Pandemie

Corona-Warn-App: Warum sie sich jetzt lohnen könnte

Stand
Autor/in
Franziska Ehrenfeld

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hält sie für einen „zahnlosen Tiger“. Dabei könnte sich eine aktivere Nutzung der Corona-Warn-App gerade jetzt lohnen. Wir ziehen Bilanz – vier Monate nach dem App-Start.

Die offizielle Warn-App im Kampf gegen das Coronavirus
Die offizielle Warn-App im Kampf gegen das Coronavirus findet noch nicht die gewünschte Verbreitung.

Viele Deutsche haben sich die App in den ersten Wochen heruntergeladen. Aber inzwischen steigen die Download-Zahlen nur noch langsam. Gut 19 Millionen Mal wurde die Anwendung laut Robert-Koch-Institut (RKI) seit ihrem Start vor vier Monaten heruntergeladen. Das sind nur rund zwei Millionen mehr Downloads als noch vor zwei Monaten.

Bedenken muss man bei diesen Zahlen auch, dass nicht erhoben wird, wie viele Menschen die App tatsächlich nutzen – und wie viele die Corona-Warn-App vielleicht schon wieder von ihrem Smartphone gelöscht haben. Demnach geht das RKI von 15 bis 16 Millionen aktiven Nutzer*innen aus.

Das heißt: Nach wie vor nutzen rund 20 Prozent der Deutschen die App. Im internationalen Vergleich ist das ein guter Wert. In der Realität heißt das aber, dass die Wahrscheinlichkeit, dass bei einer Begegnung beide Menschen die App haben, bei gerade mal vier Prozent liegt.

Die EU-Kommission aktiviert jetzt eine grenzüberschreitende Warnplattform, mit deren Hilfe die bislang getrennt arbeitenden, nationalen Corona-Warnapps länderuebergreifend funktionieren sollen.
Die bislang getrennt arbeitenden, nationalen Corona-Warnapps sollen jetzt auch länderübergreifend funktionieren.

Wie viele Menschen warnen andere?

Laut den neuesten Kennzahlen zur Corona-Warn-App, die das RKI veröffentlicht, wurden bisher insgesamt etwas über 10.000 positive Covid-19-Testergebnisse geteilt. Tendenz stark steigend.

Allerdings teilt das RKI auch mit, dass sich nur 62 Prozent der Nutzer*innen überhaupt dafür entscheiden, ihr positives Corona-Testergebnis zu teilen. 38 Prozent entscheiden sich dagegen. Das bedeutet: Ihre potenziellen Risiko-Kontakte werden nicht durch die App gewarnt. Denn auch wenn man das Ergebnis selbst über die App erfahren hat, muss man es anschließend noch aktiv für seine Kontakte freigeben.

Wichtig zu wissen: Eine positiv getestete Person hat hierdurch keine Nachteile zu erwarten. Die Kontaktpersonen erfahren nicht, wer ihre Risikobegegnung war. Auch das RKI könne nicht einsehen, wer ein Testergebnis geteilt hat. Das Smartphone sende lediglich verschlüsselte ID-Codes an einen Server, die von anderen Smartphones abgerufen und mit dem internen Kontaktprotokoll abgeglichen werden können.

Bisher ist es nicht verpflichtend, ein positives Corona-Testergebnis auch zu melden. Damit relativiert sich allerdings auch der Nutzen der App.
Bisher ist es nicht verpflichtend, ein positives Corona-Testergebnis auch zu melden. Damit relativiert sich allerdings der Nutzen der App, weil andere dann nicht gewarnt werden.

Soll die App automatisch warnen?

Aufgrund der durchwachsenen Kennzahlen zur App-Nutzung hält Bayerns Ministerpräsident Söder die Corona-Warn-App für kaum wirksam. Er fordert ein Update, damit die App ihre volle Wirksamkeit ausschöpfen könne. Wie das genau aussehen soll, lässt er aber offen.

In der Vergangenheit gab es schon mehrfach Stimmen, dass die App Testergebnisse grundsätzlich teilen sollte. Möchte man das nicht, sollte man dann ausdrücklich widersprechen müssen. Das Teilen des Testergebnisses wäre dann immer noch freiwillig – allerdings auf Umwegen. Dabei ist fraglich, ob eine solche Änderung nicht mehr potenzielle Nutzer*innen verschrecken würde.

