BW-Händler hoffen auf Weihnachtsgeschäft

Großinsolvenzen in Deutschland auf Rekordkurs

Stand
Autor/in
Michael Ströbel

Die Zahl der Insolvenzen von Großunternehmen in Deutschland nimmt Kurs auf das Rekord-Niveau von 2020. Auch in Baden-Württemberg gab es bereits einige prominente Pleiten.

In Deutschland sind in diesem Jahr wieder mehr große Unternehmen insolvent gegangen. Das meldet der Kreditversicherer "Allianz Trade". Als Großinsolvenz bewertet er, wenn ein Betrieb mit mehr als 50 Millionen Euro Umsatz aufgibt. In den ersten neun Monaten des Jahres gab es demnach schon 45 Fälle, ähnlich viele wie im bisherigen Rekordjahr 2020.

Zum Vergleich: Im gleichen Zeitraum im Jahr 2022 waren es mit 26 großen Insolvenzen ein gutes Drittel weniger, 2021 waren es 17. Das ist eine Zunahme um 73 Prozent gegenüber dem Vorjahr beziehungsweise 165 Prozent im Vergleich zu 2021. 2020 markierte den höchsten Stand der Insolvenzen mit damals 58 Großinsolvenzen im Gesamtjahr und 44 Fällen im Vergleichszeitraum in den ersten neun Monaten.

Schwache Konjunktur schadet Unternehmen

Hauptgrund für die Zunahme sei die schwache Konjunktur, wie es heißt. Insgesamt zwölf große Textilunternehmen und Modeeinzelhändler schlitterten bis September 2023 in die Insolvenz sowie acht Dienstleistungsunternehmen, darunter sechs Kliniken. Im Maschinenbau (fünf Fälle) sowie in der Metall- (vier) und der Baubranche (drei) gab es ebenfalls einige große Pleiten.

Das passt zu dem Lagebild des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI), nachdem zwei Drittel der deutschen Kliniken ihre finanzielle Lage aktuell als schlecht oder sehr schlecht bezeichnen, bei den mittelgroßen Kliniken sind dies sogar noch mehr. Weitere könnten folgen - möglicherweise in Baden-Württemberg, wo zuletzt die Heidelberger Krankenhäuser Salem und St. Vincentius in die Schlagzeilen gerieten.

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Prominente Insolvenzen in Baden-Württemberg: Von Allgaier bis Klingel

Auch in Baden-Württemberg hat es in diesem Jahr einige prominente Insolvenzen gegeben: Nur ein Jahr nach dem Verkauf an einen chinesischen Investor meldete der Uhinger (Kreis Göppingen) Autozulieferer Allgaier im Juni Insolvenz an. Als Grund wurden Liquiditätsschwierigkeiten genannt. Das Unternehmen beliefert große Autohersteller wie beispielsweise Porsche mit Blechteilen und ist darüber hinaus im Werkzeugbau und in der Verfahrenstechnik aktiv.

Bereits im Mai hatte der Pforzheimer Versandhändler Klingel - im 100. Jahr seit der Gründung - ein Insolvenzverfahren angemeldet. Als Gründe wurden unter anderem die deutliche Konsumzurückhaltung seit dem Beginn des Kriegs in der Ukraine, erheblich gestiegene Kosten etwa für Katalogproduktion und -versand sowie eine notwendige Umstellung der IT-Systeme im zweiten Halbjahr 2022 genannt.

Insolvenz von Galeria Kaufhof weiter mit Auswirkungen

Der Glashersteller Weck hatte Mitte Juni Insolvenz angemeldet - unter anderem wegen der zuvor gesunkenen Nachfrage und der hohen Energiepreisen. Vergangene Woche wurde jedoch bekannt, dass die Aurelius Gruppe die Muttergesellschaft J. Weck GmbH und Co. KG mit Sitz in der Stadt Wehr und die Tochterfirma Weck Glaswerk GmbH übernimmt.

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Ebenso hatte Galeria Kaufhof, Deutschlands letzter großer Warenhauskonzern, Ende vergangenen Jahres erneut Rettung in einem Schutzschirmverfahren suchen müssen. Inzwischen hat der Konzern das Insolvenzverfahren abgeschlossen. Der Sanierungsprozess dauert aber an: In BW wurden und werden in diesem Jahr die Filialen in Heidelberg, Pforzheim und Esslingen geschlossen.

Der in wirtschaftliche Probleme geratene Hersteller des international bekannten "Hahn-und-Henne"-Geschirrs hat Ende Oktober nach einer Insolvenz seine Produktion eingestellt. Die 1794 gegründete Manufaktur zählt zu den ältesten Steingutherstellern Deutschlands und kämpft seit Jahrzehnten mit Schwierigkeiten.

Meiste Insolvenzen in der Baubranche

Über alle Unternehmensgrößen hinweg ist bisher die Baubranche von den meisten Insolvenzen betroffen. Der Handel verzeichnet den größten Zuwachs an Fällen, aber auch das Gastgewerbe zeigt schon vor der Mehrwertsteuererhöhung Schwäche. Hier werde das Weihnachtsgeschäft in diesem Jahr nicht viel helfen, heißt es in der Untersuchung.

"In diesem Jahr dürften deutlich weniger Geschenke unter dem Weihnachtsbaum landen", sagte Milo Bogaerts, CEO von Allianz Trade in Deutschland, Österreich und der Schweiz. "Die Lebensmittelpreise sind trotz der geringeren Inflationsrate weiterhin hoch. Verbraucher sparen deshalb bei allen anderen Ausgaben: Sie gehen weniger aus, kaufen weniger Kleidung - und Weihnachtsgeschenke."

Händler in BW vor Weihnachtsgeschäft optimistisch

Dabei sei gerade für diese Branchen das Weihnachtsgeschäft extrem wichtig, um mit etwas Winterspeck in die umsatzschwache 'Saure-Gurken-Zeit' zu Jahresbeginn zu gehen.

Allerdings erwarten viele der Händler und Unternehmen in Baden-Württemberg nach dem bisher schleppenden Beginn im Dezember eine Besserung des Weihnachtsgeschäfts. Wenn überall die Weihnachtsmärke offen sind, würden mehr Kunden erwartet. Das sorgt bei vielen Geschäften für Optimismus und so rechnet immerhin fast jeder zweite Händler laut einer Umfrage in der Branche, die der Handelsverband Baden-Württemberg (HBW) am Montag veröffentlichte, in diesem Jahr mit einem besseren Umsatz im Weihnachtsgeschäft als vergangenes Jahr.

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