Die FDP in Baden-Württemberg steht am Scheideweg. Laut Umfragen muss sie bei den anstehenden Wahlen sowohl um den Einzug in den Bundestag als auch in den Landtag bangen. Nur noch drei Prozent der Deutschen würden die Partei laut ARD Deutschlandtrend von Mitte Dezember wählen, wenn am Sonntag Bundestagswahl wäre. Von den Wählerinnen und Wählern in Baden-Württemberg bekäme die Partei laut BW-Trend immerhin fünf Prozent der Stimmen - für die Landtagswahl lautet die Prognose vier Prozent - keine rosigen Aussichten für eine Partei, deren Wählerschaft im Land bisher eigentlich immer als breit galt.
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Die Grünen legen im aktuellen BW-Trend wieder zu, die CDU bleibt vorn, die AfD auf Platz drei. Die SPD bleibt unverändert. Die FDP muss um den Einzug in den Landtag bangen.
FDP will Umfragewerten trotzen
Der designierte Parteichef im Land, Hans-Ulrich Rülke, gibt darauf allerdings wenig. Schon häufiger seien die Umfragen vor Wahlen schlecht gewesen - die Ergebnisse am Ende aber positiv. Ja, die Lage der FDP sei nicht ganz einfach, gibt der 63-Jährige bei einer Pressekonferenz am Freitag in Stuttgart zu. "Aber wenn ich durchs Land reise und mit Leuten spreche, was ich in Zuschriften gespiegelt bekomme, so ist die Wahrnehmung in der Bevölkerung besser als die Umfragen."
Rülke kann nach eigenen Angaben weder Unmut über den Kurs der Landes-FDP noch über das Personal in den eigenen Reihen erkennen. Am Sonntag will er sich auf dem traditionellen Parteitag in der Schwabenlandhalle in Fellbach (Rems-Murr-Kreis) offiziell zum neuen Landes-Chef wählen lassen. Seine Wahl gilt nur noch als Formsache.
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"Rülke kein Alleinherrscher, sondern Teamchef"
Damit hätte Rülke sowohl den Fraktionsvorsitz im Landtag inne als auch den Führungsposten der Landespartei. Anfang September hatte Michael Theurer sein Amt als Landesvorsitzer niedergelegt, weil er in den Vorstand der Bundesbank wechselte. Davor war er als Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium tätig. Seitdem lenkt der bisher stellvertretende Landesvorsitzende Rülke den Kurs der Landes-FDP. Die Generalsekretärin Judith Skudelny sieht in Rülkes künftiger Doppelrolle kein Problem.
Rülke geht davon aus, dass die FDP Ende Februar ein Wahlergebnis von über fünf Prozent erreicht und ihr damit der Einzug in den Bundestag gelingt. "Da wird es auf Baden-Württemberg ankommen, als Stammland der Liberalen. Wir müssen das Zugpferd der FDP sein." Immerhin hätten er und seine baden-württembergischen Parteikollegen bundesweit stets mit die besten Ergebnisse für die FDP eingefahren.
Bürokratie abbauen und Erleichterungen bei Einkommenssteuer
Mehr Wähler will die Partei für sich gewinnen, indem sie für eine radikale Wirtschaftswende wirbt. Sie sei das wichtigste Ziel für die Wahlkämpfe der Bundestags- und Landtagswahl, so Rülke. Auch der Leitantrag des Parteitags mit dem Titel "Wirtschaftswende jetzt!" soll hier den Schwerpunkt setzen. Dazu will die Partei Bürokratie abbauen, damit mehr Menschen effizienter arbeiten. "Wir müssen mit der Kettensäge an die Bürokratie", erklärt Generalsekretärin Skudelny.
Zudem wolle die Landes-FDP Erleichterungen bei der Einkommenssteuer schaffen und höhere Anreize für Menschen fordern, die mehr arbeiten wollen. "Es muss sich lohnen Überstunden zu machen", so Skudelny. Und: Energiepolitik müsse so betrieben werden, dass Deutschland europaweit nicht als teuerster Standort gelte.
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"FDP leidet nicht an Ampel-Aus, sondern an der Ampel"
Das Ampel-Aus habe der Partei zumindest hierzulande nicht geschadet. Kritik käme eher, warum die FDP die Ampel-Regierung in Berlin nicht schon früher verlassen habe, sagen Rülke und Skudelny im Einklang. "Die FDP leidet nicht an dem Ampel-Aus, sondern die FDP leidet weiterhin an der Ampel", so Rülke. Seit dem Bruch der Regierung Anfang November gehe es für die Liberalen im Land aber wieder bergauf. Mehr als 100 neue Mitglieder seien eingetreten - um die 25 ausgetreten.