Hirnforschung

Wie entsteht ein Déjà-vu-Erlebnis?

Stand
Autor/in
Gábor Paál
Gábor Paál

Audio herunterladen (4 MB | MP3)

Déjà-vu kann umgangssprachlich mehrere Phänomene bezeichnen. Zum einen sagt man das manchmal, wenn einem einfach irgendetwas bekannt vorkommt. Wenn man z. B. bestimmte Konflikte immer wieder erlebt.

Keine übersinnliche Erfahrung

Hier geht es aber um die Déjà-vu-Erfahrungen im engeren Sinn: Wenn man das Gefühl hat: "Das hab ich doch schon mal gesehen" – obwohl man weiß, dass das gar nicht sein kann. Man läuft durch eine Gegend und hat plötzlich das Gefühl: "Hier war ich doch schon mal?"

Es gibt zwei Arten, dieses Phänomen zu erklären. Man kann es spirituell-esoterisch angehen und sich auf übersinnliche Erfahrungen berufen. Oder dass man es in solchen Fällen mit Erinnerungen aus einem früheren Leben zu tun hat. Man kann sich viele solche Erklärungen ausdenken, sie lassen sich allerdings schlecht überprüfen.

Alternativ kann man versuchen, das Phänomen naturwissenschaftlich zu verstehen und zu fragen: Wie kann das Gehirn eine solche Illusion hervorrufen?

Wie wiedererkennen funktioniert

Was passiert im Gehirn, wenn wir etwas unter normalen Umständen wiedererkennen? Denn darum geht es ja: Um das Gefühl des "Wiedererkennens". Das können Hirnforscher gut erklären: Etwas wiederzuerkennen besteht aus drei Schritten:

  1. Wir erleben (sehen, hören, riechen …) etwas
  2. Parallel ruft unser Gehirn Erinnerungen aus der Vergangenheit ab und gleicht die neuen Eindrücke mit den alten Erinnerungen ab
  3. Wenn es Übereinstimmungen gibt, gibt es das Signal: "Kenne ich schon."

Epileptiker berichten besonders häufig von Déjà-vu-Erlebnissen

Man könnte nun ein Déjà-vu so erklären, dass sich der 3. Schritt gelegentlich verselbstständigt, d.h. dass das Gehirn die Meldung "Kenn ich schon" abfeuert, ohne dass es einen Anlass dafür gibt. Es gibt sogar einen Hinweis, dass das eine Ursache sein kann: Denn besonders häufig berichten Epileptiker von Déjà-vu-Erlebnissen.

Bei einem epileptischen Anfall kommt es, einfach gesagt, zu einer Art Kurzschluss im Gehirn. Und zum Teil sind bei einem solchen Anfall die gleichen Hirnregionen beteiligt wie die, die dafür zuständig sind, Gedächtnisinhalte zu bewerten. Das ist eine mögliche Erklärung.

Unbewusste Wahrnehmung

Eine andere Erklärung ist, dass wir unbewusst bestimmte Erfahrungen tatsächlich schon gemacht haben oder antizipieren: Ich mache mit jemandem einen Spaziergang über eine hügelige Landschaft, von einem Hügel sehe ich bis ins übernächste Tal, nehme das aber nicht bewusst wahr, weil ich gerade in das Gespräch vertieft bin. Unbewusst macht sich aber mein Gehirn schon einen Eindruck, wie es in diesem Tal wohl aussieht. Wenn ich es dann auf dem nächsten Hügel erneut sehe, kommt es mir vertraut vor. Das ist jetzt eine sehr konstruierte Situation, die nur veranschaulichen soll, wie man sich so ein unbewusstes Antizipieren vorstellen kann.

Dass unbewusste Wahrnehmungen eine Rolle spielen können, weiß man aber, weil es möglich ist, unter Hypnose Menschen mit Erfahrungen zu konfrontieren, an die sie sich zwar hinterher nicht erinnern können, die sie aber, wenn sie sie wieder machen, als Déjà-vu erleben.

Es gibt also verschiedene Ansätze, um Déjà-vus zu erklären. Die sind aber alle noch im Bereich des Spekulativen. Eine hieb- und stichfeste Erklärung gibt es noch nicht.

Derzeit gefragt

Geschichte Wie nannte man das "Mittelalter" im Mittelalter?

Wir können heute vom Mittelalter sprechen, weil wir in der "Neuzeit" leben. Aber im Mittelalter selbst gab es eine ganz eigene Zeitrechnung, die heute kaum jemand kennt. Von Gábor Paál | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

Psychologie Warum vergeht die Zeit im Alter schneller?

Für Kinder dauert ein Jahr eine gefühlte Ewigkeit, im Alter geht die Zeit im Nu vorbei. Dieses Phänomen ist inzwischen gut belegt und lässt sich psychologisch erklären. | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

Derzeit gefragt

Geschichte Wie nannte man das "Mittelalter" im Mittelalter?

Wir können heute vom Mittelalter sprechen, weil wir in der "Neuzeit" leben. Aber im Mittelalter selbst gab es eine ganz eigene Zeitrechnung, die heute kaum jemand kennt. Von Gábor Paál | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

Psychologie Warum vergeht die Zeit im Alter schneller?

Für Kinder dauert ein Jahr eine gefühlte Ewigkeit, im Alter geht die Zeit im Nu vorbei. Dieses Phänomen ist inzwischen gut belegt und lässt sich psychologisch erklären. | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

Redewendung Man sagt: "Das kommt mir spanisch vor." Warum nicht italienisch oder französisch?

Als Karl V. im Jahr 1519 zum König von Deutschland gewählt wurde, zog er mit seinem spanischen Hofstaat nach Deutschland. Zur Verwunderung der Deutschen. Karl sprach nicht gern Deutsch und wenn, dann nur mit seinem Pferd. Von Rolf-Bernhard Essig

Gehirn Woran erkennt man eine beginnende Alzheimer-Erkrankung?

Typisch für Alzheimer in der ersten Zeit ist ein ganz starkes Nachlassen des Kurzzeitgedächtnisses. Aber es gibt weitere charakteristische Anzeichen. Von Sylvia Kern

Gesundheit Mit dem Rauchen aufhören: Wann ist der Körper wieder auf Nichtraucherniveau?

Das Rauchen hat viele Auswirkungen auf den Körper. Manche verschwinden, wenn man aufhört, schneller, andere brauchen länger. Recht schnell verschwinden die unmittelbaren Symptome, also der Raucherhusten und die Kurzatmigkeit. Von Gábor Paál | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

Zeitmessung Warum hat der Tag zwei mal zwölf Stunden?

Bevor es künstliches Licht gab, waren Tag und Nacht für die Menschen getrennte Welten. Aber wie konnte man nachts die Zeit überhaupt einteilen? Von Britta Wagner und Gábor Paál | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

Sexualität Wie entsteht Homosexualität?

Eine endgültige Erklärung gibt es noch nicht, aber es sieht so aus, dass Homosexualität zwar in gewisser Weise angeboren ist, aber trotzdem nicht direkt vererbt wird. Von Gábor Paál | Dieser Beitrag steht unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.