In den USA wird darüber diskutiert, ob die App Tiktok verboten werden sollte. Und auch einige andere Länder sehen in der Social Media-Plattform eine Sicherheitsbedrohung. Doch für viele Menschen gehört die App bereits zum Alltag.
Tiktok hat in den letzten Jahren enorm an Bedeutung gewonnen. Insbesondere bei den unter 30-Jährigen ist die App sehr erfolgreich. In der aktuellen JIM-Studie gaben 54 Prozent der Zwölf- bis 19-Jährigen an, dass sie Tiktok regelmäßig nutzen. Damit landet die Social Media-Plattform in dieser Altersgruppe direkt hinter WhatsApp und Instagram.
Private Nachrichten in Tiktok nicht Ende-zu-Ende-verschlüsselt
Einige der Daten, die Tiktok sammelt, sind keine Überraschung, sie werden direkt durch die Nutzung der App generiert: Angeschaute Inhalte, vergebene Likes und die Personen, denen man folgt. Solche Daten werden aber auf allen gängigen, großen Plattformen wie Facebook, Instagram und Co gesammelt. Doch im Gegensatz zu Beispielsweise WhatsApp sind private Nachrichten auf Tiktok nicht Ende-zu-Ende verschlüsselt. Das heißt: Theoretisch kann Tiktok mitlesen. David Beck aus der SWR-Wissenschaftsredaktion rät daher, keine privaten Nachrichten zu versenden.
Auch auf die Kontakte und den Standort hat die App Zugriff. Auch das Nutzungsverhalten anderer installierter Apps kann erfasst werden. Allerdings sind die Inhalte anderer Apps sicher, Tiktok kann also nicht die Mails mitlesen, wie manche US-amerikanische Politiker behaupten. Tiktok kann nur das Nutzungsverhalten verfolgen, etwa wie lange ich welche Apps benutze, um Werbung besser personalisieren zu können.
Eine Datenfalle lauert im In-App-Browser. Alle Eingaben, die im App-internen Browser gemacht werden, können gespeichert. Sogar Nutzernamen und Passwörter. Ob und wie Tiktok diese Daten nutzt oder speichert, ist unklar.
Es könnte sich lohnen, die App-Einstellungen und Erlaubnisse, die erteilt wurden, zu überprüfen. Diese Datenschutz-Einstellungen können Nutzerinnen und Nutzer beeinflussen:
- Standort
- Kontakte
- Nutzungsverhalten
Um vorsichtiger im Umgang mit Tiktok zu sein, könnte man zudem den Account anonymisieren und von der Nutzung des In-App-Browsers absehen, sagt Beck.
Deshalb werden Daten gesammelt und ausgewertet
Die gesammelten und analysierten Daten werden zum Beispiel dafür genutzt, dass personalisierte Inhalte und Werbung angezeigt werden. Soziale Medien und Dienste wollen so ihre Nutzerinnen und Nutzer an sich binden, damit sie so viel Zeit auf der Plattform verbringen, wie möglich.
In dieser Hinsicht unterscheidet sich Tiktok kaum von anderen Sozialen Medien. Was vielen Menschen Sorge bereitet: Die gesammelten Daten gehen nach China.
FBI sieht Sicherheitsrisiken
FBI-Chef Christopher Wray warnte bei einer Anhörung im Geheimdienstausschuss des US-Senats, dass die chinesische Regierung Tiktok nutzen könnte, um Software auf Millionen von Geräten zu kontrollieren. Zudem könne damit die öffentliche Meinung durch die Verbreitung von manipulativen Botschaften beeinflusst werden.
David Beck teilt die Sorge von Wray nur teils. Er sagt: Tiktok sammelt diese Daten und kontrolliert sie damit.
Tiktok bietet für App-Entwickler sogenannte Entwicklungskits an, mit denen bestimmte Tiktok-Funktionen in die eigene App eingebaut werden. Zum Beispiel, dass Videos direkt auf Tiktok gepostet werden können. Damit steckt Tiktok-Code in ganz vielen Apps, fast 30.000 sind es derzeit. Aber Tiktok könne nicht einfach heimlich die Kontrolle über diese Apps übernehmen:
Tiktok entscheidet, welche Videos angezeigt werden
Dennoch beeinflusst Tiktok, was die Userinnen und User sehen. Die App entscheidet, welche Videos wem gezeigt werden und es ist auch bekannt, dass sie das aktiv beeinflussen, erläutert Beck.
Eingriff in die Pressefreiheit
Auch der Versuch, in die Pressefreiheit einzugreifen, kann Tiktok zum Vorwurf gemacht werden. Die App verfolgte die Standorte bestimmter Journalistinnen und Journalisten, um Whistleblower in den eigenen Reihen aufzuspüren.
Der Versuch blieb erfolglos und wurde relativ schnell aufgedeckt. Der Mutterkonzern Bytedance hat den Vorwurf inzwischen selbst zugegeben und gab an, als Konsequenz die Verantwortlichen entlassen zu haben.
Das sagt Bytedance
Bytedance selbst beteuert, dass sie keine Daten an die chinesische Regierung weitergeben. Doch David Beck stellt in Frage, welche Möglichkeiten sie überhaupt hätten, sich dagegen zu wehren, wenn die Regierung Daten abgreift. Die rechtliche Grundlage dafür gäbe es in China.
Bytedance gibt an, dass die US-Amerikanischen Daten nur auf Servern in den USA und Taiwan bei einem unabhängigen Partner gespeichert werden – Und auf die die chinesische Regierung keinen Zugriff habe. Für Europa solle ein ähnliches Server-System aufgebaut werden. Derzeit würden die Daten ebenfalls in den USA und Taiwan gespeichert.
Um an die betreffenden Daten zu kommen, braucht die chinesische Regierung aber Tiktok eigentlich gar nicht. Solche Daten können ganz einfach gekauft werden. Und:
Doch wie auch das Beispiel der überwachten Journalistinnen und Journalisten zeigt, gibt es durchaus Menschen, für die sich die chinesische Regierung interessieren könnte. Auch Politikerinnen und Politiker sowie deren Angestellte sind mögliche Ziele. Die USA und die Europäische Kommission haben bereits verboten, Tiktok auf Diensthandys zu installieren.
Anonyme Nutzung der App möglich
Tiktok kann aber auch ganz ohne Account genutzt werden. Alle Videos sind über die Homepage abrufbar. Der Nachteil: Man kann niemandem mehr folgen und erhält keine personalisierten Inhalte. Eine andere, sichere Möglichkeit ist laut David Beck, die Nutzung eines anonymisierten Accounts. Das heißt: Eine Wegwerf-E-Mail-Adresse zur Anmeldung nutzen und nirgends den echten Namen angeben.