Biber-Plage im Hochschwarzwald

Brandbrief: Gemeinde Lenzkirch fordert Abschuss von Bibern

Stand
Autor/in
Henning Winter
Onlinefassung
Katharina Seeburger
Eine Frau mit dunkelblonden Haaren lacht in die Kamera. Ihre Haare sind etwas länger als schulterlang. Katharina Seeburger trägt einen gestreiften Pullover in blau, rosa und grau.

Der Biber hat sich erfolgreich bei uns angesiedelt. Dadurch gibt es zunehmend Probleme. Gemeinden aus dem Hochschwarzwald wenden sich in in einem Brandbrief an die Landesregierung.

Circa 50 bis 60 Biber soll es in der Region rund um Lenzkirch (Kreis Breisgau-Hochschwarzwald) geben. Mittlerweile richten sie dort Schäden in sechsstelliger Höhe an. Im Jahr 2022 waren es 140.000 Euro Schaden. Davon hat das Land 30.000 Euro für die Materialkosten übernommen. Doch zu Lasten des Bibers gehen auch rund 800 Arbeitsstunden von Mitarbeitern der Gemeinden Lenzkirch und Feldberg (Kreis Breisgau-Hochschwarzwald). Das entspricht einer Halbtagsstelle. Auch wenn die Gemeinden ihre Biber eigentlich lieben: Für Jürgen Lewke, Betriebsleiter des Abwasserzweckverbandes Haslachtal, ist der Biber eine Plage geworden.

Biber beißt Kabel in Kläranlage durch

Eigentlich bewundert Jürgen Lewke den Biber, einen Baumeister. Welche Leistung er erbringt und mit welcher Energie er seine Dämme baut. Doch die Belastungen seien in den letzten drei Jahren steil nach oben geschossen. Jürgen Lewke muss nicht weit gehen, um über Schäden zu sprechen. Selbst das Gelände der Kläranlage wird vom Biber heimgesucht. Über die Abflussrohre kam er schon ins Innere der Anlage oder er drückte sich unter dem Zaun durch. Im großen Klärbecken biss er ein Kabel durch. Auch der Strommast drohte umzukippen, da sich der Biber in die Uferböschung der Haslach grub.

Ein Biber hängt in einem Fangnetz. Ein Mann in einem weißen Schutzanzug hält das Netz und trägt den biber gerade raus. Das alles findet am Rande des Klärbeckens statt. Das Klärbecken ist bis zum Rand mit Wasser gefüllt. Im Hitnergrund des Bildes steht ein Feuerwehrmann. Vorne im BIld sieht man eine Hand, die die Szene mit dem Handy filmt.
Ein Biber wird aus dem Klärbecken des Abwasserzweckverbandes Haslachtal gerettet. Der Biber hatte im großen Klärbecken ein Kabel durchgebissen. Bild in Detailansicht öffnen
Ein gelber Bagger steht am Ufer eines Baches. Er hat das Ufer aufgegraben. Links sützt ein Zaun die Böschung. Ein Mann läuft durch den aufgegrabenen Bereich.
Baumaßnahme des Abwasserzweckverbands in Lenzkirch, um das Ufer und den Strommast vor dem Biber zu schützen Bild in Detailansicht öffnen
Zu sehen ist ein rostbraunes Rohr, das von links nach rechts läuft. Es ist eigentlich in der Erde vergraben. Der Biber hat das Rohr aber von unten frei gegraben.
Dieses Rohr des Abwasserhauptkanals hat der Biber untergraben. Das ist problematisch, weil das Rohr brechen kann und dann das Abwasser in den Bach fließt. Bild in Detailansicht öffnen

Jede Woche ist Jürgen Lewke mit seinen Mitarbeitern mehrere Kilometer im Gelände unterwegs, um die Hauptabwasserleitung zu inspizieren. Diese verläuft oft nahe der Haslach, also Gebiete, die für den Biber ideale Lebensräume bieten. Überall entlang der Haslach hat er Bäume angenagt und gefällt. Ganze Uferstreifen sind ohne Bäume. Laut Lenzkirchs Bürgermeister Andreas Graf ist das schlecht für die Fische, die man mühsam versuche, in den Bächen zu halten.

