Fragen und Antworten

Nach Prozess in St. Leon-Rot: Wie ist das Urteil gegen den 18-Jährigen einzuordnen?

Stand
Autor/in
Alexander Krüger
Onlinefassung
Tiana Zoric

Wegen Mordes an seiner Ex-Freundin in St. Leon-Rot wurde ein 18-Jähriger vom Landgericht Heidelberg zu einer Jugendstrafe verurteilt. Die SWR-Redaktion Justiz und Recht beantwortet die wichtigsten Fragen zum Urteil.

Im Prozess um einen 18-Jährigen, der im Januar 2024 seine gleichaltrige Ex-Freundin und Mitschülerin getötet hat, ist am Mittwoch am Landgericht Heidelberg ein Urteil gefallen. Zu elf Jahren Haft wegen Mordes und Körperverletzung verurteilte ihn die Große Jugendkammer. Die Verhandlung erfolgte nach Jugendstrafrecht und unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Was das Urteil gegen den 18-Jährigen genau bedeutet und wie es zu einem solchen Strafmaß kommen kann, erklärt die SWR-Redaktion Recht und Justiz.

Heidelberg

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Der 18-Jährige, der im Januar seine Ex-Freundin und Mitschülerin am Löwenrot-Gymnasium in St. Leon-Rot getötet hatte, ist am Heidelberger Landgericht zu elf Jahren Haft verurteilt worden.

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Die Kammer war überzeugt davon, dass der 18-Jährige seine Ex-Freundin am 25. Januar am Löwenrot-Gymnasium in St. Leon-Rot (Rhein-Neckar-Kreis) mit einem Messer getötet hat. Zuvor hatte er sie im November 2023 bereits geschlagen. Der Angeklagte räumte beide Taten ein. Die Große Jugendkammer des Landgerichts Heidelberg hat ihn wegen Mordes und Körperverletzung verurteilt - und eine Jugendstrafe von 11 Jahren verhängt. Zudem stellte das Gericht die besondere Schwere der Schuld fest.

Warum wurde das Jugendstrafrecht angewendet?

Das Gesetz unterscheidet nach dem Alter des Beschuldigten. Wer zum Zeitpunkt der Tat 14 Jahre alt ist, aber noch nicht 18, gilt als Jugendlicher. In dieser Spanne wird immer das Jugendstrafrecht angewendet. Als der Verurteilte seine Freundin im November 2023 geschlagen hatte, war er noch 17. Deshalb galt dafür zwangsläufig Jugendstrafrecht.

Als er seine Freundin dann im Januar 2024 tötete, war der Angeklagte hingegen schon 18 Jahre alt. Zwischen dem 18. und dem 21. Geburtstag gilt man strafrechtlich nicht mehr als Jugendlicher, aber auch noch nicht als Erwachsener - sondern als "Heranwachsender". Bei Heranwachsenden muss das Gericht im Einzelfall entscheiden, ob Jugend- oder Erwachsenenstrafrecht angewendet wird. Dazu prüft es, ob der Angeklagte zum Zeitpunkt der Tat nach seiner "sittlichen und geistigen Entwicklung" noch einem Jugendlichen gleichstand oder eher mit einem Erwachsenen zu vergleichen war.

Dabei gilt: Je jünger der Heranwachsende ist, desto eher ist noch von einem jugendlichen Entwicklungsstand auszugehen. Das Landgericht Heidelberg hat entschieden, dass der Angeklagte eher einem Jugendlichen gleicht und deshalb Jugendstrafrecht angewendet.

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Wie unterscheidet sich das Jugendstrafrecht vom Erwachsenenstrafrecht?

Folgen hat die Einordnung für die Art der Sanktionen: Im Jugendstrafrecht geht es in erster Linie darum, erzieherisch auf den jungen Menschen einzuwirken. Reichen Maßnahmen wie Arbeitsstunden oder Freizeitarrest nicht aus oder ist wegen der Schwere der Schuld doch eine Strafe erforderlich, wird eine Jugendstrafe verhängt und in speziellen Jugendvollzugsanstalten vollstreckt. Dabei stehen erzieherische und therapeutische Maßnahmen im Vordergrund.

Wieso gab es im Fall St. Leon-Rot für Mord keine lebenslange Freiheitsstrafe?

Wird Jugendstrafrecht angewandt, gibt es neben dem allgemein geltenden Strafgesetzbuch (StGB) noch das spezielle Jugendgerichtsgesetz (JGG). Darin finden sich zahlreiche Sondervorschriften, die zu beachten sind, wenn ein Jugendlicher oder Heranwachsender wegen einer Straftat verurteilt wird. Eine davon: Eine Jugendstrafe kann auch bei einem Tötungsdelikt maximal 10 Jahre betragen. Eine Ausnahme gilt bei Heranwachsenden - also Menschen zwischen 18 und 21 Jahren, wenn sie wegen Mordes verurteilt werden und das Gericht die besondere Schwere der Schuld festgestellt hat: Dann ist eine Jugendstrafe von bis zu 15 Jahren möglich. Eine lebenslange Freiheitsstrafe wie bei Erwachsenen kommt laut Gesetz gar nicht in Betracht.

Wieso wurde der Täter nicht zur Höchststrafe von 15 Jahren verurteilt?

Für die Höhe der Jugendstrafe gibt das JGG einen "Rahmen" vor, also eine Mindeststrafe und eine Höchststrafe. Für Heranwachsende, die einen Mord begangen haben, liegt die Mindeststrafe bei 6 Monaten - die Höchststrafe bei besonderer Schwere der Schuld bei 15 Jahren.

Um zu bestimmen, welche Strafe innerhalb dieses Rahmens angemessen ist, prüfen die Gerichte zum Beispiel: Hat sich jemand zum ersten Mal strafbar gemacht, oder ist er ein Wiederholungstäter? Wie waren die Beweggründe des Täters? Hat er die Tat vor Gericht eingeräumt? Anhand dieser Umstände wird eine Strafe festgesetzt. Wird eine Jugendstrafe verhängt, kommen noch weitere erzieherische Gesichtspunkte hinzu. Im konkreten Fall hatte der Angeklagte die Taten gestanden. Das dürfte zusammen mit anderen Punkten dazu geführt haben, dass das Gericht nicht die höchstmögliche Strafe verhängt hat.

Anwalt legt Revision ein

Am Mittwoch (14. August) teilte der Anwalt des verurteilten 18-Jährigen dem SWR mit, dass er gegen das Urteil Revision eingelegt habe. Über die Revision muss nun der Bundesgerichtshof in Karlsruhe entscheiden. Bis zu einer Entscheidung durch die Karlsruher Richter ist das Urteil nicht rechtskräftig.

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