Hallo, mein Name ist Nicole Heidrich. Ich bin Reporterin im SWR Studio Heilbronn. Und diese Woche war auf jeden Fall: Land unter! Manch einem stand das Wasser bis zum Hals - aber mindestens mal bis zu den Knien. Also möchte ich den Fokus in diesem Wochenrückblick auf das Hochwasser und die resultierenden Folgen richten.
Der Dauerregen, der die Pegel an Neckar, Jagst und Kocher samt Nebenflüssen anschwellen ließ, begann schon vergangenes Wochenende, aber viele Menschen in Heilbronn-Franken werden die Auswirkungen noch lange spüren (müssen). Zum Glück ist die Region glimpflicher davongekommen als andere Regionen in Süddeutschland. Keine Verletzten, keine Toten – nur Sachschaden, der sich im Vergleich zu manchem Unglücksort in Grenzen hält. Nichtsdestotrotz war das zurückliegende Hochwasser auch hier wieder ein beängstigender Einschnitt in den Alltag, für einige mit eventuell existenzbedrohenden Folgen.
Und weiterhin dauern auch die Aufräumarbeiten nach dem jetzigen Dauerregen in Heilbronn-Franken an. Landwirte, Kulturveranstaltungen, Sportvereine, Freibäder – und natürlich nicht zuletzt Privatmenschen sind betroffen.
"Theater im Fluss" unter Wasser
Sportvereine und das Hochwasser
Hochwasserschutz hat Schlimmeres verhindert
Landwirtschaft und das Hochwasser - in Zukunft doch Reis anbauen?
Vor allem hinterlässt so ein Hochwasser jede Menge Unrat, spült ihn in Wiesen und Felder, zerstört Infrastrukturen, was auch Einschränkungen zur Folge hat. Schon die Kleinsten müssen damit klarkommen: In Lauffen am Neckar (Kreis Heilbronn) hatte zum Beispiel verunreinigtes Wasser aus dem Fluss und der Kanalisation einen Spielplatz überflutet. Der war gesperrt worden – kein Buddeln im Matsch also.
Groß, Klein, Mensch, Tier – niemand blieb verschont. So fielen auch Wiesen, die von Milchbauern für die Futterproduktion genutzt werden, dem Wasser zum Opfer, die Ernte ist durch Müll, Treibgut und Abwasser aus Kläranlagen wahrscheinlich unbrauchbar. Bei Landwirt Jochen Schmidt in Bad Friedrichshall (Kreis Heilbronn) sind rund 32 Hektar Grünland betroffen – das ist jetzt für die Mülltonne, sagte er dem SWR. In Öhringen (Hohenlohekreis) musste Erdbeerbauer Stefan Reutter nach dem Platzregen rund 80 Prozent seiner Früchte entsorgen. Die taugten nicht einmal mehr zum Einkochen, so der Bauer. Ob Landwirte jetzt überlegen, auf Reisanbau umzusteigen, ist unklar.
Auch Erdbeeren und Kartoffeln betroffen Futterernte zerstört: Hochwasser treibt Unrat in Neckar-Wiesen
Die Wiesen rund um die Flüsse der Region werden von Milchbauern für die Futterproduktion genutzt. Doch das Hochwasser hat die Ernte durch Treibgut und Müll unbrauchbar gemacht.
Wenn der Name Programm wird: "Theater im Fluss" unter Wasser
Putzen statt Premiere hieß es dann in Künzelsau (Hohenlohekreis) Mitte der Woche. Die Premiere von Goethes Faust im "Theater im Fluss" musste um eine Woche verschoben werden. Der Grund: Die Spielstätte im Kocherfreibad machte ihrem Namen auf einmal alle Ehre, nahm ihn gar wörtlich. Der Kocher hatte am vergangenen Wochenende das Freilichttheater geflutet, die Bühne zur schwimmenden Insel gemacht.
Künzelsauer Bühne wurde zum Floß Putzen statt Premiere: Hochwasser flutet das "Theater im Fluss"
Wenn der Name unfreiwillig zum Programm wird: Die Bühnen des Theaterensembles "Theater im Fluss" sind am Wochenende vom Kocher geflutet worden - kurz vor der Premiere.
Der Name "Theater im Fluss" war jetzt also Programm und die Bretter, die die Welt bedeuten, waren noch in der Nacht der Tragödie kurzerhand zum Floß umfunktioniert worden, um Equipment und Technik in Sicherheit zu bringen. Alle, die konnten, packten mit an, bei einem Laientheater nicht selbstverständlich, eher schmerzhaft und noch einmal mit viel Arbeit verbunden. Dabei waren Schauspiel, Bühne, Kostüme doch schon im Vorfeld mit viel hauptsächlich ehrenamtlichen Engagement auf die Beine gestellt worden - und jetzt ein Teil davon noch einmal. Dennoch, die Künzelsauer Spieltruppe lässt sich von etwas Wasser nicht unterkriegen. Und so paddelte selbst Mephisto noch am Sonntagabend über den Schauplatz, um Equipment aus dem Hochwasser des Kochers zu ziehen (ok, ok, der Mephisto-Darsteller, der übrigens auch beim Bühnenbau aktiv war). Aber er hatte dabei sogar seinen Spaß, wie er dem SWR verriet. Die Truppe machte also das Beste draus. Am Mittwoch hieß es dann: Wathosen und Gummistiefel überstreifen statt Kostüme, die Frage nach Trocknungsmöglichkeiten statt der Gretchenfrage.
