Regionalflughäfen im Vergleich

Flughafen Friedrichshafen will Kurzarbeit verlängern: Wie geht es weiter?

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Autor/in
Isabel Heine
SWR-Redakteurin Isabel Heine Autorin Bild

Der Bodensee-Airport kommt bisher nicht in die Gänge. Die Kurzarbeit soll verlängert werden. Der benachbarte Flughafen Memmingen dagegen boomt. Was sind die Gründe?

Der Flughafen Friedrichshafen befindet sich seit Jahren im Sinkflug. Eine Insolvenz in Eigenverwaltung ist abgeschlossen. Aber ein Großteil der 160 Mitarbeiter ist in Kurzarbeit, die über den Winter verlängert werden soll. Der Winterflugplan ist stark ausgedünnt im Vergleich zum Vorjahr. Gleichzeitig blicken Beobachter auf den 80 Kilometer entfernten Regionalflughafen im bayerischen Memmingen. Dort geht es seit Jahren bergauf. Dieses Jahr wird der Airport voraussichtlich einen neuen Rekord bei den Passagierzahlen mit mehr als drei Millionen verzeichnen.

Lage, Lage, Lage: Was den Standort ausmacht

Nach seinem Erfolgsrezept werde er oft gefragt, so der Geschäftsführer des Memmingen Airports, Ralf Schmid. In Memmingen kämen viele positive Faktoren zusammen. Man habe damals sehr sparsam die ehemalige Halle des Militärflughafens zum Terminal umgebaut. "Darin werden heute drei Millionen Passagiere im Jahr abgefertigt", berichtet er. Zudem locke das Allgäu Touristen an und es gebe eine hohe Kaufkraft in der Region. Der wichtigste Faktor sei aber die verkehrsgünstige Lage des Flughafens.

Es ist in erster Linie das attraktive Einzugsgebiet. Die neudeutsch Catchment Area. Hier wohnen über 11,3 Millionen Menschen in zwei Stunden Fahrtzeit um den Flughafen drumherum.

Memmingen ist gut angebunden. Liegt verkehrsgünstig am Autobahnnetz A96/A7. Große Städte wie Ulm, Stuttgart oder München sind nicht weit entfernt. Es kommen auch Fluggäste aus der Schweiz und Österreich angereist.

Der Flughafen Friedrichshafen dagegen ist schlechter ans Verkehrsnetz angebunden. Von einer Seite sei man abgeschnitten durch den Bodensee, erklärt Geschäftsführer Claus-Dieter Wehr. Außerdem liegen keine großen Städte in Umkreis. Aber auch in Friedrichshafen freue man sich, dass Gäste aus der Vierländerregion den Bodensee-Airport nutzen.

Memmingen setzt auf Billig-Flieger

Der Vergleich mit Memmingen überrasche ihn nicht, so Wehr. Es sei nachvollziehbar angesichts der Entwicklungen am Bodensee-Airport und den Rekordzahlen, die aus Memmingen kommuniziert würden. Aber der Vergleich sei schwierig. "Die Flughäfen fahren ganz unterschiedliche Konzepte. Memmingen setzt hauptsächlich auf Low-Cost." Friedrichshafen hatte bisher auch innerdeutsche Flüge im Programm. Memmingen nicht.

Zuletzt jedoch fiel am Bodensee-Airport die Lufthansa-Verbindung nach Frankfurt weg, weil die Airline Engpässe bei den Maschinen hat. "Das bekommen die kleinen Flughäfen wie Friedrichshafen sofort zu spüren", so Wehr. Ein herber Verlust. Memmingen kann beliebte Airlines wie Ryanair durch niedrige Gebühren bei sich halten. Aber das Geschäft mit den Billig-Airlines hat seinen Preis und ist nicht ohne Risiko. Zuletzt hat sich Ryanair aus zwei großen deutschen Städten zurückgezogen. Das habe viele Flughafenchefs in Deutschland nervös gemacht, sagt Ralf Schmid. Würde sich Ryanair aus Memmingen zurückziehen, wäre das hart, aber für den Flughafen verkraftbar.

Das sind knallharte Geschäftspartner. Die natürlich in erster Linie versuchen ihr Geschäft, ihre Rendite zu optimieren. Das ist legitim.

Landkreis steht zum Bodensee-Airport

Die beiden Regionalflughäfen sind unterschiedlich aufgebaut. Der Bodensee-Airport ist in öffentlicher Hand. Die Haupteigentümer sind die Stadt Friedrichshafen und der Bodenseekreis. Auch das Land ist beteiligt. Die aktuellen Herausforderungen in einzelnen Angebotssegmenten müssten betriebswirtschaftlich bearbeitet werden, teilt der Bodenseekreis dazu mit, um das Zukunftspotenzial des Airports für die Region zu erhalten.

Der Flughafen gehört zur Region und ist aus Sicht des Landkreises ein wichtiger Standortfaktor. Wir gehen davon aus, dass das sogar noch zunehmen wird, denn der Luftverkehr wird künftig an Bedeutung gewinnen.

Auch das Land steht zu seiner Beteiligung am Flughafen. Auch zukünftig bestehe die Bereitschaft der Landesregierung, den Flughafen auf fachlicher Ebene zu unterstützen, heißt es vom grün-geführten Verkehrsministerium.

Der Flughafen Memmingen steht wirtschaftlich seit seiner Gründung auf eigenen Beinen. Unternehmer aus der Region machten aus dem ehemaligen Militärflughafen einen Verkehrsflughafen. 2007 nahm der Flughafen den Linienflugverkehr auf. Der Flughafen Memmingen habe die Erwartungen übertroffen. Er habe sich deutlich besser entwickelt als ursprünglich angenommen, sagt Ralf Schmid, Geschäftsführer des Memmingen Airports. Vergangenes Jahr nutzten 2,8 Millionen Menschen den Flughafen.

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Wie geht es am Flughafen Friedrichshafen weiter?

In Friedrichshafen dagegen sinken die Passagierzahlen seit Jahren. Im vergangenen Jahr nutzten nur 315.000 Passagiere den Bodensee-Airport. 2013 waren es rund 540.000. Für die Zukunft setzt der Flughafenchef auf CO2-neutralen Flugverkehr.

Flugzeuge mit Elektrozellen- oder Brennstoffzellen-Antrieb werden in Flugzeuggrößen von neun bis 50 Sitzen entwickelt. Das sind die idealen Flugzeuge für solche kleineren regionalen Märkte.

Derzeit sei man im Gespräch, um innerdeutsche Flüge zurück ins Programm zu holen, so Wehr. Da gebe es eine Nachfrage aus der Wirtschaft. Er hoffe, dass solche Angebote von den Unternehmen dann auch genutzt würden. Ansonsten seien die Airlines schnell wieder weg. Grundsätzlich sei der Flughafen aus seiner Sicht sehr wichtig für die Region, die mit Bahn und Auto nicht gut angebunden sei.

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