herrenlosen Tieren wie dem Biber nicht gegeben", heißt es in der Antwort. Außerdem: "Anders als in Bayern wurde der Biber in Baden-Württemberg nicht aktiv angesiedelt."
Was die Tötung der Tiere betrifft, verweist das Umweltministerium auf ein Modellprojekt, an dem die Landkreise Biberach, Sigmaringen, Ravensburg und der Alb-Donau-Kreis teilnehmen. Dabei wird untersucht, ob das Bibermanagement um das Töten einiger Tiere als letztes Mittel erweitert werden kann. Ende 2023 soll das Projekt auslaufen. Bis dahin müssen die Gemeinden Lenzkirch und Feldberg also wohl noch durchhalten.