Nur männliche Bewerber bei OB-Wahlen

Warum in Rathäusern am Bodensee wenig Frauen auf dem Chefsessel sitzen

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Corinna Scheller
SWR-Redakteurin Corinna Scheller Autorin Bild
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Stefanie Baumann
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Bei der Oberbürgermeisterwahl in Überlingen (Bodenseekreis) stehen ausschließlich Männer zur Wahl. Auch für die OB-Wahl in Friedrichshafen gab es keine Bewerberinnen. Die Laupheimer Politikwissenschaftlerin Dagmar Wirtz glaubt, die Gründe zu kennen.

Kein Geld für den teuren Wahlkampf, keine familienfreundlichen Arbeitszeiten - es gibt viele Gründe, warum nur wenige Frauen für das Amt der Bürgermeisterin oder Oberbürgermeisterin kandidieren. Dass bei der OB-Wahl in Friedrichshafen im September nur Männer antraten und sich auch in Überlingen nur Männer um den Chefsessel im Rathaus beworben haben, überrascht Politikwissenschaftlerin Dagmar Wirtz aus Laupheim (Kreis Biberach) nicht. Das sei bundesweit zu beobachten.

Bundesweit nur zehn Prozent weibliche Bürgermeisterinnen

Dagmar Wirtz hält Vorträge zum Thema "Frauen in der Kommunalpolitik" und berät politisch engagierte Frauen. "In Deutschland haben wir etwa zehn Prozent weibliche Bürgermeisterinnen, bei den Oberbürgermeisterinnen sind es noch weniger. Das ist ein bundesweites Phänomen", sagt sie. Das liege aber nicht daran, dass Frauen weniger qualifiziert seien oder sich den Job nicht zutrauen würden. Die Ursachen seien eher strukturell.

"Um einen Bürgermeisterposten bewerben sich meist Menschen, die eine Ausbildung im Verwaltungsbereich haben", so Wirtz. Und da würden inzwischen sogar mehr Frauen als Männer einen Abschluss machen. Aber ab einem gewissen Alter arbeiteten Frauen häufiger in Teilzeit. Für eine Vollzeitstelle - wie ein Bürgermeisteramt - sei der Pool der Bewerberinnen also deutlich kleiner als das Angebot an männlichen Bewerbern.

Bewerbung scheitert an Finanzierung des Wahlkampfs

Die Finanzierung des Wahlkampfs sei ein weiterer Grund dafür, dass weniger Frauen sich für ein politisches Amt bewerben würden, sagt Politikwissenschaftlerin Wirtz. Für die Kosten müssten die Kandidierenden größtenteils privat aufkommen. Wahlplakate, Flyer, Saalmieten für Informationsveranstaltungen: So ein Wahlkampf könne teuer sein.

Ein Wahlkampf kann teuer sein. Im Durchschnitt muss man mit einem mittleren fünfstelligen Betrag rechnen.

Diese finanziellen Ressourcen seien bei Frauen weniger vorhanden, weil diese tendenziell weniger eigenes Einkommen hätten. Der Antritt zu einer Wahl sei also auch ein finanzielles Risiko.

Kommunalpolitik in der Region von Männern dominiert

Die Kommunalpolitik in der Region Bodensee-Oberschwaben sei derzeit noch sehr männerdominiert, sagt auch Sonja Straub. Sie ist CDU-Stadträtin in Überlingen (Bodenseekreis) und engagiert sich unter anderem bei "B-o-R-a Frauenpolitik", einer Organisation politisch engagierter Frauen aus den Kreisen Bodensee und Ravensburg. Ziel der Initiative ist es, Frauen zu stärken und ihnen Mut zu machen, für Ämter in kommunalpolitischen Gremien – etwa in Kreis- oder Gemeinderäten – zu kandidieren. Manchen Frauen fehle der Mut und das Selbstvertrauen dafür.

"Es ist immer noch so, dass Frauen eher zu Hause bleiben, wenn ein Paar Kinder bekommt. Dann ist man ein paar Jahre raus aus dem Beruf und traut sich ein Amt in der Politik vielleicht nicht zu."

Die Initiative "B-o-R-a Frauenpolitik" habe in der Region schon viel erreicht, sagt die CDU-Stadträtin. Die Wahlen in Friedrichshafen und Überlingen würden aber auch zeigen, dass man noch viel zu tun habe. In die Zukunft blickt sie dennoch optimistisch: "So eine Familienmanagerin als Oberbürgermeisterin könnte ich mir sehr gut vorstellen, denn die weiß, wovon sie spricht und wie man mit Stress umgeht."

Einzige Oberbürgermeisterin: Claudia Alfons in Lindau

In den Städten der Region Bodensee-Oberschwaben gibt es mit Claudia Alfons derzeit nur eine Oberbürgermeisterin. Die 41-jährige Juristin ist seit 2020 Rathauschefin im bayerischen Lindau. In einem Interview Anfang des Jahres mit dem Deutschlandfunk sagte sie, sie könne Arbeit und Familie mit zwei kleinen Kindern gut vereinbaren, weil ihr Mann in Elternzeit sei und sich zu Hause um alles kümmere.

Wir leben das klassische Familienmodell - nur andersrum.

Dass Alfons ihre juristische Karriere einmal gegen den Chefsessel im Lindauer Rathaus tauschen würde, hätte sie selbst nie gedacht. Doch dann wurde sie von einem Lindauer Kommunalpolitiker gefragt, ob sie nicht für das Amt der Oberbürgermeisterin kandidieren wolle. "Ausschlaggebend für mich war: Ich kann nicht sagen, mir gefällt nicht, wer da in die Politik geht - und wenn ich dann selbst gefragt werde, ducke ich mich weg." Also trat sie an - und gewann die Wahl gegen eine weitere Frau und drei Männer.

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