Freiheitsstrafe wegen Volksverhetzung

Hass und antisemitische Hetze im Netz: 57-Jähriger in Freiburg verurteilt

Stand

Von Autor/in Louise Schöneshöfer

"Sie dürfen Hass nicht mit Hass vergelten", sagte die Richterin am Amtsgericht Freiburg zum Angeklagten. Er hatte im Internet zu Gewalt gegen Migranten und Politiker aufgerufen.

Wegen Hass und Hetze im Internet auf der Anklagebank: Ein 57-jähriger Mann musste sich am Dienstag vor dem Amtsgericht Freiburg verantworten. Zwischen Mai und Dezember 2023 veröffentlichte er über 40 Hasskommentare auf seinen öffentlich zugänglichen Facebook-Accounts. Er hetzte gegen Politiker der Ampel-Regierung, Migranten, Juden und Klimaaktivisten. In seinen Posts rief er zudem zu Gewalt und Tötung auf.

Staatsanwaltschaft: "Posts führen zu einem Nährboden für Hass"

"Faeser gehört verhaftet" und "Habeck hat Würmer im Kopf" zählten zu den harmloseren Äußerungen, die im Gerichtssaal aus der Anklageschrift verlesen wurden. Ein weiterer Kommentar forderte, man solle der Letzten Generation mit Baseballschlägern die Hände zerschlagen.

Laut Anklage der Staatsanwaltschaft schufen die Posts des Mannes einen Nährboden für Hass. Er akzeptierte, dass sie öffentlich zugänglich waren - für eine unkontrollierbare Zahl an Facebook-Nutzern. Die Posts verstärkten zudem die Neigung zu solchen Taten.

Angeklagter zeigt Reue

Der 57-Jährige entschuldigte sich für seine Taten. Er wurde in Freiburg geboren und wuchs in einer Sinti-Familie als viertes Kind von acht Geschwistern auf, berichtete seine Anwältin. Er und seine Familie erlebten Traumatisierung, Diskriminierung und Ausgrenzung. Seit einem Herzinfarkt vor etwa zehn Jahren sei er körperlich nicht mehr belastbar und lebe von einer Erwerbsunfähigkeitsrente.

Verteidigerin: Soziale Medien als Ventil für Wut

In der Stellungnahme der Verteidigung hieß es außerdem: Die Corona-Pandemie sei für den Angeklagten sehr belastend gewesen. Eine Hilflosigkeit und die erfahrene Ablehnung habe ihn in einen Wutrausch gebracht. Er habe in den Sozialen Medien ein Ventil gesehen, dem Frust Luft zu lassen.

Natürlich fordere er für niemanden die Todesstrafe und das Leid des Holocaust treffe auch seine Familie, las seine Verteidigerin weiter vor. Er habe nichts gegen das jüdische Volk und niemals ernsthaft zur Verletzung beitragen wollen. Er hätte sich auf Facebook von hetzerischen Meinungen mitreißen lassen.

Die Anwältin sprach von einem "Grundproblem", dem die Gesellschaft entkommen müsse, und verteidigte die Taten, indem sie erklärte, ihr Mandant sei in der Blase des Facebook-Algorithmus gefangen gewesen. Zudem betonte sie, dass auf dem "alten Social-Media-Kanal" nicht mehr die Massen aktiv seien.

Zeugin verweist auf Meldestelle "REspect!"

Eine Polizeioberkommissarin trat als Zeugin in den Saal. Sie berichtete, dass über die Meldestelle "REspect!" der Jugendstiftung Baden-Württemberg Hassnachrichten gemeldet wurden. Die Polizei sortierte die Anzeigen aufgrund verschiedener Straftaten und regte eine Durchsuchung bei dem Angeklagten an.

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Urteilsbegründung: "Auf vergiftete Worte könnten Taten folgen"

Hasskommentare würden zur Verrohung der Gesellschaft beitragen und sich hochschaukeln, sagte der Staatsanwalt vor der Urteilsverkündung. Die Gefahr bestehe, dass jemand die Aufforderung zu Gewalt in die Tat umsetzt.

Das Gericht verurteilte den Mann zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten auf Bewährung mit einer zweijährigen Bewährungszeit. Ein Bewährungshelfer soll ihm helfen, "aus der Blase zu kommen". Diesen Aspekt betonte die Richterin besonders in ihrer Urteilsbegründung.

Das Urteil begründete das Gericht zudem damit, dass "auf vergiftete Worte Taten folgen könnten". Die Richterin erklärte, der Mann habe verbal aufs Schlimmste um sich geschlagen. Sie appellierte: "Sie dürfen Hass nicht mit Hass vergelten." Der Verurteilte habe sich seit etwa einem Jahr von den Sozialen Medien ferngehalten.

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