In der durchaus seriösen medizinischen Zeitschrift Vaccine ist eine scheinbar impfkritische Meta-Studie erschienen, die warnt, dass manche Bevölkerungsgruppen möglicherweise ein höheres Risiko schwerwiegender Nebenwirkungen bei mRNA-Impfstoffen haben könnten, als bisher vermutet wurde.
Was steht genau in der Studie?
Der Hauptautor dieser Studie ist dafür bekannt, gerade die Studiendesigns von Pharmakonzernen zu durchleuchten und mehr Daten für die Allgemeinheit zu fordern. Das ist auch hier der Anlass: In erster Linie wird kritisiert, dass die Pharmakonzerne nicht alle Daten der Impfstoff-Zulassungsstudien zur Verfügung stellen- und zwar nicht bis hinunter zum individuellen Studienteilnehmer.
Außerdem kritisieren sie, dass nach der Notzulassung der mRNA-Impfstoffe innerhalb von zwei Monaten die Entblindung stattgefunden hat, das heißt der Placebogruppe wurde gesagt, dass sie nur ein Placebo erhalten hatten und ihnen wurde die Impfung angeboten. Insofern gibt es keine echten längeren Vergleiche zwischen Placebogruppen und geimpften Teilnehmern, was schwere Nebenwirkungen angeht.
Konkret haben die Studienautoren aus den Daten, die für die Beantragung der Eilzulassung vorgelegt wurden und aus weiteren über öffentlich zugänglichen Quellen zugänglichen Daten errechnet, dass Menschen, die mit mRNA-Impfstoffen geimpft wurden, ein höheres Risiko für schwere Nebenwirkungen als bisher bekannt hätten. Das ist aber eine rein statistische Analyse.
Bezogen auf den Impfstoff von Biontech errechneten sie sogar ein um 36 % höheres Risiko schwerwiegender unerwünschter Ereignisse bei geimpften Teilnehmern der Pfizer-Studie gegenüber der Placebo-Gruppe (hier: 18 von 10.000 Personen).
Das Risiko für schwerwiegende unerwünschte Ereignisse läge auch dann noch deutlich unter einem Prozent. Trotzdem könne es sein, dass die Impfungen mehr schwere Nebenwirkungen hervorrufen als sie Hospitalisierungen oder Todesfälle infolge einer Covid-Infektion verhindern. Die Autoren räumen jedoch ein, dass diese einfache Gegenüberstellung problemetisch ist.
Sie erklären auch, dass sie zu diesem abweichenden Ergebnis kommen, weil sie die Daten nicht nur anders aufarbeiten, als es die Zulassungsbehörden getan haben, sondern auch nur bestimmte Daten herausziehen – zum Beispiel nur die Angaben von zweifach Geimpften, die noch zwei Monate lang beobachtet wurden.
Zudem schränken die Autorinnen und Autoren ihre Analyse selbst wieder ein, da sie nicht genügend Daten und eben auch keine Daten aus längerem Beobachtungszeitraum hatten. Sie fordern daher, dass man mit der Gesamtheit der Daten eine Risikoanalyse auf einzelne Bevölkerungs- bzw Altersgruppen bezogen machen sollte.
Nun hat eine Gruppe von impfkritischen Wissenschaftlern gerade diese Studie als Basis genommen, um die Stiko aufzufordern, die Empfehlung für die mRNA-Impfstoffe zurückzuziehen, gibt die Studie das denn her?
Anja Braun: Ich sehe das nicht so. Denn die Impfempfehlung der Stiko ist genau das - eine Empfehlung, kein Muss. Es kann daher jede und jeder das persönliche Risiko entweder selbst einschätzen oder mit seinem Hausarzt besprechen. Wogegen sich diese Gruppe aber ganz deutlich wehrt, ist die Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen.
Was stimmt ist, dass diese Studie aufrütteln und vor Augen führen will, dass wir noch gar nicht alles wissen. Und dass es dazu eigentlich bereits Daten gibt – die eben noch nicht herausgegeben wurden. Es ist korrekt zu verlangen, dass mit der Gesamtheit der Daten nochmal untersucht wird, in welcher Alters- oder auch Bevölkerungsgruppe die Risiken für schwere Nebenwirkungen nach einer Covid-Impfung höher oder niedriger sind. Das möchte diese Wissenschaftler-Gruppe ja auch.
In einem Interview der Berliner Zeitung sagt Ulrich Keil - einer der Wissenschaftler - es gehe vor allem um die genauere Einschätzung des Nutzen-Schaden-Verhältnisses für Menschen unterschiedlichen Alters und mit unterschiedlich hohem Risiko für einen schweren Covid-Krankheitsverlauf.