Früher war der Kellner im Bistro oder der Gaststätte um die Ecke der klassische Schüler- oder Studentenjob . Heutzutage fehlt es an allen Ecken und Enden im Gastgewerbe. Wir haben den rheinland-pfälzischen DEHOGA-Präsidenten Gereon Haumann gefragt, wo der Fachkräftemangel herkommt und wie das Problem gelöst werden könnte.
SWR1: Die Ausrede "Das sind noch Auswirkungen der Pandemie" gilt langsam nicht mehr. Warum will keiner den Job machen und bedienen?
Gereon Haumann: Ich glaube, das stimmt nicht so ganz. Ich denke, wir haben in den letzten Jahren unsere Hausaufgaben als Arbeitgeber gemacht und wir finden immer mehr Menschen, die zurück in die Branche kommen! Und wir haben vor allen Dingen einen Zuwachs an jungen Menschen, die eine Ausbildung im Gastgewerbe machen wollen.
SWR1: Früher waren das klassische Studentenjobs. Auch im Service klappt das heute nicht mehr.
Haumann: Das ist tatsächlich ein Bereich der Schwäche. Das mag auch daran liegen, dass viele Studenten heute viel besser aus ihrem Elternhaus unterstützt werden als das in der Vergangenheit der Fall war.
SWR1: Um die 5.000 Jobs fehlen Ihnen in Rheinland-Pfalz. Die Zuwanderung bringt laut Ampelregierung im Bund und Rheinland-Pfalz viele Fachkräfte ins Land. Warum können die in der Gastronomie nicht in Lohn und Brot gebracht werden?
Haumann: Wir haben einen großen Teil an Menschen mit Migrationshintergrund, etwa 25 bis 30 Prozent unserer Mitarbeiter. Gerade in Rheinland-Pfalz haben wir ein Projekt gestartet, gemeinsam mit dem Wirtschaftsministerium, "Ruanda 100". Wir holen 100 junge Menschen in den nächsten zwei bis drei Jahren nach Rheinland-Pfalz in eine Ausbildung ins Gastgewerbe. Die besuchen in Ruanda zunächst eine einjährige Sprachschule, bekommen dort die (Sprach-) Qualifikation B 2, und kommen dann nach Rheinland-Pfalz. Die ersten 15 sind inzwischen in Rheinland-Pfalz in originären, dreijährigen Ausbildungsverhältnissen.
SWR1: 15 sind jetzt in Ausbildungsverhältnissen in Rheinland-Pfalz. 100 kommen in den nächsten Jahren. Sie brauchen 5.000 Leute. Es sind doch auch schon viele hier, wo sind denn die?
Haumann: Ja, das ist ein Punkt. Da rennen Sie bei mir offene Türen ein. Wir müssen einfach höhere Anreize setzen zu arbeiten und geringere Anreize setzen, nicht zu arbeiten. Das Bürgergeld und die große Verlockung fürs Nichtstun ausreichend Kohle zu bekommen, führt dazu, dass viele einfach das bevorzugen.
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SWR1: Rechnen Sie damit, dass aufgrund der Situation noch mehr Lokale dichtmachen müssen?
Haumann: Es ist eine ganz schwierige Zeit, aber nicht nur wegen des Personalmangels. Auch weil die Rendite in unserer Branche schon immer sehr dünn war. Die Pandemie und deren Folgen, aber auch der Ukraine-Krieg, höhere Energie- und Lebensmittelpreise und die Notwendigkeit, dass wir unsere Mitarbeiter ausreichend bezahlen, dazu führt, dass die Marge noch kleiner wird.
Da bedarf es schon auch ganz großer betriebswirtschaftlicher Kenntnisse, um seinen Betrieb ordentlich aufzustellen, um effiziente Öffnungszeiten zu haben, um günstig und trotzdem qualitativ hochwertige Lebensmittel einzukaufen. Es ist nicht so, dass jeder, der vor der Theke gut ist, auch hinter der Theke gut ist. Es braucht schon eine fachliche Qualifizierung in der Unternehmensleitung, aber auch in der Führung in den Abteilungsleitungen.
Deshalb ist es dringend notwendig, eine fundierte Aus- oder Weiterbildung zu machen. Dann kann man ein guter Gastgeber sein. Das Herz spielt auch mit, aber das Herz alleine und die Gastgeber-Mentalität alleine reichen eben nicht aus, es bedarf auch der entsprechenden Qualifizierung.
Das Interview führte Michael Lueg.