Im Kreis Esslingen sind so viele Hunde wie nie gemeldet - auch als Folge der Corona-Pandemie, in der sich immer mehr Menschen einen Hund angeschafft haben. Die Hundesteuer-Einnahmen sprudeln, die Hundeschulen haben viel zu tun. Aber der Spaß an den "Corona-Hunden" hat auch Schattenseiten. Und haben Hundebesitzerinnen und -besitzer auch selbst was von den Steuer-Mehreinnahmen?
Esslingen nahm 2022 rund 367.000 Euro an Hundesteuer ein
Laut Zahlen der Tierschutzorganisation Tasso e.V. haben sich vor allem während der Pandemie mehr Menschen in Deutschland einen Hund angeschafft. Bei Tasso wurden im Juni 2020 laut eigenen Angaben etwa 39.000 Hunde neu registriert, 2019 seien es noch 31.400 Hunde gewesen - ein Anstieg von rund 25 Prozent.
In der Region Stuttgart verzeichnen vor allem die Kommunen im Kreis Esslingen Rekordwerte bei den Hundesteuer-Einnahmen. Mehr als 2.600 Hunde gebe es in der Stadt. Das seien Steuereinnahmen von rund 367.000 Euro - so viel wie nie. Filderstadt und Kirchheim unter Teck nahmen 2022 jeweils rund 200.000 Euro an Hundesteuer ein. 132 Euro beträgt die Hundesteuer in Esslingen und Plochingen, bei einem zweiten Hund das Doppelte.
Auch in Stuttgart wurden während der Corona-Pandemie mehr Hunde angemeldet. Waren es 2019 noch 14.731 Tiere, so waren im vergangenen Jahr fast 16.700 bei der Stadt registriert. Stuttgart nimmt damit fast zwei Millionen Euro an Hundesteuer ein.
Hundesteueraufkommen in BW auf Höchstwert
Das ist ein landesweiter Trend: Laut Statistischem Landesamt Baden-Württemberg erreichten die Hundesteuer-Einnahmen der Städte und Gemeinden in 2022 einen Wert von 54,56 Millionen Euro. Das seien 5,7 Prozent mehr gewesen als 2021. Somit sei das Hundesteueraufkommen im Jahr 2022 auf einen neuen Höchstwert gestiegen.
Mehr Hunde oder höhere Steuersätze? Rekordeinnahmen durch Hundesteuer in BW
Futter, Tierarzt, Spielzeug: Wer einen Hund hat, muss zahlen. Auch der Fiskus hält die Hand auf und kassiert laut einer neuen Erhebung immer mehr. Über die Gründe wird spekuliert.
Mehr Hundekot, aber keine Beutel: Haufenweise Ärger in Esslingen
Kommen die Einnahmen aber auch Hundehalterinnen, -haltern und ihren Tieren zugute? Kann die Stadt Esslingen mehr Service bieten? Die Einnahmen durch die Hundesteuer sind in Deutschland nicht zweckgebunden. Deswegen kann meistens nicht genau beziffert werden, was für Hunde ausgegeben wird, beziehungsweise welche Anstregungen der Stadtverwaltung, die aus dem allgemeinen Haushalt finanziert werden, sich auf Hundehaltung beziehen.
Seit 2014 hat die Stadt Esslingen kontinuierlich mehr Müllbehälter zur Entsorgung von Hundekot-Beuteln aufgestellt und in manchen Stadtgebieten auch die Reinigungstrupps vorübergehend verstärkt (Standorte können hier in einer Karte der Stadtverwaltung nachgeschaut werden.). 80 sind es - und mehr Leerungen gebe es auch, so das für Infrastruktur zuständige Dezernat.
Eigentlich hatte die Stadt ja auch Kotbeutel bereitgestellt, sagt Hundehalter Ralf Thomas. Frei zur Abholung im Bürgerhaus beispielsweise. "Natürlich bin ich hingegangen. Und was kriege ich? Einen Beutel!", erzählt er. "Soll ich dann nachmittags wiederkommen? Und abends auch noch mal?" Es gäbe die Anweisung, hätten die Mitarbeitenden gesagt, immer nur einen Beutel auszugeben. Ärgerlich findet Thomas das. "Im Supermarkt kostet so eine Rolle noch nicht mal einen Euro. Und die Steuer ist ja sehr hoch. Da könnte man also was tun."
