Caritas international weitet seine akute Nothilfe für die Opfer der Erdbeben in der Türkei und Syrien stark aus. Dafür stellt das Hilfswerk des Deutschen Caritasverbandes mit Sitz in Freiburg nun eine Million Euro zur Verfügung. Die Spendenbereitschaft sei unerwartet hoch gewesen, so das Hilfswerk. Besonders dringend benötigt werden unter anderem Heizöfen, Winterzelte, Lebensmittel, Trinkwasser und Medikamente.
SWR4-Moderatorin Suse Kessel spricht mit Reporter David Zastrow über aktuelle Hilfsangebote in Freiburg:
Krisenstab koordiniert Hilfen - große Solidarität
Bei Caritas International in Freiburg wurde ein Krisenstab eingerichtet, um den Einsatz in der Türkei und in Syrien zu koordinieren. Versucht wird auch, eine Mitarbeiterin nach Syrien zu schicken, wo die Lage besonders dramatisch ist. Außerdem arbeitet Caritas international mit sechs lokalen Partnern in der Türkei und in Syrien zusammen. Auch mit Hilfskräften in Aleppo, Damaskus und Beirut sei man in Kontakt. Inzwischen ist ein Spendenkonto eingerichtet worden, um weitere Nothilfe leisten zu können. Die Solidarität mit den Opfern und die Spendenbereitschaft ist enorm. 48 Stunden nach der Katastrophe waren bereits Gelder in Höhe von einer Million Euro eingegangen.
Steigende Opferzahl - auch Caritas selbst betroffen
Laut offiziellen Angaben sind bislang mehr als 9.000 Menschen durch die Erdbeben gestorben. Viele weitere Opfer werden noch unter den Trümmern vermutet. Auch Caritas-Büros seien teilweise zerstört oder könnten nicht betreten werden, berichtet Oliver Müller, Leiter von Caritas international. Für die Helfenden sei der Einsatz extrem schwierig und teilweise sogar lebensgefährlich. "Im syrischen Latakia sind vier unserer ehrenamtlichen Ärzte von den Trümmern einstürzender Gebäude erschlagen worden."
Menschen im Erdbebengebiet mit Nötigstem versorgen
Die Hilfsorganisation Caritas international wolle nun dabei helfen, die Menschen vor Ort mit dem zu versorgen, was sie jetzt dringend brauchen, sagt Caritas-Leiter Oliver Müller im SWR-Fernsehen. Allerdings gestalte sich dieser Einsatz in Syrien schwieriger, ergänzt Regina Kaltenbach, Caritas-Projektreferentin für Syrien. Grund sei der seit Jahren andauernde Bürgerkrieg im Land.
Hilfsaktion des Vereins Freiburg DITIB Mevlana Moschee
Während die Caritas im Großen hilft, gibt es in Freiburg und der Region auch zahlreiche kleine Aktionen, um Geld und Spenden für die Erdbebengebiete zu sammeln. Die Mitglieder des Vereins Freiburg DITIB Mevlana Moschee e.V. sammeln zum Beispiel Sachspenden an ihrer Moschee in der Mooswaldallee. Weil bisher schon so viele Menschen gespendet haben, haben die Mitglieder kurzerhand ein Festzelt auf dem Gelände aufgebaut, um dort die Kartons zu stapeln. Die Spenden werden von ihnen kontrolliert, sortiert und in Kartons verpackt, die dann beschriftet werden.
Tag und Nacht, rund um die Uhr könnten die Menschen ihre Spenden an der Moschee abgeben, so Erdal Gücün von Freiburg DITIB Mevlana Moschee e.V. Am Freitag um 14 Uhr fahre dann ein Lkw mit einem Fassungsvermögen von 40 Tonnen in die Türkei. Dort würden Hilfsorganisationen die Spenden entgegennehmen.
Eine weitere Spendenaktion ist vom Sozialdienst Muslimischer Frauen in Freiburg. Am Samstag wollen sie über eine Kuchenverkauf in Unterlinden in Freiburg Geld sammeln. Der gesamte Erlös soll an die Betroffenen gespendet werden.
Sinan Tatar aus Freiburg bangt um seine Familie in Türkei
Auch hier in Südbaden leben viele Angehörige, die um ihre Verwandten und Bekannten bangen. So auch Sinan Tatar, ein Freiburger Gastronom. Der 40-Jährige ist in der Türkei auf die Welt gekommen und war bis zu seinem zehnten Lebensjahr in dem jetzt betroffenen Gebiet zuhause. Seine Mutter, die Familie seines Bruders und etliche Verwandte leben aktuell dort.
Seine 80-jährige Mutter und die Familie seines Bruders haben die heftigen Erdbeben überlebt. Sie schlafen aber derzeit zu fünft bei Eiseskälte draußen im Auto, erzählt er. Sie hätten große Angst zurück in ihre Wohnungen zu gehen - wegen der Nachbeben, so seine Schilderungen. Tatar habe erhebliche Schwierigkeiten dorthin Kontakt aufzunehmen. Es gebe kein Internet, keine Ladekabel oder Handys. Vieles sei in den Trümmern verschüttet.
Der 40-Jährige spricht von Rettungsversuchen seiner Bekannten: "Eine Verwandte von uns wollte helfen, aber sie kamen nicht mehr ins Haus. Sie haben dann mit einem Gerät geprüft, ob noch Körperhitze vorhanden ist - alle vier waren tot", sagt Tatar.
Eine von seinen Cousinen wohnt in Hatay-Antakya - eine schwer getroffene Stadt. Die Cousine konnte von ihren Brüdern aus den Trümmern gerettet werden, schildert Sinan Tatar weiter. "Schulter gebrochen, Rücken gebrochen, das ganze Gesicht", sagt er. "Der Tochter geht es sehr schlecht. Sie waren in einem Krankenhaus in Gaziantep. Dann kam das zweite Beben, deshalb mussten sie die Operation im Krankenwagen machen." Viele Krankenhäuser seien zerstört. Sinan Tatar meint, viele denken an die Großstädte, aber in den Dörfern sei die Situation noch katastrophaler. Die Zufahrtswege seien zerstört, die Menschen auf sich allein gestellt, da die Helfer die Orte nicht erreichen.