Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck lässt sich gemeinsam mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann (beide Grüne) beim Handwerksbetrieb Christian Gröber in Stuttgart eine Deckenheizung erklären.

Start der Sommerreise des Vizekanzlers

Habeck in BW: So kühlt er die Debatte ums Heizungsgesetz herunter

Stand
Autor/in
Henning Otte
SWR-Reporter und -Redakteur Henning Otte, SWR Landespolitik

Robert Habeck will das Desaster um sein Heizungsgesetz vergessen machen. Deshalb sucht er bei einem Termin in Stuttgart nach dem Schulterschluss mit dem Mittelstand. Ein SWR-Reporter hat ihn bei seiner Klima-Lösungsfindung begleitet.

Robert Habeck (Grüne) ist früher da als geplant. Sein Tross hält schon gegen 9:50 Uhr vor dem Tor des Stuckateur-Betriebs Gröber im Stuttgarter Stadtteil Obertürkheim. Die Belegschaft von Chef Hermann Blattner ist fast vollständig angetreten und bereit für den hohen Besuch aus Berlin. Der Wirtschafts- und Klimaschutzminister macht gleich klar, dass er da ist, um zuzuhören und etwas zu lernen. Er klopft an die Fassade der Firmenzentrale und fragt nach der Dämmung. Doch bevor es mit dem Lernen bei seiner Sommertour richtig losgehen kann, heißt es: Warten auf Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), Habecks väterlichen Parteifreund.

Habeck und Kretschmann: Zwei Grüne, die sich mögen

Als der einzige grüne Regierungschef wenige Minuten später vorfährt, unterbricht Habeck sofort das Gespräch und stürzt auf Kretschmann zu, um ihn zu begrüßen. Schnell wird allen Umstehenden klar: Die beiden können miteinander. Der 76-jährige Kretschmann hat den 22 Jahre jüngeren Habeck immer gestützt - auch im Desaster um dessen Heizungsgesetz. Der Vizekanzler sei begabt, tatkräftig und in der Lage dazuzulernen, sagt Kretschmann immer wieder. Für den grünen Altmeister ist klar: Habeck ist der richtige Spitzenkandidat für die Bundestagswahl im nächsten Jahr.

Bei seinem Besuch in Stuttgart hat sich Robert Habeck auch für eine bessere Förderung für den Heizungstausch nach einem Hochwasser ausgesprochen:

Debatte um Heizungsgesetz hat viele Hausbesitzer in BW verunsichert

Auch in Obertürkheim ist das verunglückte Heizungsgesetz wieder Thema. Denn die Firma Gröber verputzt nicht nur Fassaden neu, sondern kümmert sich auch um Altbausanierung. Geschäftsführer Blattner sagt am Rande des Termins: "Es wurde durch das Heizungsgesetz einiges eingebremst, weil die Kunden stark verunsichert wurden." Es sei falsch gewesen, ständig nur über die Wärmepumpe zu reden. Durch richtige Wärmedämmung könne man 80 Prozent Energie sparen. Aber er wolle Habeck nicht damit nerven: "Ich schaue ungern zurück", sagt Blattner.

Grüne Politiker staunen über Deckenheizung

Stattdessen zeigt er den politischen Gästen gleich etwas, was diese bei einem Stuckateur nicht erwartet hätten. Der Betrieb hat sich darauf spezialisiert, in Altbauten Deckenheizungen einzubauen. Für diese müsse man nur die Decke um drei bis vier Zentimeter abhängen, während man bei einer Fußbodenheizung die Türen und Treppen umbauen müsse. In der Firmenhalle führt er Habeck und Kretschmann eine solche Deckenheizung vor, die mit einer Wärmepumpe gekoppelt ist, und im Sommer auch als Klimaanlage genutzt werden könne. Der Clou laut Blattner: Die Heizung sei dreimal effizienter als normale Heizkörper. Seit 2008 nutze man eine solche Anlage selbst. Habeck und Kretschmann staunen nicht schlecht.  

