Die Fraktionen von Grünen, CDU, SPD und FDP in Baden-Württemberg haben sich zusammengetan und einem Gesetz zugestimmt, durch das Menschen mit einer verfassungsfeindlichen Gesinnung in Zukunft keine ehrenamtlichen Richterinnen und Richter mehr werden können. Kernpunkt ist, dass künftig die Verfassungstreue der Schöffinnen und Schöffen genauer überprüft werden soll.
SPD-Rechtsexperte: Keine Extremisten auf der Richterbank
Boris Weirauch, Rechtsexperte von der SPD, sagte im SWR, dass insbesondere rechtsradikale Gruppierungen auf ihre Chance lauerten und ihre Anhängerinnen und Anhänger motivierten, sich als Schöffen zu bewerben. Das Gesetz ist nach Angaben der vier Fraktionen eine Reaktion auf Versuche der rechtsextremen Szene, eigene Kandidatinnen und Kandidaten im Schöffendienst unterzubringen. Extremisten hätten auf der Richterbank nichts zu suchen, so Weirauch weiter.
Man setze ein klares Signal an alle, die versuchten die Institutionen zu unterwandern, sagte auch der Grünen-Abgeordnete Thomas Hentschel. "Es gilt nicht nur den Ruf der Justiz zu wahren, sondern zu verhindern, dass die Justiz als Bühne von demokratiefeindlichen Akteuren genutzt werden kann." Auch der FDP-Abgeordnete Nico Weinmann ist voll des Lobes für den gemeinsamen Vorstoß: "Es ist gut und richtig, dass die demokratischen Fraktionen wiederholt gemeinsam für unsere Verfassung einstehen."
Laut dem beschlossenen Gesetz sollen Schöffen künftig gewährleisten, jederzeit für die freiheitlich demokratische Grundordnung einzutreten. Sollte es daran Zweifel geben, ist ihre Berufung nicht mehr möglich. Bislang gibt es auf Bundesebene keine gesetzlichen Regelungen zu diesem Thema, weshalb das Land die Lücke schließe, betonten die Abgeordneten. Im Herbst werden Tausende Schöffinnen und Schöffen für Amts- und Landgerichte neu gewählt. Die Gewählten sind fünf Jahre im Amt. Auch der Bund hat eine entsprechende Regelung angekündigt, erklärten die beteiligten Fraktionen. Doch diese werde voraussichtlich nicht mehr rechtzeitig zum September in Kraft treten.
Bewerbungsphase für Laienrichter beginnt Ehrenamtliche Schöffen in Baden-Württemberg gesucht
Tausende neue Laienrichterinnen und -richter sollen auch künftig in Land- und Amtsgerichten in BW auf der Richterbank sitzen. Wer sich für das Ehrenamt interessiert, kann sich jetzt bewerben.
Man könne nicht länger auf die Bundesebene warten, sagte der CDU-Abgeordnete Arnulf von Eyb. Man habe mit dem Landesgesetz nun für die kommende Wahl der Schöffen vorgesorgt. Zustimmung zum Gesetzentwurf äußerte auch Justizministerin Marion Gentges (CDU). "Wir müssen gewährleisten, dass die, die im Namen des Volkes Recht sprechen, ohne Zweifel auf dem Boden unserer Verfassung stehen", sagte sie. Verfassungsfeinde hätten auf dem Richterstuhl nichts verloren.
AfD kritisiert Gesetzesänderung
Der AfD-Abgeordnete Ruben Rupp kritisierte die Gesetzesänderung scharf und sprach von einer "Lex AfD" - also ein Gesetz, dass sich direkt auf die AfD bezieht. "Dieses Gesetz reiht sich ein in die vielen Versuche, die AfD mittels eines politischen "cordon sanitaire" auszugrenzen", sagte Rupp. Er warf den anderen Fraktionen eine "zutiefst antidemokratische Gesinnung" vor und sprach von der Einführung eines "Generalverdachts" durch die Gesetzesänderung. Zudem sei unklar, welche Stelle überhaupt befugt sei, die Verfassungstreue von Bewerberinnen und Bewerbern festzustellen.
Schöffen-Vereinigung mit Vorschlag zur Umsetzung des Gesetzes
Die Vereinigung der Schöffinnen und Schöffen begrüßte die Gesetzesänderung und forderte gleichzeitig aber konkrete Maßnahmen zur Umsetzung. "Es muss geklärt werden, aufgrund welcher Merkmale von Personen die vorgebrachten Zweifel berechtigt und begründbar sind", sagte die Landesvorsitzende Claudia Kitzig. Extremistinnen und Extremisten zeigten ihre Absichten meist nicht im Voraus. Aufgrund der schieren Masse an Schöffinnen und Schöffen, die gewählt werden müssten, seien Bewerbungsgespräche zwar sinnvoll, aber nicht umsetzbar.
Die Schöffen-Vereinigung hält deshalb eine Veränderung des Bewerbungsformulars für eine gute Idee. Wenn Bewerberinnen und Bewerber dort ein Feld ankreuzen müssten, mit dem sie sich einverstanden erklärten, dass der Verfassungsschutz Informationen über sie einholen dürfe, könnte bereits viele extremistische Bewerberinnen und Bewerber abgeschreckt werden.
Wichtige Funktion bei der Rechtsprechung
Schöffinnen und Schöffen haben eine wichtige Rolle: Sie entscheiden mit beim Schuldspruch. Außerdem haben sie eine eigene Stimme beim Strafmaß - gemeinsam und gleichberechtigt mit ausgebildeten hauptamtlichen Richterinnen und Richtern.
Im Herbst werden in Baden-Württemberg nach Angaben des Justizministeriums rund 7.000 Schöffinnen und Schöffen neu gewählt. Bis Anfang August werden die Kandidatinnen und Kandidaten von den Gemeinden vorgeschlagen. Gewählt werden sie dann bis spätestens Ende September von Gremien an den Gerichten. Nach Angaben des Ministeriums gibt es viele Bewerberinnen und Bewerber. Die Sorge, dass sich zu wenig Menschen bewerben könnten, habe sich zumindest in Baden-Württemberg nicht bewahrheitet, hieß es.
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Schöffe zu sein - das ist eine verantwortungsvolle ehrenamtliche Aufgabe. In diesem Jahr finden die Wahlen für die nächste Amts-Periode statt. Aber wie wird man eigentlich Schöffe?