Mitarbeiterin eines Seniorenhauses unterstützt eine Bewohnerin beim Gehen.

SWR1 Sonntagmorgen

Steigende Pflegekosten – Wie kann man den Trend stoppen?

Stand
Autor/in
Utku Pazarkaya
Porträt Utku Pazarkaya

Pflegeplätze in Heimen werden immer teurer. Maria Loheide von der Diakonie Deutschland fordert daher, die Pflegeversicherung von versicherungsfremden Leistungen zu befreien.

Ein stationärer Platz in einem Pflegeheim kostet im ersten Jahr im Schnitt 2.871 Euro an Eigenanteilen. Das ergab eine Auswertung des Verbands der Ersatzkassen (vdek). Das seien 211 Euro mehr als noch im Sommer vor einem Jahr zuvor.

Maria Loheide ist Sozialvorständin der Diakonie Deutschland. Im SWR-Interview kritisiert sie die Entwicklung beim Eigenanteil. Die Diakonie stelle sich eine Pflegeversicherung vor, die die wesentlichen Pflegekosten abdecke (abgesehen von Unterkunft und Verpflegung in einer Einrichtung). Der Eigenanteil müsse berechenbar bleiben. "Damit die Pflegebedürftigen nicht die Situation haben, dass das Jahr für Jahr teurer wird und sie das dann irgendwann nicht mehr zahlen können."

Audio herunterladen (8,2 MB | MP3)

"Die Pflegeversicherung müsste von den versicherungsfremden Leistungen entschlackt werden."

Loheide betont, dass aus der Pflegeversicherung Leistungen finanziert würden, die dort nicht hineingehörten, zum Beispiel Investitionskosten. Diese Kosten müssten eigentlich von den Ländern getragen werden, sagt Loheide und nennt ein weiteres Beispiel: So würden aus der Pflegeversicherung auch die Ausbildungskosten mitfinanziert. Dies gehöre ebenfalls nicht dort hinein. "Das heißt, die Pflegeversicherung müsste von den versicherungsfremden Leistungen entschlackt werden", fordert Loheide. "Und wir kommen nicht daran vorbei, dass wir auch einen Steuerzuschuss für die Pflegeversicherung brauchen."

Unterstützung und Entlastung für pflegende Angehörige

Maria Loheide fordert mit Blick auf pflegenden Angehörigen mehr Angebote in der ambulanten und teilstationären Pflege. Die Tagespflege müsse dabei bezahlbar sein. "Auch da ist es heute schon so, dass die Tagespflege so teuer ist, dass Angehörige sich genau überlegen, ob sie ihre pflegebedürftigen Angehörigen zwei, drei oder vier Tage in die Tagespflege bringen können. Ob sie sich das noch leisten können."

Audio herunterladen (2,6 MB | MP3)

Loheide betont die Bedeutung der Tages- und Kurzzeitpflege. Alle Menschen, die pflegten seien enorm belastet. "Das heißt auch die brauchen mal eine Auszeit," erklärt Loheide. Sie fordert daher ein flexibleres Pflegesystem.

Erfahrungen aus Finnland

Die Sozialvorständin der Diakonie berichtet, dass sie vor Kurzem in Finnland war. Dort habe sie erlebt, dass der Staat sich für pflegebedürftige Menschen ganz anders verantwortlich fühle. "Da wird erstmal gar nicht davon ausgegangen, dass zwingend immer eine Angehörige oder ein Zugehöriger da ist, der die Pflege übernimmt." Vielmehr sei es in Finnland selbstverständlicher, dass der Staat tatsächlich die Pflege für pflegebedürftige Menschen sicherstelle. "Das hat mich ein bisschen beeindruckt", sagt Loheide. In Deutschland sei man hingegen im hohen Maße darauf angewiesen, dass auch zukünftig An- und Zugehörige pflegebedürftige Menschen betreuten und pflegten.

Moderator Hans Michael Ehl

Moderator am Sonntagmorgen Hans Michael Ehl

Moderator am Sonntagmorgen