Chemie

Kann man Moleküle sehen?

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Autor/in
Claudia Neumeier

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Moleküle: Verbindungen von mehreren einzelnen Atomen

Mit bloßem Auge natürlich nicht. Moleküle sind Verbindungen von mehreren einzelnen Atomen, entsprechend klein sind sie. Zum Vergleich: Ohne Mikroskop kann unser Auge gerade noch Strukturen von etwa einem Fünftel Millimeter erkennen und Punkte voneinander unterscheiden. Die meisten Moleküle liegen aber in der Größenordnung von Nanometern. Ein Nanometer ist ein Millionstel eines Millimeters. Unvorstellbar klein!

Mikroskop: Moleküle mit Hilfsmitteln sichtbar machen

Um Moleküle sichtbar zu machen, brauchen wir also Hilfsmittel. Lichtmikroskope, wie man sie aus dem Biounterricht kennt, steigern das Auflösungsvermögen immerhin um den Faktor 1.000. Sie schaffen es also, bis zu 200 nm kleine Objekte sichtbar zu machen. Das reicht zum Betrachten einzelner Zellen.

Um noch kleinere Strukturen zu sehen, braucht man Elektronenmikroskope. Wie der Name schon sagt, wird hier nicht mit Licht, sondern mit Elektronen gearbeitet. Die werden bei der Interaktion mit Atomen und Molekülen von ihrem ursprünglichen Weg abgelenkt. Durch diese Ablenkung ergeben sich Muster, die man dann sichtbar machen kann.  

Durch Elektronenmikroskopie können wir Objekte sehen, die bis zu 0,5 nm klein sind! Also ein Faktor 400 gegenüber den Lichtmikroskopen. Das reicht für Moleküle und sogar einzelne Atome. So entstanden z.B. gestochen scharfe Bilder von DNA und Wassermolekülen. Bei diesen Proben ist aber eine spezielle Vorbereitung nötig.

Beschichtung mit leitfähigem Material: Proben fürs Mikroskop vorbereiten

Um kontrastreiche Bilder zu bekommen, sollte die Probe elektrisch leitfähig sein. Das sind natürlich nicht alle Stoffe! Darum werden Proben zuerst mit einem leitfähigen Material, wie Gold beschichtet. Die Messung findet dann im Vakuum statt, was zum Beispiel lebende Zellen nicht aushalten. Die gehen bei der Vorbereitung kaputt.

Atomgenaue Auflösung mithilfe von Rasterkraftmikroskopie

Aber dafür gibt es eine Lösung: Die Rasterkraftmikroskopie ist eine Möglichkeit, Moleküle und Atome sichtbar zu machen, ohne sie aufwendig und möglicherweise unter Zerstörung der Probe vorbereiten zu müssen. Dabei wird die Oberfläche der Probe mit einer ultrafeinen Spitze abgefahren. Diese Spitze ist der Oberfläche dabei so nah, dass sie die schwachen Anziehungskräfte durch die Oberfläche registrieren kann. Damit ist eine atomgenaue Auflösung von bis zu 0,1 nm möglich.

Der Nachteil: Man kann die Atome nicht über einen längeren Zeitraum beobachten wie beim normalen Mikroskop. Es lässt sich immer nur eine Momentaufnahme der Probe anfertigen.  

Fluoreszenzmikroskopie: Beobachtung über längeren Zeitraum möglich

Das aber geht mit einem weiteren Verfahren, der sogenannten ultrahochauflösenden Fluoreszenzmikroskopie. Kurioserweise sind wir damit fast wieder am Anfang, denn die Fluoreszenzmikroskopie arbeitet wieder mit Licht.

Seit 1999 neue Möglichkeiten in der Mikroskopie

Mehr als 100 Jahre galt es als unmöglich, mit Lichtmikroskopie Objekte sichtbar zu machen die kleiner als 200 nm sind. Das hat mit dem Wellencharakter von Licht zu tun. Aber 1999 ist es gelungen, diese Grenze zu durchbrechen.

Das geht, wenn man fluoreszierende Moleküle einsetzt. Diese können Licht in Form von Energie aufnehmen. Man sagt, sie werden „angeregt“. Diese Energie geben sie nach einigen Nanosekunden wieder ab – in Form von Licht. Das allein reicht aber noch nicht. Denn selbst wenn man das registrierte Licht beobachtet, kann man nicht sagen, ob es von einem bestimmten Molekül kommt, oder von einem anderen Molekül 10 nm daneben.

Fluoreszenzmikroskopie arbeitet mit zwei Lichtstrahlen

Der Trick bzw. die Lösung: Es werden zwei Lichtstrahlen eingesetzt. Der erste Lichtstrahl ist dazu da, die Moleküle anzuregen. Doch schon bevor sie fluoreszieren, also selbst Licht ausstrahlen, wird ein zweiter Strahl hinterhergeschickt. Dieser kann Moleküle „abregen“, also das Fluoreszieren verhindern. Dieser Strahl hat nun in der Mitte ein Loch, sodass alle Moleküle am Fluoreszieren gehindert werden – außer dem einen innerhalb dieses Loches. So kann man die Position der Lichtquelle auf das Innere dieses Loches eingrenzen. 

Inzwischen ist man in der Lage, zwei Punkte zu unterscheiden, die nur 1 bis 3 nm voneinander entfernt sind. Und da diese Methode mit lebenden Zellen funktioniert, können sogar Videos von Zellprozessen aufgenommen werden, z. B. wie Botenstoffe zwischen zwei Nervenzellen ausgetauscht werden.

Die Forschung arbeitet daran, noch bessere Methoden zu entwickeln, um Prozesse innerhalb von Zellen zu verstehen. Für die Entwicklung gab es 2014 auch den Nobelpreis.

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Claudia Neumeier

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