Die Suche nach einer Wohnung in Freiburg wird immer mehr zu einer Zerreißprobe. An den Straßenlaternen und Stromkästen hängen unzählige Suchanzeigen, und die Zeitungen quellen über vor Inseraten. Freie Wohnungen sind heiß umkämpft, und die Konkurrenz ist überwältigend. Das wissen auch die Vermieter und Eigentümer nur zu gut. Sie setzen teils absurde Preise an, bieten Wohnungen in erbärmlichem Zustand an oder stellen unverschämte Forderungen.
"SWR Aktuell 360 Grad"-Reporterin Leonie Maderstein ist in Freiburg unterwegs, spricht mit Studierenden, Auszubildenden und Menschen, die schon ihr Leben lang in der Großstadt im Breisgau leben und die Probleme am Wohnungsmarkt zuhauf kennen. Dabei wird klar: Es gibt keine einfache Lösung des Problems.
Studentin: Alpträume in der ersten Wohnung in Freiburg
Freiburg ist schon immer ein begehrter Ort fürs Studium, für Touristen oder einfach zum dort Leben. Der Ballungsraum um die Großstadt wächst laut Prognosen in den kommenden Jahren weiter und weiter. Dass die Stadt immer beliebter wird, macht die Situation am Wohnungsmarkt nicht einfacher.
Mainz, Stuttgart und Freiburg Wo die Mieten für WG-Zimmer am höchsten sind
Studierende und Auszubildende in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz müssen für WG-Zimmer oft viel zahlen. Drei Städte liegen hier beim Mietpreis über dem Bundesdurchschnitt.
Besonders für Erstsemester-Studierende gleicht die Wohnungssuche einem Drahtseilakt, bei dem sie sich von einer Zwischenmiete zur nächsten hangeln und dabei das Gefühl haben, nur aus dem Koffer zu leben. "Ich kenne viele Leute [Anmerkung der Redaktion, gemeint sind Studierende], die erstmal im Auto gewohnt haben oder auf dem Campingplatz", erzählt Studentin Luzie. Sie studiert Medienkulturwissenschaft an der Uni Freiburg und hat einige schlechte Erfahrungen hinter sich.
Luzies erste Wohnung in Freiburg war ein Zimmer auf einem Dachboden: 16 Quadratmeter für 340 Euro. Die Heizung funktionierte nicht, und als provisorische Küche diente ein Brett über der Badewanne. Die Toilette befand sich im selben Raum, lediglich durch einen Vorhang abgetrennt. Ein halbes Jahr hielt sie es dort aus, bis eines Tages ein ungebetener Gast auftauchte. Luzie vermutet, dass es ein Marder war. Er hinterließ ein zerfleddertes Tetrapak. "Ich hatte einen Alptraum deswegen, dann hat meine Mama gesagt, dass ich da raus muss", erinnert sie sich.
Inzwischen hat Luzie in einem Wohnheim eine neue Bleibe gefunden. Doch ihre Freunde erzählen ähnliche Geschichten von prekären Wohnverhältnissen und improvisierten Lebenssituationen. Erstsemester seien darauf nicht ausreichend vorbereitet, meint Luzie. Sie habe auch schon von dubiosen Angeboten gehört, die suggerieren: "Du kannst deine Miete auch auf einem anderen Weg bezahlen." Ihr Kumpel Thomas ergänzt: "Man möchte unbedingt in dieser Stadt leben, und dafür nimmt man Dinge in Kauf, die man eigentlich nicht in Kauf nehmen sollte." Er selbst habe acht Monate lang gesucht und erst in letzter Minute eine Unterkunft gefunden. Die Angst, auf der Straße zu landen, habe ihn dabei ständig begleitet.

Vierköpfiger Familie wegen Eigenbedarf gekündigt
Der Kampf um Wohnraum betrifft nicht nur Studierende. Auch die Familie von der Ropp aus Freiburg musste das auf schmerzhafte Weise erfahren. Eines Tages stand der Gerichtsvollzieher vor der Haustür - mit einer Eigenbedarfskündigung. "Das war ein furchtbarer Moment, der Boden ist unter den Füßen weggefallen", erzählt Regina von der Ropp. Schnell wurde ihr klar: "Freiburg ist nicht einfach, ich muss handeln".
Fünf Monate blieben der Familie, um für sich und ihre zwei kleinen Kinder ein neues Zuhause zu finden. Verzweifelt schalteten sie Online-Annoncen und fragten im Freundeskreis herum. Schließlich wurden sie fündig: eine Zweizimmerwohnung, etwa 65 Quadratmeter groß, für 1.200 Euro monatlich. Doch die Erleichterung währte nur kurz. Die Wohndauer ist zeitlich befristet - bis November 2026.

Bauverein Breisgau: 50 bis 80 Bewerber pro Wohnung
Wer seine Chancen auf eine Wohnung erhöhen möchte, kann einer Baugenossenschaft beitreten. Der Bauverein Breisgau eG beispielsweise verwaltet in mehreren Freiburger Stadtteilen insgesamt rund 5.000 Mietwohnungen. Das Prinzip dahinter: Man schließt eine Mitgliedschaft ab und erhält nach einigen Jahren, abhängig von Bedürftigkeit und Verfügbarkeit, ein Wohnungsangebot. "In Freiburg muss man etwa acht bis zehn Jahre auf eine Wohnung warten", erzählt Jörg Straub vom Bauverein Breisgau. Viele Großeltern würden für ihre Enkel ab Geburt eine Mitgliedschaft abschließen, das würde die Chancen erhöhen, so der Fachmann. Dennoch bleibt der Wohnungsmarkt extrem angespannt. Auf eine klassische Zweizimmerwohnung aus den 60er Jahren, die für 7,50 Euro pro Quadratmeter angeboten wird, würden sich oft 50 bis 80 Interessenten bewerben, so Straub. Die Nachfrage wachse stetig.
Die Wohnungsnot in Freiburg hat eine lange Geschichte. Schon zur Gründungszeit der Baugenossenschaft war Wohnraum knapp. Immerhin: Jeder Bewohner einer Genossenschaftswohnung genießt ein lebenslanges Wohnrecht.
Das Ganze funktioniert schon 125 Jahre. Bereits 1899, als die Genossenschaft gegründet wurde, war Wohnungsnot ein Thema in Freiburg.
Immobilienmakler: "Kaufkraft für teure Wohnungen ist da"
Neben den hart umkämpften, günstigen Mietwohnungen tummeln sich auf dem Freiburger Immobilienmarkt auch zahlreiche kostspielige Villen und luxuriöse Penthouse-Wohnungen zum Kauf. In diesem Segment ist Makler Leo Beyer zu Hause. Eine 100-Quadratmeter-Wohnung für 900.000 Euro? "Das ist noch lange nicht das Ende der Fahnenstange", betont Beyer. In den absoluten Luxuslagen könne der Quadratmeterpreis auch mal auf 15.000 Euro klettern.
Die Kaufkraft sei definitiv vorhanden. Viele seiner Interessenten, so berichtet er, verfügten über sogenanntes "altes Geld" - sie hätten geerbt. Ohne diese finanzielle Starthilfe stünden die Chancen jedoch schlecht, räumt der Makler ein. "Durch einen Spitzenjob oder durch Eigenleistung sei es heutzutage nahezu unmöglich, sich solche Immobilien zu leisten."