Parteitag in Rottweil

Die AfD in BW wählt einen neuen Landesvorstand - kommt es zur Machtprobe?

Stand
Autor/in
Filiz Kükrekol
SWR-Redakteurin Filiz Kükrekol aus der SWR-Redaktion Landespolitik

Die Landes-AfD wählt in Rottweil vorzeitig einen neuen Vorstand. Zuletzt war die Unzufriedenheit mit dem aktuellen Vorstand gewachsen. Schon länger tobt offenbar ein Machtkampf.

Es ist ein vorgezogener Parteitag mit einer vorgezogenen Wahl, der am Wochenende in Rottweil tagt. Anfang des Jahres hatten sich 22 der 37 AfD-Kreisvorstände in Baden-Württemberg zusammengetan und die Einberufung dieses Landesparteitags beantragt - mit dem Ziel, den Landesvorstand neu zu wählen.

Die Amtszeit des Landesvorstandes wäre allerdings ohnehin zum Juli ausgelaufen. Es gehe darum, vor den Europa- und Kommunalwahlen abgestimmt in den Wahlkampf zu gehen, teilten Emil Sänze und Markus Frohnmaier mit. Sie sind die Landessprecher in Baden-Württemberg, wie die Vorsitzenden bei der AfD heißen. Frohnmaier gilt außerdem als Vertrauter von Co-Bundeschefin Alice Weidel, die in Rottweil erwartet wird.

Was in den vergangenen Wochen immer wieder an die Presse durchgestochen wurde, deutete jedoch mehr an: In der AfD Baden-Württemberg tobt offenbar ein Machtkampf - nämlich zwischen Anhängern der beiden Bundestagsabgeordneten Dirk Spaniel und Alice Weidel, der Co-Parteichefin im Bund.

Querschüsse aus den Reihen des eigenen Landesvorstands

Eine "Gruppe der Sieben", wie sie Co-Landessprecher Frohnmaier nennt und die dem Bundestagsabgeordneten Dirk Spaniel nahestehen soll, versucht demnach vor dem Landesparteitag zwei Geschehnisse aus der Vergangenheit zu skandalisieren. Zum einen geht es um die Immobilen-Erbsache eines verstorbenen Mitglieds im Kreis Ludwigsburg. Außerdem ist da eine Spende in Verbindung mit einem Rechtsstreit, die unsachgemäß abgewickelt worden sei. Frohnmaier winkt ab. Das seien haltlose Vorwürfe, "mehr als fragwürdig", meint er.

Rottweil

Doppelspitze aus Frohnmaier und Sänze im Amt bestätigt Chaos-Parteitag der AfD: Weidel kritisiert "Sabotage" durch parteiinterne Gegner

In Rottweil lieferte sich die BW-AfD am Wochenende eine chaotische Veranstaltung. Alice Weidel kritisierte ihre parteiinternen Gegner danach scharf und warf ihnen "Parteischädigung" vor.

Außerdem führen die Kritiker einen Prozess vor dem Landesschiedsgericht gegen die beiden Landessprecher Frohnmaier und Sänze. Sie wollen durchsetzen, dass Personalentscheidungen für die Besetzung der Landesgeschäftsstelle rückgängig gemacht werden.

AfD-Spitze: Weidel-Anhänger sollen diffamiert werden

In allen Fällen gehe es aus Sicht der Landesspitze darum, Mandatsträger zu schwächen, die hinter der Co-Bundesvorsitzenden Alice Weidel stehen. Darunter der Bundestagsabgeordnete für Ludwigsburg, Martin Hess, und eben Markus Frohnmaier, Co-Vorsitzender der Landes-AfD.

Zur "Gruppe der Sieben" zählen die beiden Landessprecher unter anderem das Vorstandsmitglied Severin Köhler, Mitglied der Jungen Alternativen, die in Baden-Württemberg vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Zudem auch Taras Maygutiak aus dem Wahlkreis Offenburg, der im Landesvorstand zuständig ist für Kommunalpolitik. Sie und weitere fünf Mitglieder aus dem Vorstand seien Anhänger des Bundestagsabgeordneten Dirk Spaniel, Abgeordneter aus dem Wahlkreis Stuttgart I, so Sänze und Frohnmaier.

Dirk Spaniel
Der Stuttgarter Bundestagsabgeordnete der AfD, Dirk Spaniel

Spaniel war schon mal AfD-Landesvorsitzender in Baden-Württemberg und überlegt nun, ob er sich am Wochenende in Rottweil zur Wahl stellt, wie er dem SWR bestätigte. Es komme darauf an, ob die Mitglieder Veränderung wollten oder ob es weitergehen soll wie bisher, teilte Spaniel auf SWR-Anfrage mit.

