Auffällige Autos, zu hohe Geschwindigkeiten und eine riskante Fahrweise: Illegale Straßenrennen sind bundesweit ein Problem und führen nicht selten zu tödlichen Unfällen, wie vergangene Woche in Ludwigsburg. Was treibt die Teilnehmer solcher Autorennen an und gibt es Möglichkeiten, sie davon abzuhalten? Wolfgang Fastenmeier ist Professor für Verkehrspsychologie an der Psychologischen Hochschule Berlin und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Verkehrspsychologie. Er kennt die Studienlage und die Szene.
SWR Aktuell: Herr Fastenmeier, was ist das Motiv für solche Straßenrennen?
Wolfgang Fastenmeier: Eine kleine, radikale Minderheit betrachtet das Auto als Ausdruck maßloser Freiheit. Diese Menschen haben sicher so etwas wie ein Autonomie-Bestreben, aber ich denke, hauptsächlich geht es um Macht, Status, Sieg und Prestige. Und es geht natürlich um etwas, das wir als "Thrill" bezeichnen: eine technische Faszination, die sich so in Angstlust übersetzt.

Kann man die Teilnehmenden von Autorennen charakterisieren?
Jede Charakterisierung vergröbert die Sachlage natürlich. Es gibt aber mittlerweile Studien, die zeigen, dass es sich meistens um junge Männer handelt. Oft ist ein Migrationshintergrund im Spiel, schwierige soziale Verhältnisse und niedrige oder gar keine Schulabschlüsse. Ihre Persönlichkeitsstruktur weißt darauf hin, dass es sich um sehr impulsive, aggressive Menschen handelt. Diese haben wenig Selbstkontrolle, ein geringes Verantwortungsbewusstsein und eine geringe soziale Kompetenz. Im Grunde sind sie gleichgültig gegenüber anderen und nehmen deswegen auch ihre Schädigung in Kauf.
Ist den Tätern also durchaus bewusst, dass sie ihr Leben und das anderer Personen aufs Spiel setzen? Spielt es für sie keine Rolle?
Ich neige dazu, dass es für sie keine Rolle spielt. Diese Menschen haben sich vom normalen gesellschaftlichen Leben verabschiedet. Sie leben in einer Parallelgesellschaft.
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Die Polizei vermutet, dass an dem mutmaßlichen illegalen Autorennen am Donnerstag in Ludwigsburg ein drittes Fahrzeug beteiligt war. Bei dem folgenden Unfall waren zwei Frauen gestorben.
Sind diese Menschen mit Präventivmaßnahmen überhaupt erreichbar?
Da bin ich skeptisch, um nicht zu sagen hoffnungslos. Sie leben in ihrem eigenen Kokon und haben eben häufig keine Schulabschlüsse, also auch keine Perspektive. Da sehe ich nicht, wie man mit üblichen Präventionsmaßnahmen, also mit Erziehungsmaßnahmen, die etwas mit Risikowahrnehmung und Risikovermeidung zu tun haben, etwas erreichen könnte. Und ich sehe auch nicht, dass härtere Strafen - das ist ja oft der erste Reflex der Politik - wirken. Die Motive und Einstellungen dieser Menschen werden sich damit nicht verändern. Strafen und Verurteilungen sind vielleicht eine Genugtuung für die Gesellschaft, aber nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.
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