Beim Bundesparteitag der Grünen in Karlsruhe wird Harry Block dabei sein, aber nicht als Teilnehmer, sondern als Demonstrant. Der 74-Jährige will mit anderen Aktivisten für mehr Klimaschutz demonstrieren, direkt vor der Messe Karlsruhe, wo der Parteitag stattfindet.
"Ein liebevolles Chaos" bei der Gründung der Grünen in Karlsruhe
Harry Block ist schon seit Jahren nicht mehr Mitglied der Grünen. Der pensionierte Berufsschullehrer war aber dabei, als sich die Grünen 1980 in der Karlsruher Stadthalle gegründet haben. Er war damals 31 Jahre alt und Mitglied der Grünen Liste Karlsruhe. "Da war ein liebevolles Chaos", erinnert er sich.
Die politischen Meinungen der Delegierten gingen weit auseinander von "Deutschtümelei bis stark links." Die Halle war mit rund 1.000 Delegierten randvoll und es ging laut Block zwei Tage lang nur um die Geschäftsordnung.
Die Parteigründung gelang und die Stimmung sei gut gewesen. "Wir wollten die Welt besser machen, gewaltfrei, ökologisch und sozial" so Block. Abends wurde dann im Wirtshaus Wolf in der Karlsruher Südstadt gefeiert und getrunken.
Kein Freund der Politik von Baerbock, Habeck und Co.
Heute kann sich Block mit der Politik der Grünen nicht mehr identifizieren. Er engagiert sich stattdessen seit Jahren unter anderem im Naturschutzbund BUND. Seine ehemalige Partei habe einige rote Linien überschritten und eigene Grundüberzeugungen aufgegeben, um an die Macht zu kommen oder sich dort zu halten.
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Block trat aus, nachdem die Grünen als Regierungspartei 1999 den Einsatz der Bundeswehr im Kosovo mitgetragen hatten. Einige andere Mitglieder der ersten Stunde seien ihm gefolgt.
Er kritisiert Bundesaußenministerin Annalena Baerbock und Wirtschaftsminister Robert Habeck (beide Grüne). "Die wissen gar nicht, was vor 40 Jahren war." Ihnen und der Grünen Partei gelinge es aktuell nicht, die Menschen mitzunehmen, sie seien überfordert.
Hoffnungen liegen auf der Jugendorganisation der Grünen
Die Grüne Jugend dagegen sei noch näher an der ursprünglichen DNA der Partei. Auch die Proteste von Fridays for Future lösen bei dem 74-Jährigen leuchtende Augen aus. "Diese jungen Leute geben mir Hoffnung", so Block. Er hofft, dass "sie sich durchsetzen und nicht vereinnahmen lassen."
Renate Rastätter: Ein Urgestein der Grünen in Karlsruhe seit 43 Jahren
Renate Rastätter sieht das anders. Sie brennt nach eigener Aussage immer noch genauso für die Partei wie vor 43 Jahren. Rastätter ist einige Wochen nach dem Gründungsparteitag 1980 beigetreten, war dann schnell im Kreisvorstand aktiv und hatte verschiedene politische Ämter. Sie war Abgeordnete im Landtag und sitzt noch bis zur nächsten Kommunalwahl 2024 für die Grünen im Karlsruher Gemeiderat.
Die aus ihrer Sicht fehlende Friedenspolitik und die atomare Aufrüstung waren die Gründe, weshalb die ehemalige Lehrerin damals zu den Grünen gekommen ist. Auch heute gilt für sie noch: "Wir sind durch und durch eine ökologische Partei. Wir stehen für die Zukunft und zukünftige Generationen."
Arbeit der Grünen in der Bundesregierung werde nicht gesehen
Die Grünen schlagen sich ihrer Meinung nach gut in der Bundesregierung. Leider komme das bei den Menschen aber nicht so an. Wegen der akuten Lage durch den russischen Angriff auf die Ukraine seien aber auch Fehler gemacht worden, beispielsweise beim Heizungsgesetz.
"Wir sind natürlich nicht mehr so spannend wie damals, aber wir tragen jetzt die Verantwortung für die Umsetzung der Ziele", so Rastätter. Die Partei habe sich dazu entschieden, keine außerparlamentarische Bewegung mehr zu sein. Dann müsse man an die Stelle kommen, an der die Entscheidungen getroffen werden.
Für Renate Rastätter steht fest: "Wenn ich bereit bin, Teil einer Regierung zu sein, dann muss ich Kompromisse schließen." Das tue die Partei.
Deswegen freut sich die Stadträtin, am Bundesparteitag die Prominenz der Partei und viele bekannte Gesichter wiederzusehen.