Wenn Familiengeheimnisse ans Licht kommen

Herkunftsberaterin Susanne Panter spürt Verwandte auf

Stand

Uneheliche Halbgeschwister, ein Onkel im Gefängnis, eine verschwiegene Abtreibung. In jeder Familie gibt es Themen, über die nicht gesprochen wird. Manchmal sind es Kleinigkeiten, für die sich Familienmitglieder schämen, manchmal sind es Lebenslügen, die jahrzehntelang nicht herauskommen.

Mit Familiengeheimnissen kennt sich Susanne Panter sehr gut aus. Sie ist Mediatorin, Autorin und Herkunftsberaterin und hilft Menschen dabei, Familienmitglieder aufzuspüren.

Auf der Suche nach unbekannten Verwandten

SWR1: Was für Familiengeheimnisse spüren Sie auf?

Susanne Panter: Es sind oft Fälle, dass Menschen ihren leiblichen Vater suchen, der verschwiegen wurde. Manchmal sind es Adoptierte, die sich auf der Suche nach ihrer Herkunft an mich wenden. Es gibt aber auch Fälle, wo es eigentlich nur um eine Jugendliebe geht, wo jemand seine alte Liebe sucht oder ein Klassentreffen organisieren will und einer fehlt.

SWR1: Wie gehen Sie zum Beispiel bei der Suche nach einer bisher unbekannten Halbschwester vor?

Panter: Wenn ich weiß, wer die Mutter ist, dann geht das über die Standesämter und Meldeämter. Also das ist wirklich Standard und Routine. Interessant wird es dann, wenn ich nicht weiß, wie die Mutter heißt. Da habe ich momentan einen Fall, der weiß, dass sein Vater ein Kind gezeugt hat. Der Vater hat auch Unterhalt gezahlt, also denkt er, dass das doch alles ganz einfach ist. Aber das ist es leider nicht, weil wir den Namen der Mutter nicht haben.

Man muss entweder wie ein Detektiv vorgehen oder man kann einfach die Standardwege über Meldeämter, Archive und Standesämter nehmen.

Wir wissen glücklicherweise das Geburtsdatum des Kindes und jetzt müssen wir gucken, wo war diese Geburt und wo wurde die Adoption vermittelt? Dann kann man sich da nähern. Es ist also immer unterschiedlich, welche Grunddaten bekannt sind und dann muss man entweder wie ein Detektiv vorgehen oder man kann einfach die Standardwege über Meldeämter, Archive und Standesämter nehmen.

Wenn Familienmitglieder nicht gefunden werden wollen

SWR1: Bei einem Fall wie dem Vater, der eine heimliche, uneheliche Tochter hatte, gab es ein Motiv, es zu verschweigen. Ist es ein "Problem" für Ihre Arbeit, dass Sie im Grunde genommen in eine Motivlage grätschen, die eigentlich sagt, ich möchte das für mich behalten?

Panter: Was wir immer machen, ist, die Menschen einfach zu fragen, ob sie das immer noch so sehen. Es gibt auch andersherum Fälle, wo sich Väter an mich gewandt haben, die sogar den Müttern von sich falsche Namen gesagt haben und jetzt darunter leiden und im Alter ein bisschen aufräumen.

Sie sagen dann, Mensch, die kann mich auch gar nicht finden. Die Möglichkeit, dass er das doch möchte, ist ja da und deswegen fragen wir auf jeden Fall. Wenn der Mann aber nicht möchte, dann können wir natürlich niemanden zwingen.

Familiengeheimnisse können schmerzhaft sein

SWR1: Würden Sie sagen, die Aufdeckung eines Familiengeheimnisses hat auch Risiken und Nebenwirkungen?

Panter: Das ganze Aufklären von biografischen Themen, die verdrängt und verheimlicht worden sind, hat immer Risiken. Wenn man zum Beispiel als Adoptierte abgegeben wurde und dann auf eine Mutter trifft, die sich in ihrer Haltung gar nicht verändert hat und sagt, ich wollte es damals nicht, ich will das heute nicht. Dann hat man natürlich so eine doppelte Kränkung, die schwierig zu verarbeiten ist.

Eine Wunde, die man kennt, kann man viel besser versorgen, als wenn es irgendwo diffus schmerzt.

Oder wenn jemand verstorben ist oder man erfährt im Nachhinein, dass jemand betrogen wurde. Das sind natürlich schwierige Themen. Wobei ich immer sage, das sind alles Dinge, die wurden früher verursacht und nicht durch die Person, die sich auf die Suche macht.

Selbst eine doppelte Kränkung ist schmerzhaft, aber eine Wunde, die man kennt, kann man viel besser versorgen, als wenn es irgendwo diffus schmerzt und man muss sehen, wie man das heilen kann. Da ist schon besser, wenn man genau weiß, was weh tut.

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Susanne Panter setzt sich für Aufarbeitung von Familiengeheimnissen ein

SWR1: Trotz des vorhandenen Risikos möchten Sie Mut machen, sich aktiv mit möglichen Familiengeheimnissen zu beschäftigen. Warum?

Panter: Es gibt einem die Möglichkeit zu reifen und der Familie auch. Das ist auch schwierig, wenn man Dinge weitergibt an Kinder, die die dann wiederum aufarbeiten müssen. Also es ist einfach gesund, sich den Wunden zuzuwenden, damit sie heilen können – man kann sie nicht wegdrücken.

Es ist leider so, dass eine Wunde, die da ist, auch weiter schmerzt wenn sie nicht angeguckt wird. Sie wird sich in der nächsten Generation immer noch auswirken. Deshalb ist es einfach gut, wenn man sich das anschaut.

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Das Interview führte
Hanns Lohmann
Hanns Lohmann
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SWR1