Als sicher gilt derzeit, dass Kinder ein deutlich geringeres Risiko für schwere Verläufe haben als Erwachsene. Mittlerweile gibt es etliche Studien, die Kinder im Zusammenhang mit Covid-19 untersuchen. Mit den unterschiedlichsten Ansätzen, Methoden und leider auch unterschiedlichsten Ergebnissen, die sich teilweise sehr widersprechen. So hat eine Untersuchung an vier BW-Uniklinken gezeigt, das Kinder seltener krank und auch seltener mit dem Coronavirus infiziert werden als Erwachsene.
Dagegen zeigt eine Studie des Helmholtz-Zentrums in München mit Bluttests, dass dort sechsmal mehr Kinder eine Coronainfektion durchgemacht wie eigentlich angenommen wurde. Und eine Studie aus Wien hat gezeigt, dass im November letzten Jahres in jeder dritten bis vierten untersuchten Klasse ein infiziertes Kind gesessen hat, ohne von der Infektion zu wissen.
Der Chefvirologe der Charité, Christian Drosten, hat schon recht früh anhand von PCR-Tests nachgewiesen, dass es keinen Unterschied zwischen der Infektionsrate bei Kindern und Erwachsenen gibt.
Mittlerweile kann man aber sagen, dass die Mehrheit der Wissenschaftler*innen davon überzeugt ist, dass Kinder genauso von Corona infiziert werden können wie Erwachsene. Und sie sind auch ein Teil des Infektionsgeschehens, denn dort, wo die Corona-Infektionszahlen ansteigen, steigen eben auch die Zahlen der angesteckten Kinder und Jugendlichen.
Gefahr einer Ansteckung über Kinder wurde unterschätzt
Das bedeutet, dass die Ansteckungsgefahr durch Kinder bislang unterschätzt wurde. Kinder erkranken zwar weniger schwer und zeigen seltener sehr schwere Verläufe von Covid-19, sie können das Virus aber durchaus unbemerkt weitergeben. Sie werden allerdings wesentlich seltener oder gar nicht auf eine Coronainfektion hin getestet.
Nun droht aber Gefahr durch die neuen Varianten des Coronavirus und das verändert die Lage in Bezug auf Kinder und Jugendliche. Eine britische Studie zeigt, dass Kinder zwischen November und Anfang Dezember jetzt deutlich häufiger mit Corona angesteckt waren als Erwachsene. Das Coronavirus wurde in der Altersgruppe der 11- bis 16-Jährigen so stark wie in keiner Altersgruppe sonst nachgewiesen. Das könnte aber daran liegen, dass in Großbritannien die Schulen – im Gegensatz zu vielen anderen Ländern – bis Ende des Jahres 2020 geöffnet waren. Eine jüngere Studie über die britische Mutante, zeigt außerdem, dass die Infektiösität in allen Altersgruppen zugenommen hat.
In Großbritannien ist das Virus zunächst auf einer Schulwelle gesegelt
Christian Drosten, Chefvirologe der Berliner Charite, geht davon aus, dass das Virus anfangs „auf einer Schulwelle gesegelt" ist. Davon habe es sich mittlerweile entkoppelt und sei nun in der ganzen Bevölkerung zu sehen. Im NDR Podcast sagt Drosten:
Wie sich die Lage nun im Januar bei geschlossenen Schulen entwickelt, bleibt abzuwarten.
Um die Gefährdungslage in den Schulen und Kitas in den Blick zu nehmen, muss man auch die Situation der Erzieher und Lehrerinnen betrachten. Kita-Beschäftigte waren von März bis Oktober 2020 am stärksten von Krankschreibungen im Zusammenhang mit Covid-19 betroffen. Das zeigt eine Analyse der Arbeitsunfähigkeitsdaten von AOK-Mitgliedern. Dabei lag die Zahl der erkrankten Erzieherinnen mehr als doppelt so hoch als bei den anderen Beschäftigten.
In Bezug auf Lehrkräfte gibt es leider keine Daten in Deutschland. Eine englische Studie hat aber auf der Ebene von drei lokalen Behörden untersucht, wie häufig dort Lehrer mit Covid-19 angesteckt wurden und kommt zu dem Ergebnis, dass die Ansteckungsrate bis zu viermal höher ist wie der entsprechende Durchschnitt der Kommunen.
Mediziner plädieren für die Öffnung von Schulen und Kitas
Viele Kinderärzte setzen sich aber dennoch weiter vehement dafür ein, die Schulen und Kitas so rasch wie möglich wieder zu öffnen. Das liegt auch daran, dass sie als Fürsprecher der Kinder agieren und dass bei uns zur Zeit Kinder und Jugendliche noch relativ wenig betroffen sind von Corona.
Viele Mediziner warnen, dass den Kindern durch die Schulschließungen Bildungschancen genommen werden und weisen darauf hin, dass es für Kinder besonders nachteilig ist, wenn ihnen soziale Kontakte fehlen. Die Kinderärzte fordern das stärker zu bewerten und gegen andere Lockdown-Maßnahmen abzuwägen. Dazu kommt, dass Kinder, die zu Hause misshandelt werden, bei geschlossenen Schulen und Kitas weniger geschützt werden können. Hier fürchten nicht nur die Ärzte, dass die Zahl der Kindes-Misshandlungen während des Lockdowns deutlich gestiegen sein könnte.