Die Vorstellung klingt etwas verrückt, denn die Basken leben im Norden Spaniens, die Tschetschenen im Kaukasus – wie kann man darauf kommen, dass die Sprachen verwandt sind? Es gab aber tatsächlich mal diese Theorie. Sie ist vermutlich falsch, aber ganz unberechtigt war die Überlegung nicht.
Indogermanische Sprachfamilien sind in Europa vorherrschend
In beiden Fällen handelt es sich um nicht-indogermanische Sprachen. Die meisten Sprachen Europas und sogar viele Sprachen Asien bis nach Indien gehören zur indogermanischen Sprachfamilie. Die germanischen Sprachen, die romanischen Sprachen, die slawischen, aber auch Persisch und Hindi gehören alle dazu.
Nicht-indogermanische Sprachen sind in Europa die Ausnahme
Wenn man sich nun eine Landkarte Europas anschaut, dann gibt es nur ein paar Flecken, in denen keine indogermanische Sprache gesprochen wird. Die bekanntesten sind Finnland und Ungarn, die gehören zu einer ganz eigenen Sprachfamilie. Ebenso das Türkische, das gehört zu den Turksprachen bzw. zur altaischen Sprachfamilie. Das sind die großen nicht-indoeuropäischen Sprachräume.
Außerdem gibt es noch ein paar kleine Sprachinseln. Dazu gehören sowohl die kaukasischen Sprachen, zu denen Tschetschenisch gehört, und es gehört Baskisch dazu. Das Baskische hat absolut nichts zu tun mit Spanisch, Französisch oder was da sonst im Umkreis gesprochen wird; es ist eine völlig eigenständige Sprachfamilie. Insofern ist es ja zumindest mal eine Überlegung wert, ob die beiden nicht verwandt sein könnten.
Vaskonisch als Ursprache Europas?
Wenn man von der Verbreitung der heutigen Sprachen ausgeht, liegen das Baskenland und Tschetschenien natürlich weit voneinander entfernt. Aber – und das ist das ganz spannende bei der Baskischen Sprache: Es sieht so aus – zumindest gibt es darauf einige Hinweise – dass der Vorläufer des Baskischen viel weiter verbreitet war als nur im Baskenland. Manche Forscher sagen, diese vaskonische Vorläufersprache war sogar so etwas war wie die Ursprache Europas. Das heißt, auch hier im Süddeutschland hätten vor 9.000 Jahren Leute gelebt, die eine Sprache gesprochen haben, die mit dem heutigen Baskisch verwandt ist. Denn man weiß: Das Indogermanische – von dem also Griechisch, Slawisch, Keltisch, Germanisch abstammt – kam erst 2.000 bis 3.000 Jahre später nach Europa, vermutlich aus Anatolien im Zusammenhang mit der Ausbreitung der Landwirtschaft. Die indogermanischen Sprachen haben dann die baskische Ursprache verdrängt. Das heißt, das Baskenland ist heute nur noch der Rückzugsraum einer Sprache, die ursprünglich mal weite Teile Europas dominiert hat.
Baskisch und Tschetschenisch haben Ähnlichkeiten in der Grammatik
Daher ist es nicht ganz abwegig zu fragen, ob die kaukasischen Sprachen nicht auch Überbleibsel einer solchen Ursprache sind. Dazu kommt: Baskisch und Tschetschenisch haben gewisse grammatikalische Ähnlichkeiten. Sie drücken nämlich eine bestimmte grammatische Funktion dadurch aus, dass sie an ein Wort bestimmte Laute und Silben anhängen. Wir haben im Deutschen für die verschiedenen Fälle bei Substantiven auch verschiedene Endungen, aber im Baskischen und im Tschetschenischen ist das noch viel extremer; da hängt man auch 3, 4 oder 5 Endungen hintereinander an ein Wort an. Es sind beides, wie man sagt, "agglutinierende Sprachen", das ist eine formale Ähnlichkeit.
Reicht diese Ähnlichkeit um zu sagen, dass die Sprachen verwandt sind?
Nein, eben nicht. Es war durchaus berechtigt, diese Hypothese aufzustellen und das zu untersuchen. Aber man müsste nicht nur in der Grammatik, sondern vor allem auch in den Wörtern Ähnlichkeiten finden. Aber die sind so schwach bzw. wenn überhaupt vorhanden, dann eher zufällig, dass die Theorie, Baskisch und und die kaukasischen Sprachen seien verwandt, heute als widerlegt gilt.
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