Wenn man einem späteren Interview glauben darf, musste William Grant Still während seiner Zeit bei der Marine nie das Deck schrubben, weil er Geige spielen konnte.
„Wer Geige spielt, muss nicht putzen“
Der Komponist William Grant Still hatte im ersten Weltkrieg als einfacher Matrose auf Kriegsschiffen der US-Armee gedient. Während andere niedere Dienstgrade zu schweißtreibenden Diensten abkommandiert wurden, konnte er auf seiner Violine für die Offiziere fiedeln.
Autodidakt und musikalischer Pionier
William Grant Still war 1936 der erste schwarze Amerikaner, der ein amerikanisches Symphonieorchester dirigiert, das Los Angeles Philharmonic. Still stammte aus Woodville, Mississipi, im amerikanischen Süden, der sich zur Zeit seiner Geburt noch fest im Griff der zynisch sogenannten Rassentrennung befand.
Für einen afroamerikanischen Jungen war es beinahe unmöglich, in der traditionell vom weißen Bürgertum dominierten Orchesterwelt Karriere zu machen. Zudem wuchs William Grant Still als Halbwaise auf. Sein Vater starb, als der Sohn ein paar Monate alt war. Seine Mutter zog mit dem Jungen nach Arkansas, und hier brachte ihn der neue Stiefvater mit klassischen Schallplatten in Berührung.
William Grants Musikleidenschaft war grenzenlos, mit Beginn der Pubertät brachte er sich gleich mehrere Instrumente mehr oder minder im Selbststudium bei. Als er später dann über ein Stipendienprogramm Medizin studieren konnte, nutzte er die Zeit an der Universität gleich, um das Studierendenorchester zu dirigieren.
Erfolg gegen Rassismus
Still spielte in Bands in Harlem und begann, eigene Stücke zu arrangieren und zu komponieren. 1935 feierte seine Afro-American Symphony Premiere, was sie zum ersten Werk eines Schwarzen Komponisten machte, das von einem führenden US-Orchester erfolgreich aufgeführt wurde.
Seine Oper „Troubled Island“ war ein Publikumserfolg bei der Premiere, obwohl mehrere Kritiker sich offenkundig verabredet hatten, das Werk in der Presse in Grund und Boden zu schreiben. Trotz der ständigen Aufführung seines Stücks „Song of a City" bei der New Yorker Weltausstellung 1939 konnte er das Gelände oft nur unter Polizeischutz betreten, da er aufgrund seiner Hautfarbe Angriffen von Rassisten ausgesetzt war.
Still bewies außergewöhnliche Widerstandsfähigkeit. Als er 1978 im Alter von 83 Jahren verstarb, hinterließ er ein umfangreiches Werk, das nahezu alle klassischen und modernen Genres umspannte.
3 Bilder, 3 Temperamente
Die „Lyric string quartets – Musical portraits of three friends“ sind Musik aus den 1960er Jahren. Gerade erst war für ganz Amerika institutionalisierter Rassismus für verfassungswidrig erklärt worden. Still zeichnet in der intimen Form der Kammermusik hier in drei Sätzen drei Typen menschlicher Temperiertheit: zuletzt den Jovialen, davor den Ruhigen, und ganz am Anfang den Sentimentalen.
Dover Quartet
Das nach Samuel Barbers Komposition Dover Beach benannte Quartett ist eine der bemerkenswertesten jungen Formationen unserer Tage. Die Musiker, die sich bereits mit 19 Jahren zusammenschlossen, gewannen 2010 den Fischoff Wettbewerb, wurden beim Internationalen Wettbewerb der Wigmore Hall in London ausgezeichnet und konnten 2013 den Internationalen Wettbewerb im kanadischen Banff für sich entscheiden.
Alle Mitglieder des Quartetts sind ebenfalls gefragte Solisten und konzertierten bereits mit renommierten Orchestern wie dem Philadelphia Orchestra, Tokyo Philharmonic, Kansas City Symphony und BBC Concert Orchestra.