Für rund 10.000 Studentinnen und Studenten aus Nicht-EU-Ländern kommen in Baden-Württemberg zu den üblichen Gebühren noch 1.500 Euro pro Semester obendrauf. Momentan wird laut dem grün-geführten Wissenschaftsministerium ein Gutachten darüber erstellt, ob die Zahlungen zeitlich ausgesetzt werden könnten.
Dabei komme es unter anderem darauf an, wie viele Studierende aus dem Ausland ihr Studium abschließen und anschließend zumindest temporär im Land als Fachkräfte arbeiten. Im Juni soll es dazu einen Bericht geben, sagte ein Sprecher dem SWR.
Wirtschaft: Studiengebühren und Fachkräftemangel passen nicht zusammen
Zuvor hatte der Baden-Württembergische Industrie- und Handelskammertag (BWIHK) ein Ende der Gebühren verlangt. BWIHK-Präsident Christian Erbe verwies darauf, dass die Zahl ausländischer Studierender im Land seit Einführung der Gebühren um 8,8 Prozent gesunken sei. Sie seien daher kontraproduktiv und kein zeitgemäßes Instrument im Kampf um Fachkräfte.
"Auch wenn der Löwenanteil fehlender Fachkräfte aus der dualen Aus- und Weiterbildung stammt, brauchen wir im Land bis 2035 allein 74.000 Fach- und Führungskräfte mit bestimmten Hochschulabschlüssen", so Erbe. Diesen Mangel könne man nicht ohne ausländische Fachkräfte beheben. Dafür müssen seiner Meinung nach aber auch die Rahmenbedingungen für diese Menschen nach dem Studium deutlich attraktiver werden.
Studiengebühren für Nicht-EU-Bürger gibt es in BW seit 2017
Die Bildungsgewerkschaft GEW ist ebenfalls dafür, die Studiengebühren abzuschaffen. Es sei absurd, dass mit der Werbekampagne "The Länd" Fachkräfte aus dem Ausland angeworben werden sollten, die Hochschulen die Türen für Nachwuchs aus der ganzen Welt aber nicht aufmachten, sagte die GEW-Vorsitzende Monika Stein. Die Studiengebühren für Nicht-EU-Bürgerinnen und -Bürger hatte die grün-schwarze Landesregierung in Baden-Württemberg zum Wintersemester 2017/18 eingeführt.
Ministerium: Prüfung sollte ohnehin stattfinden
Laut einem Sprecher des Wissenschaftsministeriums passiert die Prüfung der Gebühren-Aussetzung aber nicht wegen der Forderungen des BWIHK. Mit Blick auf den enormen Fachkräftebedarf sei es vielmehr unerlässlich, möglichst viele qualifizierte und motivierte Menschen für ein Studium in Baden-Württemberg zu gewinnen. Daher befasse man sich aktuell mit dem gesamten Studienverlauf von Studierenden aus dem Ausland: von den Zulassungsbedingungen und Studiengebühren über englischsprachige Lehrangebote bis hin zu den Chancen des dualen Studiums.
Wirtschaftsverbände und Unternehmen klagen schon seit Jahren, dass sie nicht ausreichend qualifiziertes Personal finden. Zahlreiche Stellen bleiben unbesetzt. Zugleich verabschieden sich die Babyboomer allmählich aus dem Arbeitsleben. Der im vergangenen Jahr aktualisierte Fachkräfte-Monitor des BWIHK prognostiziert für 2035 eine Lücke von 903.000 Fachkräften.