Forderung: Kampf gegen Schwarzarbeit - Steuerliche Hilfen für Hausbesitzer

Blattner nutzt den hohen Besuch, um zwei politische Forderungen unterzubringen. Immer mehr Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer könnten sich eine Sanierung nicht mehr leisten, weil eine Handwerkerstunde mittlerweile - mit allem Drum und Dran - fast 100 Euro koste. Seine Facharbeiter hätten den Lohn verdient, aber die Hauseigentümer griffen wegen der hohen Kosten oft auf Billig-Angebote zurück. Handwerker, die an Haustüren klingelten, seien teilweise bis um die Hälfte günstiger. "Da stimmt was nicht", ist der Stuckateur überzeugt. Die Politik müsse mehr gegen Schwarzarbeit tun - und Hausbesitzern steuerlich helfen.

Habeck verweist darauf, dass Handwerksarbeiten schon steuerlich absetzbar seien, aber: "Die Höhe könnte man nochmal anpassen." Doch wie die soeben erst abgeschlossenen Haushaltsverhandlungen gezeigt hätten, sei der finanzielle Spielraum für solche Erleichterungen im Moment nicht da. Die Ampel habe zudem beschlossen, verstärkt gegen Schwarzarbeit vorzugehen. So würden auch Menschen, die Bürgergeld beziehen und nebenher schwarzarbeiten, künftig stärker sanktioniert.

Habeck hat sich über Nagelsmanns Rede "total gefreut"

Und dann wird der Vizekanzler noch nach der Mut-Mach-Rede von Julian Nagelsmann gefragt. Der Bundestrainer hatte die Deutschen am Wochenende in einer emotionalen Ansprache aufgefordert, Tristesse und Schwarzmalerei hinter sich zu lassen und die Zukunft miteinander anzupacken. "Total gefreut" habe ihn Nagelsmanns Rede, sagt der Grünen-Politiker. Allerdings sei angesichts der mannigfaltigen Krisen der vergangenen zwei Jahre auch klar: "Das kann man nicht verordnen und nicht herbeiwünschen. Das kann man nur machen." Habeck wünscht sich aber: "Wir stecken nicht den Kopf in den Sand und laufen hier nicht mit hängenden Schultern herum, sondern wir machen den Rücken mal gerade und ziehen das Ding nach vorne."

Vizekanzler geht es um einen Plan für die Zukunft

Aber was heißt das für die Ampel aus SPD, Grünen und FDP? Die viele angesichts des harten, internen Streits schon totgesagt hatten und die sich mit der Einigung im Haushaltsstreit nochmal gerettet hat. Habeck gibt sich realistisch: "Politik ist ein umkämpftes Geschäft und niemand kann erwarten, dass alle immer nur füreinander klatschen." Jedoch dürfe es in Wahlkämpfen nicht darum gehen: "Wer hat in der Vergangenheit mal irgendwann was gesagt und Fehler gemacht?" Entscheidend sei vielmehr: "Wer hat welchen Plan für die Zukunft? Der Wettbewerb geht um die technischen Mittel für die größere Zuversicht. Wenn das so geführt wird, dann möge der Bessere gewinnen."

Arbeitet da jemand daran, das Heizungsgesetz vergessen zu machen? Schließlich ist bei den Grünen noch nicht entschieden, wer die Grünen in die Bundestagswahl führen soll. Die grüne Außenministerin Annalena Baerbock hält einen zweiten Anlauf nach ihrem Scheitern vor drei Jahren offensichtlich nicht für ausgeschlossen.

Habeck für mehr Offensivgeist

Und dann klingt Habeck doch noch wie der Trainer, der die im Abstieg begriffenen Grünen im Speziellen und die Deutschen im Allgemeinen wieder nach oben bringen will. "Es gibt keine Garantie, dass wenn man flotten Fußball spielt, dass man Europameister wird. Aber es gibt eine ziemliche Garantie, dass man nicht Europameister wird, wenn man immer nur nach unten guckt und traurig durch die Gegend läuft und möglichst keine Tore kassieren will. Aber Tore schießen will man auch nicht mehr, so wird man kein Spiel gewinnen." Sagt’s und holt sich kurz vor der Abfahrt am vorbereiteten Büffet noch zwei Brezeln. Die Stärkung kann der Grüne gebrauchen. Seine Sommerreise geht in einer Woche durch sechs Bundesländer.

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