Der Standpunkt in unserer Sendung

Religion und Politik in den USA. Von Ulrich Pick

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Autor/in
Pick, Ulrich

In der US-Politik wird öfters auf Gott und Religion Bezug genommen. In Deutschland sind solche religiösen Bezüge sehr befremdlich und unpassend.

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Ich bin froh, in Deutschland zu leben und nicht in den USA. Denn Religion spielt in der dortigen Politik seit einigen Jahren eine immer unheiligere Rolle. Nicht nur, dass bibeltreue Christen im Namen ihres Glaubens für Politiker werben. Auch das Vokabular ist in diesem Zusammenhang zunehmend religiöser geworden. So wurde beispielsweise Hillary Clinton bereits im Wahlkampf 2016 von einem republikanischen Politiker als "Anti-Christ" bezeichnet, und Donald Trump wird bis heute von gewissen Anhängern ein "Erlöser" genannt – ganz zu schweigen davon, dass Urnengänge in apokalyptischer Manier zum Kampf des Guten gegen das Böse stilisiert werden.

Auch wenn ich bekennender Katholik bin – so viel Religion in der Politik befremdet mich doch sehr. Zumal die fromme, ja oft bigotte Wortwahl in diesen Tagen noch greller geworden ist. Denn nach dem fürchterlichen und glücklicherweise misslungenen Attentat auf ihn, schrieb Donald Trump auf seinem Online-Kanal, dass "Gott allein" es gewesen sei, der den Schuss abgelenkt und ihn somit vor dem Tod errettet habe. Welch eine Anmaßung! Und welch ein Missbrauch von Religion!

Wenn es etwas gibt, worin sich wahrscheinlich fast alle Religionen einig sind, dann ist es die Auffassung, dass Gott unergründbar ist. Nicht nur wir Christen bezeichnen ihn als "das Geheimnis der Welt". Mit anderen Worten: Zwischen allem, was auf dem Globus passiert und dem was Gott damit offensichtlich beabsichtigt, klafft eine Lücke. Eine Lücke der Unkenntnis und Ahnungslosigkeit. Und sie gilt es – wenn man denn gläubig ist – zu respektieren.

Gerade deshalb sind die Worte des ehemaligen US-Präsidenten so fürchterlich und vermessen. Denn, mal ehrlich: Hätte man den Hinweis auf Gottes Handeln beim Attentat in Pennsylvania auch bemüht, wenn Trump durch die Kugel getötet worden wäre?

Kurzum: Ich bin froh, dass ich in einem Land lebe, das ziemlich säkular ist und in dem Religion weitgehend aus der Politik herausgehalten wird. Und ich hoffe, dass das in Zukunft auch so bleibt.

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Autor/in
Pick, Ulrich