Die Initiative "Brand New Bundestag" unterstützt progressive Kandidierende.

Zwei Kandidierende aus BW werden unterstützt

"Brand New Bundestag": Wie eine Initiative das EU-Parlament verändern will

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Hannah Vogel
Hannah Vogel ist Teil des Teams von "Zur Sache! Baden-Württemberg".
Vanessa Valkovic
Vanessa Valkovic

Ein brandneues EU-Parlament? Dafür setzt sich die Initiative "Brand New Bundestag" ein. Sie unterstützt progressive Politikerinnen und Politiker - darunter auch eine Grünen-Kandidatin aus Freiburg.

Es ist die Zeit der Staffelübergabe im Europaparlament. Wer zieht nach der Wahl ein? Und wer nicht? Diese Frage beschäftigt Samuel Brielmaier, der ursprünglich aus Neuhausen auf den Fildern (Kreis Esslingen) kommt, schon seit Monaten. Er ist Co-Geschäftsführer der Initiative "Brand New Bundestag" und will die Politik verändern. "Unsere Parlamente sind nicht repräsentativ für die Bevölkerung", sagt Brielmaier. Junge Personen, Menschen mit Migrationshintergrund und viele andere Gruppen seien nicht ausreichend vertreten.

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"Brand New Bundestag" unterstützt diese Menschen bei ihrer Kandidatur und - falls die Wahl gelingt - in ihrem Amt. Zuerst ging es dabei nur um die Bundestagswahl. Inzwischen ist die Initiative auch bei Landtagswahlen und nun bei der Europawahl aktiv. Brielmaier und sein Team haben dafür 100 Kandidierende ausgewählt, die sie unterstützen. Sie stammen aus zehn EU-Ländern und gehören unterschiedlichen Parteien an.

Der Baden-Württemberger Samuel Brielmaier ist in der Geschäftsführung der Initiative "Brand New Bundestag".
Samuel Brielmaier hat die Kandidierenden, die "Brand New Bundestag" unterstützt, mitausgewählt. Dafür gab es viele Kriterien und viele Vorgespräche.

Ziele der Initiative: Sichtbarkeit und ein überparteiliches Netzwerk

"Uns geht es immer um zwei Dinge", sagt Brielmaier. Man wolle den Kandidierenden dabei helfen, mehr wahrgenommen zu werden. Noch viel wichtiger sei aber, dass die Kandidierenden Zugang zu einem Netzwerk bekämen. "Das heißt, man tauscht sich über Parteigrenzen hinweg aus, geht Probleme pragmatisch an und hält sich nicht mit Wahlkampfrhetorik oder Polarisierung auf."

Aus BW sind zwei Kandidierende dabei

Aus Baden-Württemberg werden zwei Kandidierende unterstützt: Jan-Philipp Scheu (CDU) aus Grafenberg (Kreis Reutlingen) und Anna Peters (Grüne) aus Freiburg. Peters hat sich früh politisiert. "Mit 13 Jahren war ich auf meinen ersten Anti-AKW-Demos in Freiburg, weil es mich umgetrieben hat, dass hier Fessenheim um die Ecke ist", sagt sie. Damals sei sie eine der Jüngsten gewesen.

Umweltschutz ist Peters immer noch wichtig, inzwischen setzt sie sich aber auch für "feministische Finanzpolitik" ein. "Ich möchte beweisen, dass, wenn wir Geld gerechter in der Europäischen Union verteilen und wenn EU-Mittel wirklich bei den Menschen ankommen, dann auch EU-Politik besser und nahbarer ist", sagt sie.

Grünen-Europakandidatin Anna Peters (r.) beim Straßenwahlkampf in Freiburg.
Die Grünen-Europakandidatin Anna Peters (rechts im Bild) war vor zweieinhalb Wochen auf Straßenwahlkampf in Freiburg. Sie wollte mit jungen Menschen über Krisen und Finanzpolitik sprechen.

