Chaos durch Bauernproteste vor dem Politischen Aschermittwoch in Biberach.

Aufarbeitung der Ereignisse am Politischen Aschermittwoch

Absage von Grünen-Veranstaltung in Biberach: War Polizei auf Proteste gut genug vorbereitet?

Stand

Nach den Tumulten vor dem Politischen Aschermittwoch der Grünen in Biberach wird Kritik an der Vorbereitung der Polizei laut. Polizeigewerkschaftschef Kusterer verteidigt den Einsatz.

Beim eskalierenden Protest vor dem Politischen Aschermittwoch der Grünen hat die Polizei aus der Sicht von Ralf Kusterer, dem Landesvorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), gut gehandelt. Schon in der Nacht habe man die Lage beobachtet und nach ersten Hinweisen personell aufgestockt, sagte der Gewerkschaftschef. So seien unter anderem Beamte des Präsidiums zum Einsatz geordert worden, die für solche Demonstrationslagen ausgebildet seien. "Ich muss sagen, das Polizeipräsidium Ulm hat hervorragend reagiert."

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Grünen sagten Veranstaltung nach Tumulten ab

Es gehöre zum Tagesgeschäft der Polizei, die Lage einzuschätzen, sagte Kusterer der Deutschen Presse-Agentur. Momentan sei das angesichts der Bauernproteste mitunter schwerer, räumte er ein. Am Mittwoch hatten die Grünen ihre Veranstaltung in der Stadthalle von Biberach kurzfristig wegen Sicherheitsbedenken abgesagt, nachdem Proteste von Landwirten eskaliert waren.

Landwirte hatten bereits in den frühen Morgenstunden des Mittwochs mit ihren Traktoren in Biberach Straßen blockiert. Um den Weg freizumachen, drängten Polizeibeamte die Menge zurück und wurden dabei mit Gegenständen beworfen. Sie setzten Pfefferspray und Schlagstöcke ein. Mehrere Beamte wurden nach Polizeiangaben leicht verletzt, mindestens ein Randalierer wurde festgenommen.

Ralf Kusterer, der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft Baden-Württemberg
Ralf Kusterer, der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft Baden-Württemberg

Trittin kritisiert Vorbereitungen der Polizei

Nach dem Einsatz übte Grünen-Politiker Jürgen Trittin, der nach Biberach gekommen war, Kritik an der Polizei in Baden-Württemberg. Sie müsse sich ernste Fragen stellen lassen, "warum sie nicht in der Lage war, eine Veranstaltung des eigenen Ministerpräsidenten so abzusichern, dass sie durchgeführt werden kann", sagte er der "taz". Ministerpräsident Winfried Kretschmann sollte ebenso wie Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir am Politischen Aschermittwoch ihrer Partei teilnehmen.

Gewerkschafter Kusterer sagte, seines Wissens nach habe die Polizei zunächst mit einer Hundertschaft geplant, am Ende seien mehr als 200 Polizistinnen und Polizisten im Einsatz gewesen. "Nach meiner Einschätzung war das vorgesehene Kräftekontingent ausreichend." Als sich dann früh in der Nacht abgezeichnet habe, dass der Protest anders als erwartet ausfallen könnte, hätten die Verantwortlichen schnell Konsequenzen gezogen.

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Innenminister Strobl will Innenausschuss berichten

Letztlich habe es sich wohl um die 70 Störer gehandelt, die nicht der Bauernschaft zuzurechnen seien, so Kusterer. Unter anderem waren Flaggen des Königreichs Preußen zu sehen. Wer den Protest organisiert hatte und ob Extremisten unter den Teilnehmern waren, blieb zunächst unklar. Der Landes- und der örtliche Bauernverband distanzierten sich von der Aktion.

Auf die Frage, ob der Verfassungsschutz vorab etwas mitbekommen und die Polizei gewarnt habe - oder hätte müssen, antwortete Kusterer nicht konkret und sagte mit Blick auf Lageeinschätzungen allgemein: "Verschiedene Organisationen der inneren Sicherheit sind da involviert."

Kretschmann bezeichnete die Ereignisse am Mittwochabend im SWR-Fernsehen als "Einschnitt". Man müsse genauer verfolgen, wie es dazu kommen konnte, dass eine demokratische Partei eine wichtige Veranstaltung nicht abhalten konnte. Wenn die Polizei mit ihren Berichten über die Geschehnisse in Biberach fertig sei, "dann können wir das auch bewerten, wenn wir alle Fakten wirklich haben", sagte der Grünen-Politiker.

Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) bot dem Innenausschuss des Landtags an, in der nächsten Sitzung über die Vorkommnisse zu berichten. Strobl kritisierte die Ausschreitungen und kündigte an, "Straftäter zügig und rückstandlos zur Rechenschaft" zu ziehen.

Gewerkschaft der Polizei für Traktorverbot bei Demonstrationen

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) fordert derweil ein Verbot von Traktoren bei Demonstrationen. "Die Versammlungsbehörden und die Polizei müssen umgehend reagieren und Traktoren bei Versammlungen untersagen", sagte der GdP-Bundesvorsitzende Jochen Kopelke der "Rheinischen Post". Die Polizei werde das Verbot "konsequent durchsetzen".  

"Wir haben auf die Gefährlichkeit von Traktoren und Zugmaschinen hingewiesen und an die Vernunft bei angemeldetem Protest appelliert", sagte Kopelke weiter. Dass jetzt französische Verhältnisse nach Deutschland schwappten, sei aber nicht zu dulden. "Die vielen unterschiedlichen Proteste in Deutschland zeigen: Wir brauchen mehr Hundertschaften und Wasserwerfer, um den Rechtsstaat durchzusetzen", sagte Kopelke.

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SWR