Welche Rolle spielt 1989 eigentlich genau in der deutschen Demokratiegeschichte und was hat das mit heute zu tun? Christina Morina stellt diese Fragen und offenbart in "Tausend Aufbrüche" ein differenziertes Bild der Ost-West-Debatte. Sie untersuchte Briefe, Petitionen und Flugblätter ganz normaler Bürger:innen in Ost und West seit den 1980er Jahren. Daraus geht hervor, wie wichtig es vielen Menschen war, eine mündige Bürgerin oder ein mündiger Bürger zu sein. Christina Morina warnt vor den Pauschalierungen, in denen seit Jahren diskutiert wird. "Es gibt inzwischen eine Diskursindustrie, die von der Ossi-Wessi-Zuspitzung sehr gut lebt", so die Historikerin. "Die Realität ist vielfältiger: Die Perspektive auf Ostdeutschland ist nicht mehr so dominant westdeutsch wie noch vor einigen Jahren und gerade in den Institutionen der Bundespolitik sind Ostdeutsche leicht überrepräsentiert. Wir sollten endlich andere Fragen stellen – etwa, welche Verantwortung auch den Ostdeutschen zufällt, insbesondere denen in Führungspositionen." Christina Morina ist Professorin für Allgemeine Geschichte an der Universität Bielefeld. Sie forscht zur politischen Kultur in Ost- und Westdeutschland.
Moderation: Nicole Köster
People Are People SWR1 Leute
Zwei Stunden Zeit für ein Gespräch mit Menschen, die im Mittelpunkt stehen, die Herausragendes leisten oder einfach eine spannende Lebensgeschichte haben.