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Max Weber – Politik als Beruf

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Autor/in
Matthias Kußmann
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Candy Sauer

Für den Soziologen Max Weber (1864 - 1920) sind Leidenschaft, Verantwortungsgefühl und Augenmaß die wichtigsten Qualitäten eines guten Politikers. Welche Rolle spielt sein Denken heute?

Kindheit und Jugend: strenger Vater, überbehütende Mutter

Max Weber wird am 21. April 1864 in Erfurt geboren, bald zieht die großbürgerliche Familie nach Berlin. Der Vater ist ein nationalliberaler Politiker. Ein Patriarch, der keinen Widerspruch duldet, und zugleich ein Hedonist. Die Mutter ist pietistisch geprägt, gebildet und engagiert sich für arme Menschen. Der Junge spürt die Konflikte der Eltern, ist oft krank und flüchtet sich in Lektüren. Schon als Schüler liest er Nietzsche und Kant.

Max Weber (links) 1878 mit seinen Brüdern Alfred und Karl
Max Weber (links) 1878 mit seinen Brüdern Alfred und Karl

Nur seiner Mutter ist er nah, die ihn aber überbehütet und jeden seiner Schritte überwacht, selbst als er erwachsen ist. Weber studiert Jura, Geschichte, Nationalökonomie und Philosophie in Berlin, Göttingen und Heidelberg. 1889 wird er Doktor der Rechtswissenschaft.

Max Webers Mutter Helene, Foto 1860
Max Webers Mutter Helene, Foto 1860

Gefährten-Ehe: ohne Erotik, aber mit intellektuellem Austausch

Er heiratet seine Cousine Marianne Weber (1870 - 1954), eine starke Persönlichkeit, die in der Frauenrechtsbewegung aktiv war. Es ist eine Gefährten-Ehe ohne erotische Anziehung, wichtig ist das intellektuelle Gespräch.

Max Weber macht schnell akademische Karriere. Schon mit 29 wird er auf einen Lehrstuhl für Nationalökonomie an die Uni Freiburg berufen, später nach Heidelberg. Dann kommt der Bruch, der sein Leben verändert.

Phase der Depression – und des erotischen wie künstlerischen Erwachens

Webers Verhältnis zu seinem patriarchalischen Vater war immer schwierig. Nach einem heftigen Streit der beiden stirbt der Vater im Sommer 1897. Darüber gerät der Sohn in eine jahrelange Depression, die nur ab und zu von guten Phasen unterbrochen wird. Weber muss seine akademische Laufbahn aufgeben. Da seine Frau wohlhabend ist, kann er als Privatier leben. Hat er eine gute Phase, gehen sie auf Reisen.

Im Tessin leben damals alternative Reformer, Künstler und Schriftsteller. Ihr offenes Leben beeindruckt den sachlichen Weber, der selbst anfängt, sich künstlerisch und erotisch zu öffnen.

Max Webers politisches Engagement nach dem Ersten Weltkrieg

1904 geht er in die USA, wo vor allem protestantische Unternehmer den Kapitalismus prägen, und erkennt den Einfluss von Religion auf die Wirtschaft. Sein Buch „Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus“ wird später ein Klassiker der Soziologie. Wenn es die Krankheit zulässt, befasst er sich mit verschiedensten Themen wie Politik, Bürokratie, Wissenschaft, Religion oder Herrschaftsformen.

Nach Kriegsende 1918 arbeitet Weber an der Weimarer Reichsverfassung mit und will selbst Politiker werden. Er kandidiert für die liberale „Deutsche demokratische Partei“ (DDP) für den Reichstag – und scheitert. Als Münchner Studenten fragen, ob er einen Vortrag über Politik als Beruf halten will, winkt er ab. Als er jedoch hört, dass statt seiner Kurt Eisner angefragt werden soll, den er nicht leiden kann und den er für einen „linken Spinner“ hält, übernimmt er die Aufgabe.

Plakat und Kurt Eisner (Collage): Eisner war Anführer der Novemberrevolution von 1918 in München
Kurt Eisner (1867 - 1919) war Anführer der Novemberrevolution von 1918 in München und ab dem 8. November 1918 bis zu seiner Ermordung der erste Ministerpräsident des Freistaats Bayern. Max Weber hielt Eisner für einen "linken Spinner".

Machtinstinkt: Grundausstattung für Politiker

Weber tritt für die neu aufzubauende parlamentarische Demokratie ein. Dafür wirbt er im Vortrag „Politik als Beruf“, den er dann für die Buchform erweitert. Gleich eingangs stellt er fest, dass Politik mit Macht zu tun hat. In jedem Staat gibt es Herrscher und Beherrschte. Und ein Staat funktioniert nur, wenn sich die Beherrschten den Herrschern fügen. Machtinstinkt, der heute manchmal negativ gesehen wird, gehört für Weber zur Grundausstattung eines Politikers. Wichtig ist nur, wie man damit umgeht.

Einem guten Politiker geht es für Weber nicht um Geld – im besten Fall ist er materiell abgesichert und hat keine finanziellen Interessen bei seiner Arbeit. Er lebt leidenschaftlich für seine politische Sache. Das bedeutet allerdings nicht, große Gefühle in die Politik zu tragen oder blind moralischen Idealen zu folgen. Schiere Gesinnungsethiker und die Revolutionäre um 1918/19 nennt Weber Banausen oder Windbeutel. Dagegen fordert Weber paradoxerweise Leidenschaft im Sinn von Sachlichkeit: Hingabe an eine „Sache“.

Charisma – wünschenswert in führenden Positionen

In führenden Positionen wünscht sich Weber Menschen, die „Charisma“ haben. Das ist neben Gesinnungs- und Verantwortungsethik ein weiterer Begriff, den er in die politische Theorie einführt. Charismatische Persönlichkeiten haben eine besondere Ausstrahlung, die Menschen mitreißen kann. In der Politik gibt es heute leider nur wenige, die Zeiten von Willy Brandt oder Franz Josef Strauß sind vorbei.

Im Herbst 1919 übernimmt Weber nach langer Pause einen Lehrstuhl für Gesellschaftswissenschaft, Wirtschaftsgeschichte und Nationalökonomie in München. Doch schon am 14. Juni 1920 stirbt er mit 56 Jahren an einer Lungenentzündung.

Max Weber: Mitbegründer der Soziologie

Zu Lebzeiten ist Max Weber ein angesehener Wissenschaftler. Durch seine Frau wird er berühmt und gilt heute als Mitbegründer der Soziologie: Sie gibt seine Werke heraus und begründet damit Webers Ruhm.

Weber prägt die moderne Wissenschaft auch mit der Forderung nach „Werturteilsfreiheit“. Zu seiner Zeit ist es üblich, dass Professoren ihr Thema aus persönlicher Sicht vortragen, ohne andere Positionen zu erwähnen. Weber fordert, dass Wissenschaft nicht bewertet, sondern möglichst objektiv darstellt: rational, faktenbasiert und abwägend. Heute ist Max Weber einer der bekanntesten und am meisten zitierten Sozialwissenschaftler.

"Nur wer sicher ist, dass er daran nicht zerbricht, wenn die Welt, von seinem Standpunkt aus gesehen, zu dumm oder zu gemein ist für das, was er ihr bieten will – dass er all dem gegenüber „dennoch!“ zu sagen vermag: Nur der hat den „Beruf“ zur Politik."

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