Hoch über den Dächern von Cleebronn (Kreis Heilbronn) thront das Storchenpaar seit fast zehn Jahren. Ihr Brutnest auf dem Funkmast ist für viele Anwohnerinnen und Anwohner längst zu einem Wahrzeichen des Orts geworden. "Ich habe unzählige Fotos gemacht, wie sie im Abendrot auf dem Mast sitzen", erzählt Andreas Burrer, der direkt neben dem Funkmast wohnt.
Jedes Mal, wenn ich vorbeigehe, schaue ich hoch, wie es ihnen geht.
Mast umgebaut - Nest zerstört
Doch als der Funkmast im vergangenen Herbst umgebaut wurde, war das Nest plötzlich verschwunden. Monteure hatten Umbauten vorgenommen und dabei das mühsam errichtete Zuhause des Storchenpaars abgebaut. Im Ort machte sich schnell Besorgnis breit. Zahlreiche Anwohnerinnen und Anwohner alarmierten die Behörden.

Der Fall landete auf dem Schreibtisch von Judith Opitz, der Storchenbeauftragten des Landes Baden-Württemberg. "So etwas habe ich in meiner Amtszeit noch nie erlebt", sagt Opitz dem SWR. Die illegale Demontage des Nests stellt einen Verstoß gegen den Schutz des streng geschützten Weißstorchs dar und könnte sogar strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
Langsame bürokratische Bearbeitung
Doch der Fortschritt verläuft schleppend. Anfang Dezember wandten sich die Behörden irrtümlicherweise noch an die falsche Firma, die erst einen Monat später mitteilte, gar nicht zuständig zu sein.
Erst Ende Januar konnte der richtige Betreiber des Funkturms ermittelt werden. Das Landratsamt beauftragte die Firma, eine unterstützende Plattform für die Vögel zu bauen, um einer Geldstrafe zu entgehen.
Nach SWR-Informationen kostet der Bau einer solchen Nistplattform im Fall Cleebronn bis zu 10.000 Euro und ist mit erheblichem Aufwand verbunden. Anfang Februar zeigte der Betreiber Bereitschaft und versprach, die Plattform zu errichten – doch zu diesem Zeitpunkt war es bereits zu spät.
Störche kommen vor dem Neubau zurück
Denn pünktlich zur Brutzeit kehrte das Storchenpaar aus Afrika nach Cleebronn zurück und fand den leeren Funkturm vor. Nicht nur ihr gewohntes Zuhause war fort, auch war der Mast so umgebaut, dass ein Wiederaufbau ihres Nests fast unmöglich erschien. Immer wieder fielen die Äste durch die Schlupflöcher zu Boden. "Es war zum Verzweifeln", beschreibt Nachbar Andreas Burrer die Situation.

Vögel helfen sich einfach selbst
Doch die Störche gaben nicht auf und begannen, ihr Nest Stück für Stück, Zweig für Zweig, erneut aufzubauen. Trotz aller Widrigkeiten nimmt das Nest mittlerweile wieder Form an. Die Störche sammeln fast nur noch Grashalme, um ihre in wenigen Monaten erwarteten Eier sanft zu betten. "Wenn ein Storchenpaar erfolgreich brütet, kehrt es immer wieder an denselben Ort zurück", erklärt die begeisterte Nachbarin Silke Merz die starke Bindung der Tiere an ihren Thron hoch über Cleebronn.