Warum könnte sich die Corona-Warn-App gerade jetzt lohnen?

Gerade jetzt wäre es sinnvoll, wenn sich mehr Menschen die Warn-App installieren würden. Während sie im Sommer – bei einem sehr geringen Infektionsgeschehen – kaum ihre Wirkung entfalten konnte, wächst ihre Bedeutung mit den steigenden Infektionszahlen.

Nicht nur, weil die App dann häufiger Risiko-Kontakte ermitteln kann. Sondern auch, weil einige Gesundheitsämter jetzt wieder an ihre Belastungsgrenze geraten und so entlastet werden können. Außerdem kann die Corona-Warn-App gerade in Verkehrsmitteln oder auf öffentlichem Gelände Kontakte nachvollziehen, die die Gesundheitsämter nicht ermitteln können. Je unübersichtlicher das Infektionsgeschehen ist, desto wichtiger wird die App.

Gesundheitsminister Spahn, Anfang Oktober 2020
Herbst 2020: Die Infektionszahlen steigen wieder. Auch Gesundheitsminister Jens Spahn hat es erwischt. Breitet sich das Virus wieder mehr aus, kann die App auch mehr nutzen.

Was bietet das neueste Update?

Erst kürzlich ist die App zum wiederholten Male geupdatet worden. Nutzer*innen, die ein positives Testergebnis hochladen, können jetzt Symptome wie Husten oder Fieber in einer Art Tagebuch protokollieren. Somit kann die App einen weiteren Faktor in ihre Risikoberechnungen aufnehmen. Damit die Funktion erscheint, müssen Nutzer*innen die App aktualisieren.

Außerdem soll die Corona-Warn-App nach und nach mit ihren europäischen Pendants zusammenarbeiten. Als erstes werden die Warnungen mit der irischen und italienischen App ausgetauscht. Weitere Staaten sollen bald folgen – darunter sind zum Beispiel Österreich, Belgien, die Niederlande, Tschechien, Kroatien und Spanien.

Eine Verknüpfung mit der französischen Anwendung wird aber nicht möglich sein. Der Grund: Während viele andere europäische Staaten aus Datenschutzgründen einen dezentralen Ansatz verfolgen, speichert die französische Corona-App ihre Daten zentral. Das heißt: Sie liegen auf Servern anstatt auf den einzelnen Smartphones.

Grünes Licht heißt derzeit nicht, dass man keine Risikobegegnung hatte, wenn der oder die andere die App nicht nutzt.
Grünes Licht heißt derzeit nicht unbedingt, dass man keine Risikobegegnung hatte. Denn viele Menschen nutzen die Corona-Warn-App nicht.

Sind die Probleme mit der Hintergrundaktualisierung jetzt behoben?

Laut RKI sind die Einschränkungen der automatischen Hintergrundaktualisierung der App behoben worden. Für Android-Smartphones ab Version 1.1.1 der App, bei iPhones ab Version 1.1.2. Allerdings empfehlen die Entwickler immer noch, die App einmal pro Tag zu öffnen und den eigenen Risikostatus zu überprüfen.

Bei Android-Smartphones gibt es jetzt einen zusätzlichen Schieberegler, der die Aktivierung der Hintergrundaktualisierung vereinfachen soll. War das Gerät längere Zeit ausgeschaltet, sollte man den Datenabgleich so wieder manuell aktivieren.

Das RKI weist in dem Zusammenhang darauf hin, dass die Entwicklung der Corona-Warn-App nicht mit dem Start abgeschlossen war. Sondern, dass an dem Projekt stetig weitergearbeitet und die App verbessert wird. Die Entwickler nehmen weiterhin Hinweise zu Fehlern auf und entwickeln die Corona-Warn-App so weiter. Lösungen für bekannte Problem gibt es hier.

Corona-Pandemie - eine Einweg-Maske liegt im Herbstlaub. (Symbolfoto)
Gerade jetzt, bei steigenden Fallzahlen im Herbst und Winter, könnte die Nutzung der Corona-Warn-App Sinn ergeben.
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Franziska Ehrenfeld