Apps könnten möglicherweise bei der Früherkennung von Hautkrebs helfen. Doch in falscher Sicherheit sollte man sich hierbei nicht wägen.

Medizin

Das können Apps zur Früherkennung von Hautkrebs

Stand
Autor/in
Miriam Mair
Onlinefassung
Ralf Kölbel
Ralf Kölbel, Online-Redakteur bei SWR Wissen aktuell sowie Redakteur bei Redakteur bei SWR Kultur DAS Wissen.

Was tun, wenn man ein auffälliges Muttermal am Arm hat, aber kein Termin beim Hautarzt verfügbar ist? Kann man Hautkrebs auch per App erkennen?

Hautkrebs ist in Deutschland die fünfthäufigste Krebsart bei Männern, die vierthäufigste bei Frauen. Betroffen sind immer mehr junge Menschen. Gerade bei Schwarzem Hautkrebs (Malignes Melanom) ist eine frühe Erkennung oft überlebenswichtig. Doch auf einen Termin beim Facharzt oder bei der Fachärztin warten Betroffene oft Monate.

Mittelerweile gibt es auf dem Markt einige, meist kostenpflichtige Apps, die dabei unterstützen sollen, Hautkrebs frühzeitig zu erkennen. Doch da gibt es große Qualitätsunterschiede, wie auch ein Test von Stiftung Warentest bestätigt. Getestet wurden 17 Apps, von denen sechs nur mit Algotithmen arbeiteten, elf dagegen arztbasiert. Im Test wurde jeder siebte Hautkrebsfall nicht erkannt. Welche Rolle können diese Apps dann überhaupt bei der Früherkennung bösartiger Hauterkrankungen wie zum Beispiel von Schwarzem Hautkrebs spielen? Und wie funktionieren diese Apps?

Hautkrebs oder nicht? Fachärzte beurteilen Bilder von Hautveränderungen

Schwierig ist die Nutzung der Apps nicht: Man lädt sich "Online-Hautarzt - AppDoc", die App vom Deutschen Krebsforschungszentrum auf das Handy, macht drei Fotos aus verschiedenen Winkeln und füllt einen kurzen Fragebogen aus. 

"Dann schick ich das ab und ich krieg dann innerhalb von in der Regel 30 Minuten, spätestens acht Stunden, eine qualifizierte Antwort von einem Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten mit mindestens zehn Jahren Praxiserfahrung, der dann das Problem diagnostiziert, einordnet und dann auch die Handlungsempfehlung gibt", sagt der Dermatologe Titus Brinker. Er hat am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg die erste offiziell zugelassene Hautscreening-App entwickelt.

70 Prozent der Patienten müssen laut DKFZ nicht mehr in die Praxis kommen, nachdem sie die App verwendet haben. Wichtig sei jedoch, dass die Fotos möglichst scharf und gut belichtet sind.

Apps könnten möglicherweise bei der Früherkennung von Hautkrebs helfen. Betoffene warten oft monatelang auf einen Termin beim Hautarzt.
Apps könnten möglicherweise bei der Früherkennung von Hautkrebs helfen. Betoffene warten oft monatelang auf einen Termin beim Hautarzt.

Fehlen dem Ärzteteam wichtige Angaben, stellen sie Rückfragen über die App. Dann erhalten die Nutzer oder Nutzerinnen der App eine Nachricht: "Der Arzt hat eine Rückfrage." Darauf kann man antworten, sodass die Ärzte wirklich die idealen Informationen haben, um den Fall zu bearbeiten. Bezahlen muss man die ärztliche Dienstleistung (Kosten: 20-25 Euro) allerdings in der Regel aus eigener Tasche. Von den Krankenkassen wird die Leistung, obwohl mittlerweile Telemedizin in Deutschland unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist, in der Regel bislang nicht erstattet.

Sonnenbrände in früher Kindheit können das Risiko erhöhen, später an Hautkrebs zu erkranken.
Sonnenbrände in früher Kindheit können das Risiko erhöhen, später an Hautkrebs zu erkranken.

Vor- und Nachteile der Apps zur Erkennung von Hautveränderungen

Apps zur Früherkennung von Hauterkrankungen haben viele Vorteile: keine langen Wartezeiten, keine Scham, sich vor einem Arzt auszuziehen, anonyme und schnelle Behandlungsempfehlungen. Doch Titus Brinker sieht auch Nachteile: Bei den meisten Apps auf dem Markt würden, so Brinker, Daten auf fremde Server geladen. Damit setze man sich einem Datenleck-Risiko aus.

Ein weiterer Nachteil sei, dass man nicht die gleiche Genauigkeit habe wie in der Praxis. Da sei die Genauigkeit wegen der dort zur Verfügung stehenden weiterführenden Tests deutlich höher. Deswegen sei es, so Brinker, besonders wichtig, dass die App von einem seriösen Anbieter kommt und unabhängig getestet wurde.

Auf dem Markt gibt einige Apps, bei denen nicht ein Hauarzt oder eine Hausärzin die medizinische Beurteilung übenimmt, sondern ein Algorithmus. Dahinter steckt letztlich ein Computerprogramm, das die eingeschickten Bilder mit Bildern vergleicht, die in einer Datenbank hinterlegt sind. Solche algorithmusbasierten Apps sind vergleichsweise störanfällig. Schon kleine Lichtveränderungen können zu Fehleinschätzungen führen, da die Daten hier nur mit einer Bilddatenbank abgeglichen werden.

Auch arztbasierte Apps arbeiten teilweise mit KI, doch entscheidet hier der Experte oder die Expertin, ob eine weitere Abklärung notwendig ist. Ohne Expertenblick ist KI zu fehleranfällig.

Apps kein Ersatz für Gang zum Dermatologen

Im Berufsverband gab es, so Brinker, Ärzte, die Angst hatten, dass sie durch solche Apps überflüssig werden. Aus seiner Sicht ist das "wirklich nicht richtig, weil es sich hier nur um eine Beratung handelt und ganz viel Diagnostik überhaupt nicht über das Smartphone stattfinden kann - also ein Pilzabstrich, ein Bakterienabstrich, eine Blutentnahme, eine Gewebebiopsie. Das sind alles Dinge, die kann man über das Handy gar nicht abdecken." 

Gerade bei einem Verdacht auf Hautkrebs sei am Ende doch eine auflichtmikroskopische Untersuchung notwendig. Und diese Auflichtmikroskope gebe es nur in den ärztlichen Praxen. 

In Zukunft könnten die Apps eine Unterstützung, aber keinesfalls ein Ersatz sein, so der Dermatologe Brinker. Fehler können passieren, vor allem, wenn keine ärztliche Einschätzung erfolge. Auffällige Flecken solle man aber auf jeden Fall ernst nehmen, sagt Brinker. Denn zu spät erkannt, kann Hautkrebs sehr gefährlich werden.  

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