Bei der insolventen Warenhaus-Kette Galeria Karstadt Kaufhof sollen 52 der 129 Warenhäuser in ganz Deutschland geschlossen werden. Das teilten die Arbeitnehmervertreter des Unternehmens am Montag mit. In Baden-Württemberg ist jede dritte Filiale betroffen. Die Standorte Esslingen, Heidelberg Bismarckplatz, Leonberg, Pforzheim, Reutlingen und Stuttgart Eberhardstraße werden bis zum 31. Januar 2024 schließen müssen.
Die Handelskette hatte angesichts der Konsumflaute und der Energiepreise im November 2022 Rettung in einem Schutzschirmverfahren gesucht. Galeria Karstadt Kaufhof beschäftigte rund 17.400 Mitarbeitende, Tausende Stellen werden nun abgebaut. "Insgesamt werden somit weit über 5.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz verlieren", berichteten die Arbeitnehmervertreter des Unternehmens am Montag. "Dies ist ein rabenschwarzer Tag", so der Betriebsrat. Das Unternehmen selbst sprach von mehr als 4.000 Betroffenen.
Schließungen in zwei Wellen
Es sei geplant, die betroffenen Filialen in zwei Wellen zum 30. Juni 2023 und zum 31. Januar 2024 zu schließen. Die betroffenen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen erhielten aber das Angebot, in eine Transfergesellschaft zu wechseln. Diese solle den Mitarbeitenden dabei helfen, sich weiter zu qualifizieren und eine neue Stelle zu finden.
Es ist bereits der zweite Versuch, die Warenhaus-Kette durch ein Schutzschirmverfahren und den damit verbundenen Schuldenschnitt wieder dauerhaft auf Erfolgskurs zu bringen. Ein erster Anlauf, der 2020 während des ersten Corona-Lockdowns gestartet worden war, hatte dem Unternehmen trotz der Schließung von rund 40 Filialen, dem Abbau von etwa 4.000 Stellen und der Streichung von mehr als zwei Milliarden Euro an Schulden nur vorübergehende Entlastung gebracht.
Experten: Galeria-Schließungen bieten Chancen
Der Geschäftsführer des Kölner Instituts für Handelsforschung (IFH), Boris Hedde, gewinnt der drohenden Schließungswelle allerdings auch positive Aspekte ab. "Diese Leerstände sind eher eine Chance als eine Gefahr für die Innenstädte", hatte er der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstag gesagt. Denn die Bedeutung der Warenhäuser für die meisten Innenstädte sei
inzwischen überschaubar.
In großen Metropolen seien die Galeria-Filialen keine "Frequenzbringer" mehr. Etwas anders sei die Situation in kleineren Städten, wo das Warenhaus noch eher Versorgungsfunktionen übernehme. Für die kleineren Kommunen sei es nach einer Warenhausschließung deshalb besonders wichtig, neue Anlässe für die Menschen zu schaffen, in die Innenstadt zu kommen, so Hedde.
Auch die Hauptgeschäftsführerin des Handelsverbands Baden-Württemberg, Sabine Hagmann, rief dazu auf, die Schließung der Warenhäuser als Chance für die Innenstädte zu sehen. "Denn in jedem Ende liegt ein neuer Anfang. Wir sind uns sicher, dass an zahlreichen Standorten der entstehende Platz für neue, innovative Konzepte genutzt werden kann", sagte Hagmann.
Sterben auf Raten? 52 von 129 Galeria-Filialen vor dem Aus - Was das für Innenstädte bedeutet
Deutschlands letzte große Warenhauskette Galeria Kaufhof versucht seit Jahren, sich zu sanieren. Dass weitere Häuser schließen, kann auch eine Chance für Innenstädte sein.
12 Galeria Filialen bleiben in Baden-Württemberg bestehen
Die sechs Standorte, die von der Entscheidung des Aufsichtsrats betroffen sind, werden bis zum 31. Januar 2024 ihre Türen schließen müssen. In Baden-Württemberg bleiben somit noch zwölf Galeria-Filialen bestehen: Freiburg am Bertholdsbrunnen, Freiburg am Europaplatz, Heidelberg Hauptstraße, Heilbronn, Karlsruhe, Konstanz, Lörrach, Mannheim, Offenburg, Singen, Stuttgart Königstraße und Ulm.
Vom Kahlschlag verschont Vier südbadische Karstadt-Kaufhof-Filialen bleiben bestehen
Erleichterung in Offenburg, Lörrach und Freiburg: Der Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof will keine der vier südbadischen Filialen schließen.
Etwa 500 Beschäftigte sind der Gewerkschaft ver.di zufolge in Baden-Württemberg von den Schließungen betroffen. "Wir alle, von Politik über Gesellschaft bis zur Gewerkschaft, dürfen diese Schließungspläne auf keinen Fall hinnehmen", sagte ver.di-Bezirksleiter Martin Gross. Man werde nicht aufgeben und gemeinsam mit den Betriebsräten um jede Filiale und jeden Arbeitsplatz kämpfen, teilte Landesfachbereichsleiter Wolfgang Krüger mit. Die Gewerkschaft wolle auf die Kommunen und das Wirtschaftsministerium zugehen.
Neuausrichtung auf Gastronomie und Mode
Der Insolvenzplan sieht laut "Wirtschaftswoche" auch eine Neuausrichtung im operativen Geschäft vor. Das Unternehmen soll sich demnach künftig stärker auf den Verkauf von Modeartikeln und weniger auf Spiel- oder Schreibwaren konzentrieren. Ein Modernisierungsplan für die Filialen sieht unter anderem mehr Tageslicht und "ein umfassendes Gastronomieangebot" vor. Am 27. März wird die Gläubigerversammlung darüber entscheiden, ob das Sanierungskonzept der Führungsspitze durchgeht.