In Deutschland werden Menschen mit akutem Herz-Kreislauf-Stillstand seltener von Laien wiederbelebt als in manchen anderen europäischen Ländern. Der weltweite „Restart a heart day“ (Wiederbelebungstag) soll dazu beitragen, mehr Menschen dazu zu bringen, im Notfall Hilfe zu leisten.
Klar ist: Je früher mit der Herzdruckmassage begonnen wird, desto größer sind die Überlebenschancen. Wie können auch Menschen ohne medizinische Ausbildung erfolgreich einen Menschen reanimieren? Und welche Möglichkeiten gibt es, ihnen ihre Ängste zu nehmen und sie dazu zu bringen, im Notfall kraftvoll zuzudrücken?
Nach Herz-Kreislauf-Stillstand sind die ersten Minuten entscheidend
Der Tennisplatz in Neckarelz vor fünf Jahren. Werner Holder und sein Freund Ernst Mößlein treffen sich zum Spielen, wie immer.
Kurz darauf wird Ernst Mößlein bewusstlos, sein Herz bleibt stehen. Werner Holder reagiert sofort. Als Sporttrainer weiß er was zu tun ist, beginnt mit der Herzdruckmassage.
Etwa eine dreiviertel Stunde dauert die Wiederbelebung, bis das Herz wieder zu schlagen beginnt. Mößlein kommt in die Klinik und überlebt ohne bleibende Probleme. Eine Ausnahme – auch heute noch.
Denn der Rettungsdienst braucht mindestens acht Minuten – oft auch mehr. Nach drei bis fünf Minuten ohne Herzschlag entstehen aber die ersten Hirnschäden.
Zustand der Betroffenen kann durch Reanimation nur verbessert werden
Ohne freiwillige Helfer und Helferinnen ist das nicht zu schaffen. Nur tun viele Menschen lieber nichts – aus Angst vor Fehlern, sagt der Mosbacher Notarzt Harald Genzwürker:
Wiederbelebungs-Kurse auch an Schulen
Eine Idee, hier schon sehr früh gegenzusteuern, ist das baden-württembergische Schulprogramm "Löwen retten Leben". Ohne die erste Hilfe drum rum üben zu Trainern ausgebildete Lehreinnen und Lehrer mit den Kindern regelmäßig, wie Reanimation funktioniert und zwar ab der sechsten oder siebten Klasse, so wie Christina Kull vom Burghardt-Gymnasium in Buchen:
"Und dann müsst ihr überlegen, wo drück ich denn jetzt. Dann nehmt ihr den Brustkorb, teilt die untere Hälfte und drückt in der Mitte, nehmt die Hände so und drückt mit gestreckten Armen. " Die Schülerinnen und Schüler fanden es dann unter anderem schwierig, die richtige Stelle zu finden, "dass es halt so knackst".
Sie mussten die Erfahrung machen, dass eine Herzdruckmassage zu geben sehr anstrengend sein kann: die Handballen schmerzen bereits nach drei Minuten oder werden sogar ein bisschen rot.
Das sieht auch Notarzt Harald Genzwürker so:
Telefonische Unterstützung bei der Erstversorgung möglich
Ein andere Idee die Wiederbelebungsquote hochzutreiben: Telefonische Unterstützung bei der Reanimation. In vielen Rettungleitstellen wie bei der für den Neckar-Odenwaldkreis geben Fachleute per Telefon Anweisungen für die richtige Herzdruckmassage:
"Wie gesagt, die Kollegen sind auf dem Weg, jetzt müssten sie ihre Hand auf die Mitte des Brustkorbs legen – zwischen die Brustwarzen – genau – die Zweite Hand darauf und immer wenn ich“jetzt“ sage ganz tief runterdrücken mindestens fünf Zentimeter ok? Jetzt, jetzt, jetzt… "
Telefonreanimation kann Leute in die Lage versetzten zu handeln, die es sonst nicht schaffen würden.
Und dann gibt es noch die First Responder – die qualifizierten Ersthelfer: Wenn sie in der Nähe des Notfallorts sind, werden sie über verschiedene Smartphone-Apps alarmiert und parallel zum Rettungsgdienst losgeschickt.
All das sind Möglichkeiten, den Rettungsdienst zu unterstützen - denn nicht jeder hat einen perfekt ausgebildeten Freund wie Ernst Mößlein. Werner Holder fällt es heute noch sichtbar schwer, über das Erlebte zu sprechen. Wieder gemeinsam Tennisspielen mit dem Freund, den er 40 Jahre kennt? Er weiß noch, was er damals dachte: Undenkbar.
Und das tun die beiden wieder - jede Woche. Und sind fünf Jahre nach dem Notfall das perfekte Beispiel dafür, warum es sich lohnt, in einen Wiederbelebungskurs zu gehen.