Der Kiebitz soll an den Oberrhein zurück

Hilfe für bedrohten Vogel des Jahres

So schaffen Wasserbüffel ein Paradies für den Kiebitz am Kaiserstuhl

Stand
Autor/in
Ulrike Liszkowski
Bild von SWR-Redakteurin Ulrike Liszkowski

Kiebitze waren lange zahlreich am Oberrhein. Nun drohen sie aber aus Baden-Württemberg zu verschwinden. In Riegel sollen Wasserbüffel ihnen die Region wieder schmackhaft machen.

Der Kiebitz - Vogel des Jahres 2024 - war früher mal auf so ziemlich jedem feuchten Acker in Baden-Württemberg zu Hause. In den vergangenen Jahrzehnten sind die Bestände im Land aber um mehr als 90 Prozent zurückgegangen. Inzwischen ist der Kiebitz hier sogar vom Aussterben bedroht. Das Land steuert mit einer großen Artenschutzoffensive gegen. Mit Fördergeldern konnte so etwa in Riegel am Kaiserstuhl (Kreis Emmendingen) neuer Lebensraum für den Kiebitz geschaffen werden. Im Gebiet "Entennest" sind ganz besondere Landschaftspfleger im Einsatz: Wasserbüffel.

Ulrike Liszkowski berichtete am 18.9.2024 für SWR Aktuell Radio über das Kiebitz-Projekt:

Wo sich die Wasserbüffel suhlen, fühlt sich der Kiebitz wohl

Der am Oberrhein selten gewordene Kiebitz mag Wasserläufe, feuchte Gebiete und offene Flächen ohne großen Bewuchs, sagt Malte Bickel, Leiter des Kiebitz-Projekts vom Regierungspräsidium Freiburg. Deshalb wird mittels einer Solarpumpe Wasser aus einem Tiefbrunnen auf die Wiese gepumpt. Das Wasser läuft dann in einen alten Graben, der für den Kiebitz verbreitert wurde. Das flache Gewässer schlängelt sich um mehrere sogenannte Kiebitzinseln, wo die Vögel im Frühjahr brüten können.

Die Wasserbüffel sind mindestens genauso gerne im Wasser wie die Kiebitze. So halten sie das Ufer schön schlammig, was den Kiebitzen die Nahrungssuche erleichtert. Mit ihren gespreizten Hufen bewegen sie sich sicher in sumpfigem Gelände, und mit ihren Tritten sorgen sie für offene Bodenstellen. Ihr Dung zieht Vögel und Insekten an. Und der Elektrozaun um ihre Weide soll potentielle Kiebitz-Jäger von den Nestern fernhalten: Füchse, Marder oder auch Waschbären. Höhere Bäume haben im Kiebitz-Paradies auch nichts zu suchen, denn von dort könnten Beutegreifer aus der Luft zuschlagen.

Kiebitze sind Zugvögel: Wann werden sie das neue Entennest entdecken?

Als Zugvögel überwintern Kiebitze in Süd- bis Mitteleuropa, erklärt Vogelexperte Malte Bickel. Er ist sicher, dass der eine oder andere Zugvogel auf Durchreise im Frühjahr das neu gestaltete Paradies entdecken und dort brüten wird.

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Kiebitz im Sinkflug - kurz vor dem Aussterben

Ob sich im Riegeler "Entennest" im Frühjahr ein Vogel aus der Nachbarschaft oder aus Norddeutschland einrichtet, kann Bickel nicht sagen. Auf jeden Fall gebe es in der Oberrheinebene noch Brutvorkommen, sogar in Riegel, weiß er. Allerdings seien die Bestände in den vergangenen Jahrzehnten in der Region um mehr als 90 Prozent zurückgegangen.

Der Kiebitz ist kurz vor dem Aussterben. Wenn wir uns hier und jetzt nicht darum kümmern, wird der Vogel in 20 Jahren kein Brutvogel mehr in der Oberrheinebene sein.

Artenschutz als zentrale Zukunftsaufgabe

100.000 Euro hat das Land Baden-Württemberg in die Umgestaltung der Wiese, des Grundwasserbrunnens und Elektrozauns investiert. Außerdem wird auf Dauer der Landwirt, der sich um Wiese und Büffel kümmert, für diese Landschaftspflege entschädigt. Eine Investition, die nicht nur dem Kiebitz zu Gute kommt, auch andere Vögel, Libellen oder Schmetterlinge profitieren. Freiburgs Regierungspräsident Carsten Gabbert unterstreicht, dass das ganze Ökosystem vernetzt zusammenhängt.

Neben dem Klimaschutz ist der Kampf gegen das Artensterben eine zentrale Zukunftsaufgabe für uns alle. Ganz viele Arten werden wieder angesiedelt, damit die ökologischen Systeme stabil bleiben.

Regierungspräsident Carsten Gabbert guckt sich das Kiebitz-Projekt mit Wasserbüffeln an
Freiburgs Regierungspräsident Carsten Gabbert (2.v.l.) guckt sich das Kiebitz-Projekt mit Wasserbüffeln in Riegel an

Umdenken in der Landwirtschaft - viele kleine Projekte helfen

Monokulturen, intensivere Landwirtschaft und immer früheres Säen und Pflügen haben dem Kiebitz den Lebensraum und die Insekten als Nahrung genommen. Aber allmählich denken immer mehr Landwirte um, meint Eberhard Handloser, der nun die Wasserbüffel hält. Das Bewusstsein müsse wachsen, sagt er. Artenschutz begänne vielleicht mit einem nicht gemähten Blühstreifen am Rand des Feldes.

Natürlich muss der Landwirt auch schauen, dass er finanziell über die Runden kommt, aber da kriegen wir ja Fördergelder, und das ist ein Zugewinn für die Natur.

Jetzt ist Landwirt Handloser erstmal gespannt, ob und wann die ersten Kiebitze bei seinen Wasserbüffeln brüten.

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