Kritiker bemängeln Umgang innerhalb der AfD

Spaniel bemängelt "etliche Unregelmäßigkeiten", die intern aufgeklärt werden müssten. Das könne nicht durch beteiligte Personen geschehen. "Eigentlich eine Selbstverständlichkeit", findet Spaniel. Außerdem störe ihn der Umgang in der Landespartei, in der es "einen versöhnlichen, respektvollen Umgang auch miteinander geben" müsse - "gerade auch gegenüber Personen, die man persönlich nicht mag". Die Doppelspitze habe nicht zur Befriedung des Landesverbandes geführt, so Spaniel.

Aktuell hat die AfD eine Doppelspitze sowohl im Bund als auch im Land. Sänze und Frohnmaier wollen daran nichts ändern und für die BW-AfD erneut als Tandem antreten, Im Vorfeld des Parteitags betonten sie, dass in Baden-Württemberg eine Zweierspitze mit einem Mandatsträger aus dem Landtag - bisher Sänze - und einem Bundestagsabgeordneten - bisher Frohnmaier - die Verbindung zwischen Stuttgart und Berlin gut hinbekomme. Das würde die Landespartei im Bund gut positionieren.

Emil Sänze (l) und Markus Frohnmaier, die Landesvorsitzenden der AfD Baden-Württemberg, sprechen bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Journalisten.
Die bisherige Doppelspitze der AfD Baden-Württemberg, Emil Sänze und Markus Frohnmaier

Amtierende AfD-Landessprecher treten erneut an

Die Landessprecher Sänze und Frohnmaier werden sich nicht nur wieder zur Wahl stellen, sondern erklärtermaßen auch weiter hinter Alice Weidel stehen. Dabei verweisen sie auf die wachsende Zahl an Parteieintritten: Der Landesverband verzeichnet nach eigenen Angaben einen Zustrom an Neumitgliedern. Das sei ein Plus von 25 Prozent und stimme zuversichtlich, dass noch in diesem Jahr 6.000 Mitglieder bei der AfD Baden-Württemberg organisiert sein könnten, so die Erwartung in der Partei. Und die Neumitglieder würden nicht etwa wegen der beiden Landesvorsitzenden kommen, sondern wegen Weidel, heißt es weiter. Gemeinsam mit dem Co-Vorsitzenden Tino Chrupalla sei sie entscheidend dafür verantwortlich, dass die AfD heute so gut dastehe, deshalb stehe es für sie außer Frage, dass sie sie unterstützen, so Sänze und Frohnmaier einhellig.

Dirk Spaniel wird zwar seit Jahren nachgesagt, leidenschaftlicher Widersacher von Alice Weidel zu sein. Dem SWR teilte er aber mit, Weidel sei als Fraktions- und Parteivorsitzende das Gesicht der Partei. Es freue ihn, dass das der Partei viele neue Mitglieder beschere.

Weitere Themen des AfD-Parteitags in Rottweil

Neben der Vorstandswahl möchte sich die Partei mit weiteren Themen auseinandersetzen. Wie so oft bei Parteitagen der AfD steht der Ausschluss der öffentlich-rechtlichen Journalistinnen und Journalisten zur Debatte.

Ein Antrag auf Verbot des Versprühens von Chemikalien über Baden-Württemberg, sogenannter Chemtrails, stand ursprünglich auf der Tagesordnung. Verschwörungserzählerinnen und -erzähler sind sich noch nicht einig, ob "Chemtrails" aus ihrer Sicht eine gezielte Reduktion der Bevölkerung herbeiführen werden oder zu militärischen Zwecken eingesetzt werden. Bekanntlich handelt es sich bei dem Phänomen um Kondensstreifen von Flugzeugen. Der Antrag wurde nach Absprache des Vorstands mit dem Antragsteller aber wieder zurückgezogen.

Breiter Protest angekündigt - Demo und Gegendemo

Seit Wochen formiert sich in Rottweil Protest gegen den Landesparteitag der AfD. So sind am Wochenende Kundgebungen des Bündnisses "Rottweil bleibt bunt und vielseitig" angemeldet. Erwartet werden bis zu 2.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer.

Außerdem soll es eine Gegendemo zur Demonstration gegen den Parteitag geben. Angekündigt ist ein Fahrzeugkorso und eine Kundgebung "Gegen Diskriminierung, Hass und Hetze, gegen die Zerstörung des Handwerks, der Bauern, des Mittelstandes, der Industrie, Politik zum Wohle des Volkes". Hier rechnet die Polizei mit 50 Teilnehmenden.

Nach den Ausschreitungen, die in Biberach zum Abbruch des politischen Aschermittwochs der Grünen geführt hatte, hat Innenminister Thomas Strobl (CDU) diese Woche angekündigt, künftig das Polizeiaufgebot bei politischen Veranstaltungen aufstocken zu wollen.

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