Mindestens jede(r) fünfte Deutsche nutzt schon solche Gesundheits- oder Sport-Apps. Ob diese Apps allerdings wirklich gesünder machen ist fraglich – vor allem jene, die nicht dem EU-Recht unterliegen. Oder schaden sie vielleicht sogar eher als sie nützen?
Datenschutz der Gesundheits-Apps wird oft vernachlässigt
Gesundheits-Apps bieten viele Möglichkeiten:
- sie messen lebenswichtige Werte,
- geben personalisierte Tipps zur richtigen Ernährung oder
- erinnern an die Einnahme bestimmter Medikamente.
Indes: Obwohl viele Menschen solche Apps zumindest kennen, sind die Wissenslücken über die Qualität oder den Datenschutz ungleich größer.
Tatsache ist: Es gibt bis heute nur sehr eingeschränkte, einheitliche Qualitätsstandards für solche Apps. Weder über deren Inhalt, Genauigkeit noch über den Schutz persönlicher Daten, erklärt Sabine Wolter, Referentin für Gesundheitsrecht im Gesundheitsmarkt bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Die Verbraucherzentrale hat Gesundheits-Apps genauer unter die Lupe genommen:
Viele Apps sind nicht wissenschaftlich geprüft
So sind die meisten Apps nicht wissenschaftlich auf ihren Nutzen hin untersucht. Sie können hilfreich sein, aber auch schlimmstenfalls Schaden anrichten, z.B. durch ungenaue Messungen oder falsche Diagnosen. Ein Anhaltspunkt für eine seriöse App ist die Zertifizierung mit dem europaweit gültigen CE-Sicherheitszeichen, das man üblicherweise eher von technischen Geräten, von Steckdosen oder Toastern kennt.
Damit werden aber auch Apps ausgezeichnet, die eine sogenannte medizinische Zweckbestimmung verfolgen, z.B. die Blutzuckermessung bei Diabetes oder das Gehtraining für Krebspatienten. Nur mit diesem CE-Kennzeichen darf eine solche Medizin-App überhaupt angeboten werden, weiß Maik Pommer, der Pressesprecher der Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte in Bonn.
Apps mit medizinischem Nutzen brauchen eine CE-Zertifizierung
Wenn eine App aufgrund ihrer Funktionalität als Medizinprodukt gewertet werden muss, braucht dieses Produkt ein CE-Kennzeichen, sonst darf sie nicht auf den Markt gebracht werden. Alle anderen Apps, die kein CE-Kennzeichen haben, fallen nicht unter die Medizinprodukte und unterliegen damit keinerlei Bestimmungen.
Als Nutzer dieser App könne man, so Maik Pommer, nicht wissen, ob das eine gute App oder eine schlechte App sei: Hat die App vielleicht eine gesundheitliche Problemstellung, sind die Angaben in der App überhaupt zutreffend, hat sie einen wissenschaftlichen Hintergrund? Ist sie von Fachleuten erstellt worden oder ist das einfach nur IT-mäßig programmiert worden?
Oft wenig Transparenz in Bezug auf Datenschutz
Auch im Bezug auf Datenschutz und Werbung hat Maik Pommer Bedenken. Diese Apps kämen teilweise aus aller Welt, aus Asien oder den USA, wo man als Nutzer(in) nur wenig nachverfolgen oder prüfen kann. Unterliegen die Anbieter aber keinen datenschutzrechtlichen Bestimmungen, könnten die Anbieter mit den persönlichen Daten der Nutzerinnen und Nutzer machen was sie wollen.
Hierzu gehören alle sogenannten „Lifestyle"-Apps, wie z.B. Fitnesstracker, Ernährungs- oder Bewegungs-Apps: Sie sollen dabei helfen, gesundheitsbewusstes Verhalten zu unterstützen. Besonders heikel, weil es sich dabei oftmals um hochsensible Daten handelt. Auch die europäische Datenschutzgrundverordnung hilft da wenig, wenn sich die Server im nichteuropäischen Ausland befinden.
Beratung für App-Entwicklungs-Teams
Immerhin: Wer als potentieller Anbieter eine Gesundheits-App mit CE-Kennzeichen auf den Markt bringen will, dem bietet das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte kostenlose Beratungen an. Oft gebe es vielversprechende Ansätze, die eine gute Erweiterung für die Therapievielfalt bei bestimmten Patienten wären, wo es aber Fehler auf der regulatorischen Ebene zu vermeiden gilt:
An welche Gesetze muss ich mich halten, welche Verordnungen sind zu berücksichtigen? Das Innovationsbüro des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte versucht dafür, aktiv auf Hersteller zuzugehen und bietet für solche Unternehmen auf Nachfrage Beratung an.
Manche Apps können vom Arzt verschrieben werden
Was viele Patienteninnen und Patienten überdies interessieren dürfte: Ist die App eventuell sogar verordnungsfähig, sprich, zahlt die Krankenkasse die Kosten? Denn seit einer Gesetzesänderung vom Oktober 2020 können auch bestimmte Apps vom Arzt verschrieben werden. Pressesprecher Maik Pommer:
Bei diesen digitalen Gesundheitsanwendungen (kurz: DIGA) geht es nicht mehr um die Frage, dürfen sie überhaupt am Markt angeboten werden, sondern in einem aufbauenden Prüfverfahren auch darum, ob die Voraussetzungen des Gesetzgebers erfüllt sind, was die Verordnungsfähigkeit und die Erstattungsfähigkeit angeht: Bringt diese digitale Anwendung tatsächlich einen Effekt, der so spürbar ist, dass Patientinnen und Patienten davon profitieren und damit das Gesundheitssystem von dieser Anwendung profitiert?
Derzeit sind beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte 74 Anträge digitaler Gesundheitsanwendungen als Kassenleistung in der Prüfung. 15 verfügen bereits über eine Zulassung, 31 Anbieter haben ihren Antrag wieder zurückgezogen. Es geht aber auch ohne ärztliche Verordnung. Eine Gesundheits-App kann auch dann angewendet werden, wenn eine Genehmigung der Krankenkasse vorliegt. Dafür muss allerdings der Grund für eine therapeutische Maßnahme bei bestimmten Symptomen, etwa durch Behandlungsunterlagen, nachgewiesen werden.