Franziska Brantner, Spitzenkandidatin der Grünen Baden-Württemberg für die Bundestagswahl, hat sich für die Schaffung eines eigenen Digitalministeriums ausgesprochen. Die 45-Jährige deutete an, dass sie das neue Bundesministerium bei einer grünen Regierungsbeteiligung gern selbst führen würde.
Im SWR-Videopodcast "Zur Sache! intensiv" spricht Brantner über:
- Die Digitalisierung in Deutschland und ein eigenes Ministerium dafür
- Die Herausforderung bezahlbarer Energiepreise
- Eine Investitionsprämie für Unternehmen
- Bezahlbares Leben in Deutschland
- Klimaschutz und Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen
- Warum sie sich für Wärmepumpen ausspricht
- Sanierung von Schulen, Kitas und Sportstätten
Auch Union will Ministerium für Digitales
Im SWR-Videopodcast "Zur Sache! intensiv" sagt die Grünen-Chefin auf die Frage, welches Amt sie gern übernehmen würde: "Ich bin gerade mit meinem Job ganz happy, aber ich glaube, in der nächsten Legislatur wird es wichtig, dass wir ein gutes Digitalministerium haben. Was richtig viel bei uns voranbringt."
Dazu gehöre eine Deutschland-App, über die Bürgerinnen und Bürger einen zentralen und einfachen Zugang zu allen Verwaltungsdienstleistungen von Bund, Ländern und Kommunen bekämen. Es gehe nicht an, dass Deutschland bei der Digitalisierung in Europa auf den hinteren Plätzen liege, sagte die Abgeordnete aus dem Wahlkreis Heidelberg.
Auch die Union ist für ein eigenes Digitalministerium. Derzeit gibt es zwar ein von der Ampel so genanntes Bundesministerium für Digitales und Verkehr, jedoch sind verschiedene Häuser dafür zuständig. Nach derzeitigen Umfragen könnten die Grünen nach der Bundestagswahl am 23. Februar höchstens mit der Union regieren - allerdings ist die CSU dagegen. Brantner sagte auf die Frage, welches ihre Lieblingskoalition wäre: "Eine, die gut miteinander umgeht, wo die Leute anständig zusammenarbeiten und wirklich das Land zusammen im Blick haben."
Brantner sieht Deutschland vor "sehr großer Herausforderung"
Angesichts der Wirtschaftskrise sieht Brantner das Land vor einer "sehr großen Herausforderung". Der Wohlstand sei auf billigem Gas aus Russland und dem großen Exportmarkt China aufgebaut gewesen. Hinzu komme: "Die USA haben unsere Verteidigungskosten de facto zum großen Teil übernommen." Diese finanziell vorteilhaften Bedingungen seien "alle hinfällig geworden". Der chinesische Markt schließe sich immer mehr für deutsche Produkte. "Gleichzeitig kommen sehr, sehr viele chinesische Produkte, teilweise auch subventioniert auf unseren Markt." Es gebe viel zu tun, um Schritt zu halten. "Es geht darum, dass es in Deutschland schneller geht, dass es einfacher wird, dass wir die Energie dauerhaft bezahlbar halten."
Grüne wollen Investitionsprämie für Unternehmen
Anders als die CDU wollen die Grünen keine Steuersenkungen für die Unternehmen, um die Wirtschaft anzukurbeln. Die Vorschläge der Union seien nicht gegenfinanziert, kritisierte Brantner. "Wir haben gesagt, wir machen einen Vorschlag, von dem wir wissen, dass es möglich ist." Wie der momentane Koalitionspartner SPD wollen die Grünen einen Investitionsprämie, bei der Unternehmen zehn Prozent jeder Investition von der Steuer abziehen können. "Das ist uns wichtig, dass auch wirklich gezielt wieder hier vor Ort in den Standort investiert wird und wir das steuerlich begünstigen." Die Kosten für die Prämie werden von Experten auf etwa 20 Milliarden Euro taxiert.
Das neue Grünen-Mantra: Leben muss bezahlbar sein
Für die Grünen steht in der Wirtschaftspolitik laut Brantner folgendes im Mittelpunkt: "Für die Bürgerinnen und Bürger geht es darum, dass das Leben bezahlbar ist." Die Politik müsse dafür sorgen, "dass wir eben dauerhaft Energie günstig halten". Allerdings hat Deutschland mit die höchsten Energiepreise in Europa. Um da gegenzusteuern, wollen die Grünen die Netzentgelte für Privathaushalte senken. Familien sollen bis zu 400 Euro weniger im Jahr zahlen. Brantner erläuterte zudem, das Deutschland-Ticket und die Mietpreisbremse müssten beibehalten werden.
Klimaschutz rangiert im grünen Wahlprogramm an Rang drei
Das grüne Kernthema Klimaschutz kommt im Wahlprogramm erst an dritter Stelle hinter Wirtschaft und Digitalisierung und wird auch eher im Zusammenhang mit der Modernisierung Deutschlands genannt. Brantner sieht ihre Partei auch nicht mehr als Partei der Transformation. "Ich benutze diesen Ausdruck gar nicht, weil er mir nicht gefällt." Sie betont: "Für mich ist Klimaschutz auch immer eine Frage von Sicherheit und Unabhängigkeit. Wie schaffen wir es, rauszukommen aus den fossilen Abhängigkeiten?"
Klimafreundlicher Umbau soll "nicht wehtun"
Nach den heftigen Diskussionen um das Heizungsgesetz aus Habecks Wirtschaftsministerium wollen die Grünen nun Entlastungen in den Vordergrund rücken. Sie treten für ein sozial gestaffeltes Klimageld ein, dass die steigenden CO2-Preise abfedern soll. Die Ökopartei will auch die Förderung für klimafreundliche Heizungen ausbauen. Brantner zeigt sich überzeugt: "Es muss nicht wehtun. Es soll nicht wehtun."
Sie warb für eine Öko-Heizung wie etwa die Wärmepumpe: "Wenn sie zum Beispiel eine Heizung haben, die bezahlbar ist, wo sie wissen, sie sind nicht von irgendeinem Despoten abhängig. Sie können sich dadurch immer das auch leisten, weil wir dadurch auch die Kosten mehr kontrollieren können. Dann ist es zwar eine neue Technologie, man muss sich daran gewöhnen, aber das tut ja per se nicht weh."
Grüne will nächster Generation kein "kaputtes Land" hinterlassen
Die Grünen wollen mit Hilfe neuer Schulden die bröckelnde Infrastruktur auf Vordermann bringen. "Es gibt Aufgaben in Deutschland, die über zu viele Jahre liegen geblieben sind." Dabei gehe es um die Sanierung von Sportstätten, Schulen, Kitas, Straßen, Brücken und Schienen. "Wenn wir hierfür nicht Kredite aufnehmen, dann wird diese Infrastruktur so marode, dass sie irgendwann komplett kaputt ist und man sie neu bauen muss." Wenn man nicht handele, hinterlasse man der nächsten Generation ein "kaputtes Land". Brantner will die Sanierung über ein schuldenfinanziertes Sondervermögen finanzieren, einen Deutschlandfonds.
Das Interview wurde am 21. Januar 2025 geführt.