Der TikTok Kanal des baden-württembergischen Finanzministeriums hat in der vergangenen Woche mit einem missglückten Witz zu Steuernachzahlungen für Aufregung gesorgt. Der Inhalt des nur knapp 20 Sekunden kurzen und inzwischen gelöschten Clips: Sonnenbrillen, Geldkoffer, Hip Hop-Musik und falsche Geldscheine - tanzende Ministeriumsmitarbeitende geben sich auf humoristische Weise als Geldeintreiber bei Steuernachzahlungen aus.
Viel Kritik an TikTok-Video des BW-Finanzministeriums
So wenig ernsthaft sollte ein Ministerium nicht auftreten, schrieben daraufhin manche. Der Steuerzahler werde verhöhnt und Steuergeld für solche Videos verschwendet, während man auf die Bearbeitung von Anträgen zu lange warten müsse, kommentierten andere. Auch AfD-Bundessprecherin Alice Weidel meldete sich zu Wort und legte BW-Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) direkt einen Rücktritt nahe.
Noch am Freitag löschte sein Ministerium das Video, postete stattdessen den Hinweis: "Wir haben ein Video gelöscht, das zurecht von vielen kritisiert wurde. Das Video war ein Fehler. Dafür entschuldigen wir uns." Und auch der Minister selbst sah sich genötigt, Stellung zum Video zu nehmen. Auf X, ehemals Twitter, schrieb er, es gebe "Aufregung um ein TikTok des Ministeriums, bei dem der Ton unangemessen war". Künftig werde man noch stärker darauf achten, dass die Kommunikation auch dem behördlichen Niveau entspreche, so Bayaz.
BW-Steuerzahlerbund: Ministerium hat sich mit Video verrannt
Die Kritik im Netz bleibt aber, spätestens seit Weidels Post dazu auf X. Laut BW-Finanzministerium werden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter deshalb nun sogar bedroht, auch unter anderen Videos des Kanals sammeln sich weiter Kommentare mit harscher Kritik. Denn: Das gelöschte Video war nicht das erste auf dem Kanal, in dem das Finanzministerium mit Ironie und Klischees spielt.
Beim Bund der Steuerzahler in Baden-Württemberg sieht man die Selbstdarstellung des Ministeriums auf TikTok ebenfalls kritisch. Auch wenn das Finanzministerium über solche Videos bei Social Media vermutlich junge Leute ansprechen wolle, habe es sich bei dem Steuer-Video verrannt, so der Landesvorsitzende Eike Möller gegenüber dem SWR. "Die Tonalität dieses Videos sorgt mich ein bisschen, denn die atmet ja nicht den Geist eines partnerschaftlichen Zusammenlebens zwischen den Steuerzahlern auf der einen Seite und der Finanzverwaltung auf der anderen Seite."
Stattdessen zeige ein solches Video eher ein "gewisses Machtgefälle zulasten derjenigen, die den Staat finanzieren", so Möller. Für schärfste Kritik oder gar persönliche Anfeindungen sei das Video aber kein Anlass.
Hasskommentare und persönliche Angriffe gegen Ministeriumsmitarbeitende
Die Verantwortlichen im Finanzministerium selbst können die Kritik nachvollziehen und sagen, das Video sei in die falsche Richtung gegangen. Was ihnen aber Sorge bereite, sei die Menge an Hasskommentaren, die ihnen in der Folge begegnet sei. Ministeriumssprecher Sebastian Engelmann berichtet gegenüber SWR Aktuell von persönlichen Beleidigungen gegen seine im Video sichtbare Kollegin, gegen sich, sogar von Drohungen.
Engelmann sagt auch: Er als Sprecher des Ministeriums habe ein breites Kreuz und könne die Kritik aushalten, wenn aber eine Kollegin mit Mitte 20 persönlich angegriffen werde, zeige das "ein Stück weit die Verrohung der Debatte". Sachliche Kritik halte man aus, teile sie ja sogar in Bezug auf das gelöschte Video, aber: "Hass ist keine sachliche Kritik."
Und trotzdem: Auch wenn die Hasskommentare den betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Finanzministeriums zugesetzt haben, wollen sie sich Humor auf dem Kanal nicht nehmen lassen. In einer angekündigten Pause wollen sie ihre TikTok-Strategie jetzt überarbeiten. "Wir sind sehr bewusst selbstironisch bei TikTok unterwegs", so Ministeriumssprecher Engelmann. Aber es sei eine Gratwanderung, bei der man auch mal daneben liege. Sicher ist er sich trotzdem: In Zukunft werde das Ministerium auf TikTok auch wieder richtig liegen.