Vermehrter Umstieg auf Wassersport?
Die Theater-Truppe nahm es sportlich - tolle Überleitung zu unserem nächsten Hochwasserthema: Denn wen es auch erwischt hat, sind so manche Spielanlagen von Vereinen. Sprinkleranlagen können die sich in naher Zukunft erst mal sparen. Trotzdem auch hier hängt viel an Ehrenamtlichen und Geld ist sowieso nie da. Deswegen tut jede Spielstätte, die – wenn auch nur kurz – ausfällt, jedes betroffene Equipment, weh. In Heilbronn-Franken standen auch einige Sportplätze und Sportheime unter Wasser, beispielsweise in Untereisesheim (Kreis Heilbronn). Die Schadenshöhe ist noch nicht bezifferbar. Bei Schäden in Gaststätte und Vereinsheim aber wird es schnell teuer. Wenigstens, so die Verantwortlichen, konnte wegen der frühen Vorhersagen noch der Keller ausgeräumt werden. Sonst hätten dort gelagerte Trainingsutensilien wie Hütchen oder auch ein Grill mit Gasflaschen Schaden genommen. Glück im Unglück hatten die Footballer der Schwäbisch Hall Unicorns.
Dort wird sogar schon wieder trainiert und es werden Wettkämpfe bestritten.
Auch Schwimmerinnen und Schwimmer können (mancherorts) durchatmen: Durch den Dauereinsatz der Feuerwehr im Neckarsulmer Ernst-Freyer-Bad (Kreis Heilbronn) konnten Schäden an der Technik verhindert werden.
Dennoch kann so ein Hochwasser auch Existenzen bedrohen. So stand die kommerzielle Tennis-Freizeitanlage "Happy Match" in Neckarsulm-Obereisesheim mit Außenanlage, großem Restaurantbereich und Indoor-Sporteinrichtungen komplett unter Wasser. Die Betreiber wollen weitermachen.
Land unter war auch im Main-Tauber-Kreis: Inzwischen ist der größte Teil des Wassers auf dem Gelände des FV Lauda wieder abgelaufen. Das Glück der Sportlerinnen und Sportler: Das Vereinsheim wurde an einem relativ hoch gelegenen Platz gebaut.
Hochwasserschutz macht Sinn
Bilder wie am Wochenende lassen auch Erinnerungen wach werden: Zum Beispiel an die Flutwelle in Braunsbach (Kreis Schwäbisch Hall), die 2016 in dem kleinen Ort alles mitriss, was nicht niet- und nagelfest war.
Page-Flow Braunsbach - eine Flutwelle mit schlimmen Folgen
Eine Flutwelle schoss durch den Ortskern von Braunsbach - viele Teile der kleinen Gemeinde wurden zerstört.
Seitdem ist dort und auch in Kommunen im Kochertal, die damals betroffen waren, viel passiert. Diese Woche hat sich zum Beispiel Baden-Württembergs Umweltministerin Thekla Walker (Grüne) davon in Niedernhall (Hohenlohekreis) ein Bild gemacht. Seit gut zwei Jahren rüstet sich die Stadt am Kocher gegen solche Ereignisse. 6,3 Millionen Euro wurden investiert. Und so sollen dann höhere Dämme, eine Stahlbetonwand entlang des Kocherufers und eine bessere Straßenentwässerung gegen ein hundertjähriges Hochwasser schützen. Auf solche Maßnahmen warten Bürgerinnen und Bürger in anderen Kommunen schon lange, zum Beispiel in Bretzfeld (Hohenlohekreis). Auch jetzt mussten Bewohnerinnen und Bewohner wieder Schlamm schippen und Keller auspumpen, weil dort bisher offenbar andere Prioritäten gesetzt wurden.
Umweltministerin besucht Niedernhall Hochwasserschutz: Was in Niedernhall Schlimmes verhindert - darauf wartet Weißlensburg schon lange
Nicht alle Gemeinden im Land verfügen über einen ausreichenden Hochwasserschutz. Niedernhall hat sich vor einigen Jahren gerüstet und kam diesmal ohne Schäden davon.
Und zum Schluss noch eine Frage:
Die Abstimmung ist bereits beendet.
Hinweis: Das Abstimmungsergebnis zeigt ein Meinungsbild unserer Nutzer*innen und ist nicht repräsentativ.