Wolfgang Amadeus Mozart hat 18 Klaviersonaten hinterlassen – so legen es zumindest die meisten der heutigen Notenausgaben dar. Aber sind das wirklich alle? Robert Levin hat sich diese Werke vorgenommen und sie an einem besonderen Instrument eingespielt – an Mozarts eigenem Flügel, der heute im Besitz der Stiftung Mozarteum ist. Es ist die erste Gesamtaufnahme der Mozart-Sonaten an diesem Flügel.
Zeitreise ins späte 18. Jahrhundert
Ein fein geäderter, fast silbrig-perlmuttartiger Klang und eine klare Balance der einzelnen Stimmen – so versetzt einen dieser historische Flügel ins späte 18. Jahrhundert, in die Zeit, als Wolfgang Amadeus Mozart seine Klaviersonaten komponiert hat.
Am Beginn seiner Wiener Zeit, vermutlich im Jahr 1782, hat Mozart dieses Fortepiano von Anton Gabriel Walter erworben: 223 cm lang, mit einem Umfang von 5 Oktaven (bei heutigen Flügeln sind es 8 ½), ohne Pedale, aber mit Handhebeln zur Klangdämpfung. Natürlich ist das Instrument nicht mehr im Originalzustand, dennoch liefert es einen relativ authentischen Eindruck, wie es schon unter Mozarts Fingern geklungen haben mag.
Levins Mozart-Großprojekt No. 2
Robert Levin, der amerikanische Pianist und Wissenschaftler, ist mit dem Kosmos Mozart seit vielen Jahren vertraut, nicht nur wegen mehrerer Einspielungen, sondern unter anderem auch wegen seines Versuchs, das „Requiem“ zu vervollständigen.
Jetzt wagt er eine Gesamteinspielung aller Mozart-Sonaten – und einiger Fragmente als Zugabe, die mit den Sonaten in Zusammenhang stehen und die Levin textkritisch vervollständigt hat. Robert Levin lässt in dieser Aufnahme keinen Zweifel aufkommen, wie vertraut er mit Mozarts Sprache ist. Davon zeugt die kluge Wahl der Tempi, seine natürliche Artikulation und vor allem der stilsichere Umgang mit eigenen Verzierungen in den Wiederholungen.
Punktgenauer Gestus
Man könnte diese neue Aufnahme nun mit der von Ronald Brautigam oder mit der Maßstab-setzenden Einspielung von Kristian Bezuidenhout aus den frühen 2010er Jahren vergleichen und würde feststellen: ganz so risikofreudig, so radikal virtuos und so opern-nah geht Levin hier nicht vor. Bei ihm bewegt sich das Ausdrucksspektrum in geringfügig engeren Bahnen.
Der Beginn dieser c-Moll-Sonate zeigt aber, dass das nicht langweilig klingen muss. Robert Levin erzählt keinesfalls eintönig oder gleichförmig, sondern erfasst den dramatischen Gestus dieser Musik punktgenau. Fanfarenartiger Beginn, melancholisch changierende Harmonien, und entschlosse Wechselrede zwischen hoher und tiefer Lage. Ein Mozart, der pulsiert und aufs Vitalste vom Leben in all seinen Schattierungen erzählt.
Mozarts Sprache auf Mozarts Flügel
Robert Levin ist ein Ortskundiger, dem man sich sorgenfrei, ja sogar mit Begeisterung anvertrauen kann. Mit subtilem Anschlag und einem genauen Gespür – sowohl für die Werke als auch für den historischen Flügel Mozarts – gelingt ihm eine schlüssige Gesamt-Darstellung, voller Witz und auch voller Feinsinn für Mozarts Eintrübungen. Er findet für Mozarts Sprache den richtigen Atem und immer wieder die treffenden Ausdrucksmittel. Wann hat man den berühmten „Türkischen Marsch“ schon einmal gleichzeitig so streng, so scharf pointiert und gleichzeitig so hell und orchestral gehört wie hier?
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