Vom 23. bis 26. November 2023

Viele Streitpunkte beim Bundesparteitag der Grünen in Karlsruhe

Stand

In schwierigen politischen Zeiten treffen sich die Grünen zu ihrem Bundesparteitag in Karlsruhe. Besonders beim Thema Migration gehen die Meinungen weit auseinander. Gibt es eine Lösung?

Den Grünen steht in Karlsruhe ein schwieriger Bundesparteitag bevor. Zu besprechen haben die rund 800 Delegierten viel: Wie umgehen mit der Migration? Wie kann Klimaschutz nach dem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts noch bezahlt werden? Und welches Bild geben die Grünen innerhalb der Ampel-Koalition ab? Schon im Vorfeld des Parteitags ist klar, dass die Parteibasis mit ihrer Grünen-Spitze nicht immer einverstanden ist.

Mit scharfen Attacken auf Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) hatte Grünen-Chef Omid Nouripour den Parteitag eingeläutet. "Leute, ihr seid nicht einmal oppositionsfähig", rief Nouripour der Union zu. "Das kann doch nicht sein, dass eine Opposition mehr die Niederlage der Regierung will als den Erfolg des Landes", sagte er mit Bezug auf die Reaktion der CDU/CSU nach der erfolgreichen Verfassungsklage gegen die Haushaltspolitik der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) erklärte, die CDU unter Friedrich Merz sei eine "Partei von gestern, angeführt von einem Vorsitzenden von vorgestern".

"Kaputtsparen geht nicht" - Grüne für Reform der Schuldenbremse

"Wir werden Lösungen finden", versprach Nouripour. "Kaputtsparen geht nicht." Es brauche unter anderem ein funktionierendes Wasserstoffnetz und Ladeinfrastruktur für Elektroautos. Für all das seien Investitionen nötig. "Wir müssen natürlich die Schuldenbremse reformieren", betonte der Parteichef. Diese werde den Herausforderungen nicht mehr gerecht. Er dankte Finanzminister Christian Lindner (FDP) dafür, dass sie für das laufende Jahr ausgesetzt wurde. "Herzlichen Dank dafür!"

Es knirscht bei den Grünen gewaltig in der Asyldebatte

Exemplarisch für die Debatte um nationale Asylrechtsverschärfungen stehen sich innerhalb der Partei BW-Ministerpräsident Winfried Kretschmann und die Grüne Jugend unversöhnlich gegenüber. Während Kretschmann fordert, "irreguläre Migration einzudämmen", widerspricht die Grüne Jugend.

Deren Co-Vorsitzende Svenja Apphun forderte im Interview mit dem Deutschlandfunk, dass die Grünen im Bund den forcierten Asylrechtsverschärfungen nicht weiter zustimmen. Die Grüne Jugend hat einen entsprechenden Änderungsantrag eingereicht. Als Aufgaben für die Kabinettsmitglieder formuliert Apphun, "dass die Mieten sinken, ein höherer Mindestlohn, die Ausfinanzierung von Kommunen. Das wären Maßnahmen, die den Menschen ihre Abstiegsängste nehmen." Das würde auch rechten Kräften den Nährboden nehmen, so Appuhn. "Ich bin überzeugt, das ist der richtige Kurs", sagte Kretschmann am Donnerstagabend in seiner Rede auf dem Bundesparteitag.

Sind Kompromisse der Verrat der eigenen Werte?

In der Parteibasis brodelt es. Man ist sich uneins, wie die Grünen in der Ampel-Koalition agieren sollten. Die einen unterstützen die eingegangenen Kompromisse, die anderen sehen ihre grüne Identität davon schwimmen. Ein offener Brief zum Parteitag, der die Rückkehr zu grünen Grundwerten sowie eine bessere Einbindung der Basis fordert, wurde inzwischen von rund 1.200 Parteimitgliedern unterzeichnet. Der Konflikt zeigt sich auch in den Meinungen von zwei langjährigen Grünen-Mitgliedern aus Karlsruhe: Der eine ist ausgetreten und will vor dem Parteitag demonstrieren, die andere brennt noch genauso für die Partei wie seit ihrer Gründung 1980 in der Karlsruher Stadthalle.

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Ein weiterer großer Streitpunkt auf dem Parteitag ist die Frage, wo jetzt das Geld für den Klimaschutz herkommen soll. Dafür wie auch für andere Projekte fehlen 60 Milliarden Euro, nachdem das Bundesverfassungsgerichts den Bundeshaushalt für verfassungswidrig erklärt hatte. Um das fehlende Geld soll es gleich am ersten Abend auf dem Parteitag der Grünen in Karlsruhe gehen. Einer der Redner ist Wirtschaftsminister Robert Habeck.

Die Co-Chefin der Grünen Ricarda Lang sagte dem SWR am Donnerstag, um Geld zu generieren, gebe es mehrere Möglichkeiten: beispielsweise die Schuldenbremse noch einmal auszusetzen, Investitionsgesellschaften zu nutzen, klimaschädliche Subventionen oder an anderer Stelle zu streichen. "Ein Kahlschlag des Sozialstaats ist für mich aber nicht vorstellbar", so Lang. Grünen-Parteichef Omid Nouripour sagte, nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts müssten alle Seiten Zugeständnisse machen. Sparen allein sei nicht die Lösung, so Nouripour am Donnerstag im ARD-Morgenmagazin. Man könne nicht einfach 60 Milliarden Euro im laufenden Haushalt einsparen - dann würde vieles zusammenbrechen, was dringend gebraucht werde.

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