"Im Sommer, wenn die Haslach eh wenig Wasser führt, gibt es zu wenig Schatten. Der Bach erwärmt sich dann zu sehr."

Biber umgeht Sicherungsmaßnahmen der Gemeinde Feldberg

Doch noch schlimmere Szenarien drohen. Dort wo der Biber Burgen und Dämme baut, besteht immer wieder die Gefahr eines Rohrbruchs der Abwasserhauptleitung. Zum Beispiel, wenn die Zugangsschächte überflutet oder die Rohre untergraben werden. Diese Gefahren gilt es rechtzeitig zu entdecken, denn falls das Abwasser in den Bach gerät, wird viel Leben im Fluss zerstört.

In der Gemeinde Feldberg-Altglashütten (Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald) zum Beispiel wurden deshalb Biberdämme eingerissen und es wurde ein ganzer See abgelassen. Danach wurde für mehrere zehntausend Euro die Uferböschung gestützt und bibersicher gemacht. Eineinhalb Jahre hat es gedauert, bis die Genehmigung für den Eingriff da war.

Doch das Ganze war umsonst. Nun hat der Biber 50 Meter weiter flussaufwärts ein neues Biotop angelegt. "Da haben wir jetzt den nächsten Ärger", meint Jürgen Lewke, als er vom Ufer aus das aufgestaute Wasser sieht. Die Versorgungsschächte sind trockenen Fußes schon gar nicht mehr erreichbar. „Da ist Gefahr im Verzug“, sagt Jürgen Lewke. Doch mittlerweile seien alle ratlos.

Gemeinden fordern Abschuss der Biber

Laut Lenzkirchs Bürgermeister Andreas Graf ist in den vergangenen Jahren alles versucht worden, um das Biber-Problem in den Griff zu bekommen. Immer habe man eng mit den Bibermanagern und dem Regierungspräsidium Freiburg zusammengearbeitet. Aber die Anzahl der Biber sei einfach zu groß. Die Gemeinden könnten weder die enormen Kosten noch die Arbeitsstunden der Mitarbeiter weiter auffangen. Nach der derzeitigen Regelung übernehme das Land nur die Materialkosten für die Beseitigung der Schäden. In Bayern sei das anders, so Andreas Graf.

"Der Biber ist mittlerweile eine immense Belastung für die Gemeinden."

In einem Brandbrief hat der Kreisverband Breisgau-Hochschwarzwald vom Land jetzt gefordert, einen Schadensfonds einzurichten, der für die Schäden vor Ort vollständig aufkommen soll. Außerdem fordert der Kreisverband, dass Biber abgeschossen werden dürfen, wenn es zu viele von ihnen gibt. Zwar ist das für Bürgemeister Andreas Graf keine schöne Sache, aber er sagt auch: "Wenn unsere Infrastruktur auf dem Spiel steht und wir eine Naturkatastrophe riskieren, dann darf die Entnahme kein Tabu mehr sein."

Umweltministerium verweist auf Modellprojekt

Gegenüber dem SWR erteilt das Umweltministerium in Stuttgart den Forderungen teilweise eine Absage. Schäden, die durch Biber verursacht werden, entschädige das Land nicht. "Grundsätzlich setzt ein Schadensausgleich ein Verschulden oder die Schaffung einer Gefährdungslage voraus. Beides ist bei wildlebenden und damit herrenlosen Tieren wie dem Biber nicht gegeben", heißt es in der Antwort. Außerdem: "Anders als in Bayern wurde der Biber in Baden-Württemberg nicht aktiv angesiedelt."

Was die Tötung der Tiere betrifft, verweist das Umweltministerium auf ein Modellprojekt, an dem die Landkreise Biberach, Sigmaringen, Ravensburg und der Alb-Donau-Kreis teilnehmen. Dabei wird untersucht, ob das Bibermanagement um das Töten einiger Tiere als letztes Mittel erweitert werden kann. Ende 2023 soll das Projekt auslaufen. Bis dahin müssen die Gemeinden Lenzkirch und Feldberg also wohl noch durchhalten.

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