Passantinnen und Passanten in Bad Säckingen (Landkreis Waldshut) scheinen sich um ihre Gesundheitsversorgung zu sorgen, wie eine Straßenumfrage des SWR zeigt. So müssen sie beispielsweise weite Wege bis zum nächsten Krankenhaus in Waldshut in Kauf nehmen oder ein Jahr auf eine Magenspiegelung warten, obwohl die Schmerzen bereits heute auftreten.
Ein Hausarzt auf 1.900 Einwohner im Landkreis Waldshut
Im Kreis Waldshut muss ein Hausarzt inzwischen mehr als 1.900 Menschen versorgen. Gründe hierfür: Die praktizierenden Ärztinnen und Ärzte werden immer älter und finden immer seltener Nachwuchs, der ihre Praxen übernimmt.
Dies zeigen auch die Zahlen im aktuellsten Jahresbericht der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW): Im Landkreis Waldshut sind mehr als 51 Prozent der Hausärzte über 60 Jahre alt. Zum Vergleich: In Freiburg sind es 35 Prozent.
Grenzregion ringt mit Schweiz um medizinisches Personal
Ein weiteres Problem ist, dass Ärztinnen und Ärzte in die Schweiz abwandern. Denn dort erhalten sie mehr Lohn, der Betreuungsschlüssel ist meist geringer, die Rente fällt höher aus. Mehrere hundert Ärztinnen und Ärzte aus Baden-Württemberg hat es deshalb in den letzten Jahren in die benachbarte Schweiz gezogen, sagt Beatrix Köster, Vorsitzende des Krankenhaus-Vereins Pro-Spital Bad Säckingen. "Am meisten drückt der Schuh in der Gesundheitsversorgung in Bad Säckingen", sagt Köster. Gründe seien vor allem zu weite Wege bis zum nächsten Arzt oder Krankenhaus und fehlendes Personal in den Krankenhäusern. Dies führe dazu, dass Kapazitäten heruntergefahren werden müssten.
Die Lage spitzt sich weiter zu
Bereits im Herbst vergangenen Jahres wurde die Notfallpraxis in Bad Säckingen durch die KVBW geschlossen. Trotz massiver Proteste aus der Bevölkerung und der Politik konnte das Vorhaben nicht gestoppt werden.
Auch für Familien mit Kindern hat sich die Situation seit diesem Jahr verschlechtert: Sollte ein Kind am Wochenende krank werden, bedeutet dies nun mindestens eine Stunde Fahrtzeit bis in die Kinder- und Jugendärztliche Notfallpraxis in Lörrach.
Gesundheitscampus soll Entlastung bringen
Das ehemalige Kreiskrankenhaus in Bad Säckingen hat Ende 2017 seine Türen geschlossen. Auf dessen Gelände wurde ein Gesundheitscampus errichtet. Mit zwei Jahren Verspätung haben dort seit Mai ein medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) mit Hausärzten und Gynäkologen, sowie zwei weitere Praxen, ihre Räumlichkeiten bezogen. In Planung sind außerdem ein orthopädisches Zentrum, ein Labor und eine Physiotherapiepraxis.
Obwohl die stationäre und ambulante Versorgung auf Bundesebene geregelt werden, sehen die vom SWR befragten Passantinnen und Passanten in Bad Säckingen auch die Kommunalpolitik in der Pflicht. Denn es sei wichtig, den Standort attraktiver für Fachärzte zu machen und nach lokalen Lösungen für die mangelnde medizinische Versorgung zu suchen, zum Beispiel durch neue Ausbildungsmöglichkeiten im Gesundheitswesen.