Dass alle wieder in die Schule und in den Präsenzunterricht zurückkommen, ist offenbar die einzige Möglichkeit, den Unterricht wieder aufzunehmen. Die viereinhalb Monate mit mehr oder weniger gelungenen Versuchen, eine Art Fernlern-Unterricht durchzuführen, haben Eltern ja leider gelehrt, dass man darauf nicht setzen kann. Das Schulsystem hat da versagt.
Keine Verbesserungen bei Distanzlernen
Und die Nachbesserungen im laufenden Distanzbetrieb waren auch nicht mehr als Tropfen auf einen heißen Stein. Es wurden nur geringfügige Anstrengungen unternommen, die Defizite zu beheben. Weder die technischen Voraussetzungen in den Schulen haben sich in den vergangenen sechs Monaten großartig verbessert, noch wurden die LehrerInnen durch umfassende Fortbildungen für das Distanzlernen fit gemacht.
Das heißt, um den Präsenzunterricht kommen wir sowieso nicht herum. Warum aber wurde nicht wenigstens dafür Sorge getragen, dass dieser Unterricht möglichst sicher gestaltet werden kann?
Keine Abstandsregeln in Klassenzimmern
Im neuen Schuljahr gelten keine Abstandsregeln im Klassenzimmer mehr. Das ist doch lachhaft. Klar fehlen nun die Räumlichkeiten, um die Schülerinnen auf Abstand auseinander zu setzen.
Dabei gäbe es Möglichkeiten: Warum hat Kultusministerin Eisenmann nicht die Schulträger aufgefordert, Hallen wie Gemeindezentren, Sporthallen und Messegelände für die Schulen zu öffnen. So könnte die Raumnot wenigstens etwas entzerrt werden. - Nein, so wichtig scheint regelmäßiger Unterricht dann offenbar doch nicht.
Durchlüften in Klassenzimmern nicht überall möglich
Um die Infektionsmöglichkeiten doch etwas einzudämmen, soll aber in den Klassenzimmern regelmäßig quergelüftet werden- so eine Anweisung. Blöd nur, dass kaum ein Klassenzimmer gegenüberliegende Fenster hat. Noch blöder, dass in vielen Klassenzimmern die Fenster gar nicht geöffnet werden können. Die haben dann halt Pech gehabt, oder?
Kein Geld für Raumlüfter und CO2 Messgeräte
Eine Ausweichmöglichkeit wären Raumlüfter oder wenigstens CO2- Messgeräte, die anzeigen, wenn die Luft im Klassenzimmer zu dick wird. Das gibt es aber wohl nur an ganz wenigen Schulen… Denn Kommunen als Schulträger sind - was Schulausstattung angeht - sowieso chronisch klamm.
Keine Verbesserung bei sanitärer Ausstattung der Schulen
Nach Angaben der GEW haben 80 Prozent der Schulen auch keine zusätzlichen Reinigungskräfte wegen Corona bekommen, die sich um die Säuberung von Lichtschaltern, Türklinken, Handläufen und ähnlich viel genutzten Bereiche kümmern könnten.
Und an vielen Schulen gibt es zu viel wenig Waschbecken, um wenigstens die Hände zu säubern. Doch die sanitären Anlagen in Schulen stehen seit vielen Jahren ganz unten auf der Investitionsliste der Schulträger, daran hat auch Corona nichts geändert.
Maskenpflicht gilt nicht für alle
Immerhin gibt es Maskenpflicht auf den Fluren und im Schulgebäude, solange bis jeder auf seinem Platz sitzt. Und: Kohortenbildung, also möglichst wenig Durchmischung der Schülerinnen und Schüler – wenn möglich auch auf dem Schulhof.
Ausgenommen ist die Oberstufe- jene Teenager, denen vorgeworfen wird, am sorglosesten mit der Corona-Pandemie umzugehen. Sie durchmischen sich täglich, ja oft stündlich und das ist in unserem Kurssystem auch gar nicht anders möglich.
Werden Lehrer*innen zu Superspreadern?
Und die Lehrer*innen? Sie wechseln munter von Klasse zu Klasse – oft sind sie auch noch an andere Schulen abgeordnet, denn es fehlen jetzt mindestens 10 Prozent der Lehrkräfte wegen Corona. Werden die verbleibenden Lehrerinnen so zu neuen Superspreadern? Hoffentlich nicht!
Auch hier gäbe es Möglichkeiten gegenzusteuern. Das Land könnte deutlich mehr Lehrerinnen einstellen und für die Zeit der Pandemie auch mehr Referendar oder Berufseinsteiger an die Schulen holen. Dann könnten auch Klassen geteilt und Lehrkräfte einem kleinen festen Pool an Klassen zugeordnet werden.
Doch stattdessen wird weiter auf das kostengünstige Prinzip der Hoffnung gesetzt. Es wird schon nichts passieren und wenn, dann hoffentlich nur so klar lokal begrenzt, dass man es eindämmen kann.
Für Eltern grenzt dieser Umgang mit den Schulen an Zynismus.