Stadt will keine Kotbeutel mehr bereitstellen
Will die Stadt aber gar nicht mehr. "Es sind zu viele Beutel zweckentfremdet worden, deswegen haben wir das nach einem zweijährigen Probelauf wieder eingestellt", sagt Baubürgermeister Hans-Georg Sigel (Freie Wähler). "Die Entsorgung kostet rund 100.000 Euro. Und ich glaube, das macht für die Hundehalter sehr viel aus." Für die Hundebesitzerinnen und -besitzer ist aber nach wie vor das größte Thema: Wenn die Stadt mehr Hundesteuer einnimmt, dann sollte sie auch Spender mit kostenfreien Kotbeuteln aufstellen.
Die gebe es in den umliegenden Kommunen im Landkreis schließlich ja auch, sagt Andrea Nicolai. Dem pflichtet eine andere Hundebesitzerin bei: "Es sollte diese Aufsteller, aber auch mehr Entsorgungsmöglichkeiten geben", sagt sie, und zwar nicht nur in der Stadt, sondern auch am Stadtrand. Sie selbst nehme immer Beutel mit, wenn sie beispielsweise in Stuttgart ist.
Und es ärgere sie auch, wenn auf dem Feld und an den Waldwegen die Beutel mit dem Hundekot liegen, weil viele Hundehalter keine Lust haben, die Hinterlassenschaften ihrer Tiere bis zum nächsten Abfalleimer mitzunehmen. "Wenn mehr aufgestellt wird, würden bestimmt mehr Leute die Kotbeutel auch selbst entsorgen!", ist sie sich sicher.
Wenn man erwischt wird, wie man einen Hundekot-Beutel wegwirft beziehungsweise liegen lässt, kostet es laut Stadt Esslingen 75 Euro, und es erwartet einen ein Bußgeldverfahren.
Hinweisschilder in der Stadt und Info-Flyer mit dem Steuerbescheid?
Oliver Bartel macht noch auf eine andere Problematik aufmerksam: das Miteinander im öffentlichen Raum. "Es gibt viele Bereiche, in denen Radfahrer, Fußgänger und Menschen mit ihren Hunden aufeinandertreffen. Und nicht alle Radfahrer und Fußgänger wissen, wie man Hunden am besten begegnet. Da würde ich mir mehr Schilder und mehr Aufklärung wünschen", so Bartel. Das sei aber keine Einbahnstraße, ergänzt Hundetrainerin Anja Bethmann.
Auch Hundebesitzerinnen und -besitzer müssten die Regeln einhalten. Das sei umso wichtiger, je mehr Hunde es in der Stadt gibt. Sie wünsche sich, dass mit dem Steuerbescheid beispielsweise ein Info-Flyer von der Stadt mit verschickt werde, der zu mehr Aufklärung über Rechte und Pflichten beiträgt.
Zu viele Hunde, Katzen und Schildkröten: Tierheime sind überfüllt
Dass sich mehr Menschen als in den Jahren vor Corona Haustiere angeschafft haben, sorgt aber auch für Probleme: Viele Tiere werden wieder abgegeben oder gar ausgesetzt, die Tierheime sind voll belegt oder gar überfüllt. Auch das Esslinger Tierheim ist voll, vor allem die Hundestation. Und so ziemlich alle Tierheime in der Region sagen, sie hätten Probleme, größere Hunde wieder zu vermitteln. Steckt dann noch eine Rasse mit drin, die unter Kampfhund-Verdacht fällt wie der Kangal, bedeute das: Viele Hunde werden vermutlich jahrelang ihr Dasein im Tierheim fristen müssen.
In Esslingen will das Tierheim die Quarantäne-Station ausbauen und würde sich wünschen, neben den Zuschüssen auch einen Teil von der Hundesteuer abzubekommen, weil das Geld hinten und vorne nicht reiche, so Leiter Horst Theilinger. "Was wir uns außerdem wünschen: dass alle, die einen Hund haben, ihr Tier auch behalten und die Heime nicht noch voller werden." Denn eigentlich sei es ja toll, dass es jetzt mehr Hunde gebe.