Soziale Medien sind ein zweischneidiges Schwert, das sowohl positive als auch schädliche Auswirkungen auf die Demokratie hat - das sagen Wissenschaftler*innen, die sich in einer Übersichtsarbeit mit der Frage nach den Auswirkungen digitaler Medien auf politische Verhaltensweisen beschäftigt haben.
Für ihre Meta-Studie haben die Wissenschaftler*innen des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung, der Hertie School und der University Bristol über 500 Studien weltweit untersucht. Dabei haben sie in einem weiten Verständnis digitaler Medien nicht nur bestimmte Plattformen der sozialen Medien, sondern beispielsweise auch die Online-Ausgaben von Zeitungen und Fernsehsendungen als Quellen für politische Informationen einbezogen.
Mehr Polarisierung, Populismus und Hassrede
Während früher gerne hervorgehoben wurde, dass Minderheiten und benachteiligte Gruppen sich über die sozialen Medien Gehör verschaffen und so für Gerechtigkeit einstehen können, werden derzeit eher die negativen Auswirkungen der sozialen Medien auf die politischen Verhaltenweisen diskutiert. Gerade während der Zwischenwahlen in den USA werden sie äußerst kritisch betrachtet - und das offenbar zu Recht. So lautet ein Fazit der Forscherinnen und Forscher, dass durch digitale Medien vor allem in etablierten Demokratien Polarisierung, Populismus und Hassrede verstärkt werden.
Es kommt auf das gesellschaftliche und politische Umfeld an
In ihrer Arbeit haben die Forschenden politische Variablen wie zum Beispiel politische Beteiligung, Wissen, Vertrauen, Nachrichtenkonsum aber auch Hass, Polarisierung, Populismus und Fake News gecheckt. Wichtig dabei ist: Die Auswirkungen von Social Media auf die Demokratie können nicht unabhängig vom gesellschaftlichen und politischen Umfeld betrachtet werden. Was in einer Diktatur, Autokratie oder in einer sehr jungen Demokratie als gut gewertet wird, das kann in etablierten Demokratien als destabilisierend angesehen werden.
Positiv betrachten die Forschenden den Einfluss der digitalen Medien auf politische Partizipation und den Informationskonsum in aufstrebenden Demokratien in Südamerika, Afrika und Südasien. Besorgniserregend sind dagegen die Auswirkungen digitaler Medien in etablierten Demokratien wie in Europa und in den Vereinigten Staaten. Dort sollen sie zu einem abnehmendem Vertrauen in politische Institutionen sowie zu Populismus, Hassrede und Polarisierung führen.
Trotz positiver Auswirkungen, ernsthafte Bedrohungen für die Demokratie
Die Meta-Studie zeigt aber auch einige vorteilhafte Auswirkungen von Social Media auf entwickelte Demokratien. So können die sozialen Medien das Wissen um politische Zusammenhänge verbessern und für ein vielfältigeres Nachrichtenangebot sorgen. In den sozialen Medien könne schließlich jeder spontan Inhalte produzieren - sowohl rechtsradikale Netzwerke als auch mutige belarussische Frauen, die sich für Menschenrechte und gegen ein repressives Regime einsetzen.
Letztlich schreiben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, dass es neben den positiven Auswirkungen digitaler Medien auf die Demokratie auch deutliche Hinweise für ernsthafte Bedrohungen für die Demokratie gibt. Es sei eine der wichtigste Aufgaben herauszufinden, wie demokratieschädliche Aspekte eingedämmt werden können. Dazu sei jedoch der Zugang zu den von den Plattformen gesammelten Daten notwendig. Bisher verhindern die Tech-Firmen die unabhängige Forschung dazu.