Die FDP Baden-Württemberg hält eine Ampelkoalition mit Grünen und SPD nach der Landtagswahl im März 2026 für denkbar. Hans-Ulrich Rülke, FDP-Fraktionschef und designierter Landesvorsitzender, sagte im SWR-Videopodcast "Zur Sache! intensiv": "Ganz grundsätzlich kann ich sagen: Demokratische Parteien müssen, wenn es nicht anders geht, untereinander koalitionsfähig bleiben. Deshalb würde ich niemals sagen: Ich schließe das definitiv aus." Auf die Frage, ob er bereit sei, nach der Landtagswahl mit dem Grünen Cem Özdemir zu regieren, sagte Rülke: "Das ist unabhängig von Personen."
Rülke setzt auf Mehrheiten "jenseits von Herrn Özdemir"
Klar sei aber auch, dass ein Ampelbündnis nach dem Bruch der Koalition im Bund zunächst mal weit weg sei. "Also ich strebe nicht an, in Baden-Württemberg in eine Ampelkoalition einzutreten. Die Ampel ist mausetot. Erstmal", sagte Rülke in dem Videopodcast (Aufzeichnung 18.11.) "Ich glaube auch, dass es bei der nächsten Landtagswahl Mehrheiten jenseits von Herrn Özdemir geben wird."
Der 63-jährige FDP-Spitzenkandidat geht davon aus, dass er nach der Landtagswahl in Regierungsverantwortung kommt - "weil ich glaube, dass wir 2026 eine gewisse Chance haben werden für eine schwarz-gelbe Mehrheit und eine große Chance für eine Deutschland-Koalition." Letztere wäre ein Bündnis aus CDU, SPD und FDP.
Vor knapp zwei Wochen - kurz nach dem Ampel-Aus - hatte Rülke in der Sendung SWR Aktuell noch gesagt, Wählerinnen und Wähler sowie Medien wüssten, dass er alles andere als ein Ampel-Fan sei. "Mit den Erfahrungen, die wir jetzt in Berlin gemacht haben, kann ich ihnen versprechen: Unser Land BW ist zu schade für eine Ampel."
Schwarz-Gelb in BW nach Umfragen in weiter Ferne
Zurzeit regiert in Baden-Württemberg eine grün-schwarze Koalition unter Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Schon 2021 hatte Rülke mit Kretschmann und der SPD über ein Ampelbündnis verhandelt - am Ende zog der Grünen-Regierungschef aber eine Fortsetzung der Koalition mit der CDU vor. 2026 werden die Karten nach dem Abgang von Kretschmann neu gemischt. Derzeit liegt die CDU BW in Umfragen mit 34 Prozent weit vor den Grünen (18 Prozent). Da die FDP aber nur bei 5 Prozent taxiert wird, liegt ein schwarz-gelbes Bündnis momentan noch in weiter Ferne. Für eine Deutschlandkoalition sähe das schon anders aus. Mit der SPD kämen CDU und FDP locker auf eine Mehrheit (52 Prozent). Für ein Ampelbündnis würde es dagegen laut Umfragen nicht reichen.
Der voraussichtliche CDU-Spitzenkandidat Manuel Hagel hat sich noch nicht zu möglichen Koalitionen geäußert. Nach den derzeitigen Umfragezahlen könnte er mit den Grünen weiterregieren oder mit der SPD koalieren. Theoretisch denkbar wäre auch ein Zusammengehen mit der AfD, doch eine solche Zusammenarbeit schließt der CDU-Landes- und Fraktionschef aus.
Rülke zeigte sich erleichtert über das Aus für die Ampel in Berlin. "Diese Ampel hat mir körperliche Schmerzen bereitet." Er fühle sich "befreit". Wenn Kanzler Olaf Scholz (SPD) Finanzminister Christian Lindner (FDP) nicht entlassen hätte, wäre die FDP womöglich kurz danach aus der Koalition herausgegangen. Das hätte vom Ergebnis der Nacht im Kanzleramt abgehangen, erklärte Rülke, der auch Mitglied im Bundespräsidium der FDP ist. Nach übereinstimmenden Medienberichten soll sich die FDP akribisch auf das Ampel-Aus vorbereitet haben. SPD-Generalsekretär Matthias Miersch hatte nach deren Bekanntwerden dem ehemaligen Koalitionspartner gar "politischen Betrug" vorgeworfen. FDP-Chef Lindner dagegen konnte die Aufregung nicht nachvollziehen.
FDP-Politiker spottet über "Rumpelstilzchen-Auftritt" von Scholz
"Es gab ja das Lindner-Papier, und es gab das Scholz‘sche Ansinnen, die Schuldenbremse zu lösen. Und wenn man sich da nicht verständigt hätte, dann wäre diese Koalition vielleicht auch zu Ende gegangen ohne den Rumpelstilzchen-Auftritt von Olaf Scholz." Der Kanzler hatte vor zwei Wochen nach einer Krisensitzung der Ampel Lindner rausgeworfen und ihm danach öffentlich harte Vorwürfe gemacht. Seitdem regieren SPD und Grüne in einer Minderheitenregierung. Nun will Scholz am 16. Dezember die Vertrauensfrage stellen, um den Weg für Neuwahlen freizumachen. Am 23. Februar soll gewählt werden. In Umfragen liegt die Union von Kanzlerkandidat Friedrich Merz weit vorn.
Rülke sieht wirtschaftliche Entwicklung als Bruchstelle der Ampel
Der FDP-Politiker Rülke ist der Meinung, dass es für die Ampel keine Basis mehr gab. "Kompromissbereitschaft gehört zur Koalition dazu. Aber es ist natürlich schon auch notwendig, dass diese Kompromissbereitschaft zu Kompromissen führt, die tragen und die Ergebnisse der Ampel haben halt nicht getragen." Das sehe man an der wirtschaftlichen Entwicklung. Zwar sei die Ampel in manchen Bereichen besser als ihr Ruf gewesen, "etwa in der Gesellschaftspolitik, etwa in der Migrationspolitik, aber eben nicht in der Wirtschaftspolitik". Die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands sei im internationalen Vergleich immer schlechter geworden. "Und das ist etwas, was für uns als FDP nicht akzeptabel ist."