Der 48 Jahre alte Thorsten Morhaus aus Neckarsulm (Kreis Heilbronn) liebt den Geschwindigkeitskick. Mit wahnsinnigem Tempo schießt er kopfüber, nur mit einem Fallschirm ausgerüstet, senkrecht Richtung Erde - und misst sich mit der ganz großen Konkurrenz: Am Sonntag geht er für Deutschland bei den Weltmeisterschaften der sogenannten Speed Skydiver im amerikanischen Beaufort an den Start. Auf den Wettbewerb im US-Bundesstaat North Carolina hat er sich über ein Jahr lang intensiv vorbereitet.
Weltrekord bei 529 Stundenkilometer
Bei der WM werden gut 60 Athletinnen und Athleten aus der ganzen Welt sein. Die starke Konkurrenz kommt beispielsweise aus Amerika, Australien, Österreich oder Italien. Die Sportlerinnen und Sportler eint: Sie wollen sich so schnell wie möglich vom Himmel stürzen. Den Weltrekord hält aktuell der deutsche Skydiver Marco Hepp aus dem bayerischen Günzburg mit 529 Stundenkilometern. Zum Vergleich: Ein gewöhnlicher Fallschirmspringer ist in Bauchlage "nur" etwa 180 bis 200 Stundenkilometer schnell.
LED-Lampe im Helm warnt
Mit GPS-Messgeräten am Helm wird die Geschwindigkeit der Speed Skydiver gemessen. Ausgesetzt werden die Fallschirmspringer auf einer Höhe von rund 4.000 Metern. Dann stürzen sie sich senkrecht in die Tiefe. Es geht dann um den schnellsten drei Sekunden-Durchschnitt. Im Helm der Springer zeigt eine LED-Lampe zudem an, wann eine Höhe von etwa 1.600 Metern erreicht ist. Dann bremsen die Skydiver ab, gehen in die normale Fallschirmspringerposition, um mit dem Schirm zu landen.
Kleinste Fehler kosten Geschwindigkeit
Um möglichst schnell, fast schon wie Superman, durch die Lüfte zu fliegen, kommt es auf viele Feinheiten an. Entscheidend ist eine möglichst günstige aerodynamische Flugposition. Das heißt: die Hände so nah an den Körper ran wie möglich, die Füße zusammenhalten. Bei den hohen Geschwindigkeiten erfordert das höchste Konzentration und sehr viel körperliche Fitness.
Schon kleinste Fehler bei der Körperhaltung bremsen die Athleten und kosten wertvolle Stundenkilometer. Sky Diver können im Extremfall auch komplett aus ihrer idealen Flugposition herausfallen. Das kann mitunter richtig schmerzhaft sein.
Neckarsulmer will noch schneller fliegen
Thorsten Morhaus hat für die WM extra nochmal zehn Kilogramm abgespeckt. Und die Vorbereitung "am Boden" sei sehr entscheidend. Der 48-Jährige versucht, seine Körperspannung stetig zu verbessern. Im Windkanal kann er die Körperkoordination trainieren. Auch auf einem "Balance-Board" steht er regelmäßig.
Bei den Weltmeisterschaften möchte er gerne seinen persönlichen Geschwindigkeitsrekord, der aktuell bei 494 Stundenkilometern liegt, weiter verbessern. Sollte bei ihm eine "5" davorstehen, dann wäre das für ihn ein riesen Erfolg. Morhaus hat bereits einige Titel gewonnen. 2022 wurde er zum Beispiel Vizeweltmeister mit dem deutschen Team.
Zuschauer hören nur Geräusch
Ein Problem gibt es allerdings bei dem rasanten Sport: Die spektakulären Flüge der Skydiver können Zuschauer nicht sehen. Das Ganze zu filmen und zu übertragen, ist aufgrund des hohen Tempos nicht machbar. Und kleine Kameras an den Springern zu befestigen, würde die Aerodynamik zu sehr verändern. Wenn die Skydiver allerdings ihre Flugposition verändern, wieder abbremsen, dann ist das deutlich am Boden zu hören.
Töchter stolz auf ihren fliegenden Papa
Im normalen Leben ist Thorsten Morhaus Geschäftsführer beim Abwasserzweckverband Unteres Sulmtal in Neckarsulm. Sein Arbeitgeber lässt ihm Freiräume fürs Training. Und er ist Familienvater von zwei Töchtern. Angst hätten die um ihn aber nicht. Das Risiko ist für den 48-Jährigen kalkulierbar. Er wisse genau, was er mache: "Ich fahre kein Motorrad, das wäre mir tatsächlich zu gefährlich", meint der Extrem-Fallschirmspringer. In der Luft sei er allein unterwegs. Seine Familie unterstützt ihn bei dem zeit- und auch kostenintensiven Hobby.
Skydiver-Treffen in ganz Deutschland
Seine Trainingssprünge absolviert Morhaus auf Plätzen in Osterburken (Neckar-Odenwald-Kreis) und Calw. Aber die Skydiver-Szene treffe sich auch in ganz Deutschland. Jetzt ist der 48-Jährige einfach nur noch gespannt, wie es bei der WM 2024 läuft. Und wer weiß: Vielleicht fliegt er ja auch mit Medaillen im Gepäck wieder in Deutschland ein - oder mit einem neuen persönlichen Geschwindigkeitsrekord. Dann hat der menschliche "Dartpfeil" einen Volltreffer gelandet.