Grünen-Kandidatin für Politik "über Parteigrenzen hinweg"

Peters freut sich sehr, dass "Brand New Bundestag" sie unterstützt. Ein paar der anderen Kandidierenden kenne sie bereits, auf die anderen freue sie sich. "Ich bin davon überzeugt, dass wir Politik über Parteigrenzen hinweg machen müssen", sagt Peters. "Deswegen freue ich mich, dass wir dieses Netzwerk an jungen Leuten jetzt aufbauen." Demokratinnen und Demokraten müssten zusammenhalten.

"Brand New Bundestag" hat die Kandidierenden einer Partei bewusst von der Liste ausgeschlossen: die der AfD. Peters versteht das: Schließlich gebe es schwere Vorwürfe gegen die beiden AfD-Europawahlkandidaten, Maximilian Krah und Petr Bystron. "Das ist ganz klar, dass solche Leute nicht auf eine so progressive Liste gehören", sagt die Grünen-Kandidatin.

Landeszentrale für politische Bildung: Initiative setzt "ein Zeichen"

Für die Leiterin des Bereichs Jugend und Politik der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg, Angelika Barth, setzt "Brand New Bundestag" mit seiner Arbeit ein Zeichen. "Es ist richtig und wichtig auch mal abseits der eigenen Fraktion an Problemen zu arbeiten", sagt Barth. Zwar lasse sich nicht feststellen, wie groß der Einfluss der Initiative wirklich sei, das schmälere aber den Ansatz nicht.

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Dass "Brand New Bundestag" bewusst keine AfD-Kandidierenden unterstützt, hält Barth für "legitim". "Natürlich muss man sich auch anschauen, wie sich Einzelpersonen positionieren oder äußern", sagt die Mitarbeiterin der Landeszentrale für politische Bildung. Sie verweist aber auch darauf, dass die AfD durch den Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft wird.

"Brand New Bundestag" veröffentlich "Striesener Erklärung"

Während Anna Peters noch um ihren Platz im Parlament kämpft, hat ihn eine andere von "Brand New Bundestag" unterstützte Kandidierende schon sicher. Lena Werner sitzt seit 2021 für die SPD im Bundestag. Zuerst war sie selbst für die Initiative aktiv, dann kandidierte sie - und wurde gewählt. "'Brand New Bundestag' hat mir am Anfang sehr geholfen, Reichweite zu gewinnen", sagt sie rückblickend. "Ich hatte eine ganz andere Plattform, als wenn ich allein kandidiert hätte."

SPD-Bundestagsabgeordnete Lena Walter wurde von "Brand New Bundestag" bei ihrer Kandidatur unterstützt.
Die SPD-Bundestagsabgeordnete Lena Walter hat durch "Brand New Bundestag" eine größere Reichweite erreicht.

Mit Samuel Brielmaier und anderen der Initiative ist sie regelmäßig im Austausch - vor allem dann, wenn "gerade politisch irgendetwas konkret passiert". Nach dem Angriff auf den sächsischen SPD-Spitzenkandidaten bei der Europawahl, Matthias Ecke, veröffentlichte "Brand New Bundestag" auf seiner Website die sogenannte Striesener Erklärung. Sie sollte ein Zeichen gegen Angriffe und jegliche Gewalt gegen politisch Engagierte setzen. Rund 500 Politikerinnen und Politiker unterschrieben sie.

Initiative will sich bei Landtagswahlen in BW engagieren

Den Wahlabend will Samuel Brielmaier gemeinsam mit seinem Team verbringen. Sie treffen sich zu einer kleinen Party. "Wir werden mitfiebern, uns die Hochrechnungen anschauen und abgleichen, wer von unserer Liste schon drin ist im Europaparlament und wer noch zittern muss", sagt Brielmaier. Für ihn hört am Sonntag die Arbeit nicht auf. Nächstes Jahr ist Bundestagswahl, das Jahr danach Landtagswahl in Baden-Württemberg. Auch dort will "Brand New Bundestag" Politik-Neulinge unterstützen.

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