Beim Weinanbau macht das Klima die Musik: Je nachdem, wie warm und trocken eine Region ist, wird von den Winzern die passende Rebsorte dafür gewählt. In Deutschland wurde daher über Jahrhunderte der hier klassische Riesling angebaut. Denn diese Sorte mag es eher kühl und feucht. Doch vor allem im Südwesten Deutschlands könnte es dafür bald schon zu heiß sein – und zu trocken.
Daher stehen viele Winzer momentan vor einer schweren Entscheidung: Setzen sie die Tradition ihrer Vorfahren fort oder setzen sie auf neue Sorten? Die Entscheidung muss gut durchdacht sein und mit Weitsicht getroffen werden. Eine neue Weinrebe braucht bis zu sieben Jahre, bis sie erntefähige Trauben bildet. Klimatische Veränderungen spielen bei der Planung daher eine wichtige Rolle.
An der Mosel, wo eigentlich traditionell Riesling angebaut wird, findet bereits ein Umdenken statt. Immer häufiger setzen die Winzer hier auf Burgunder. Auch Jungwinzer Sven Nieger setzt in Baden-Baden unter anderem auf Rebsorten wie Syrah, die früher eigentlich nur in südeuropäischen Ländern angebaut wurde. Wie wichtig es ist, sich den klimatischen Veränderungen anzupassen, zeigt ein Blick in das Elsass. Dort haben einige Winzer zu lange am Riesling festgehalten, statt auf Rotwein zu wechseln, sagt Wein-Sommeliér Stephanie Döring. Mittlerweile habe die Region keinen Markt mehr.
Biologischer Anbau ist im Kommen
Der Klimawandel sorgt aber nicht nur dafür, dass andere Rebsorten angebaut werden, er stärkt auch das ökologische Bewusstsein vieler Winzer. Eine der aktuellen Entwicklungen beim Wein ist der Trend hin zu biologischem Anbau. Biosiegel wie Demeter oder Bioland prangen immer häufiger auf den Etiketten sowie der Vermerk, dass ein Wein vegan ist. Die Winzer versichern damit, sich an gewisse Standards zu halten und nachhaltig zu produzieren und keine tierischen Produkte zur Klärung des Weins zu verwenden.
Die Unterschiede zwischen biologischem und konventionellem Weinbau zeigt sich zum Beispiel beim Thema Düngung. Im konventionellen Weinbau wird mit synthetischen Düngemitteln gearbeitet, der wichtigste synthetische Dünger ist Stickstoff. Um den Stickstoffdünger auszubringen, wird im konventionellen Weinbau in der Regel immer eine Rebzeile offengehalten. Das bedeutet, diese Reihe wird nicht begrünt, damit dort der Mineraldünger ausgebracht werden kann.
Die andere Herangehensweise, die Bio-Winzer bevorzugen, ist die organische Düngung. Dabei wird über Jahre hinweg eine Humusschicht im Weinberg aufgebaut. Kompost wird ausgebracht, die Rebzeilen werden begrünt – mit Pflanzen, die Stickstoff aus der Luft binden und im Boden der Rebe verfügbar machen.
Der Vorteil gegenüber dem Mineraldünger kam in den Jahren zwischen 2018 bis 2020 zum Vorschein. Weil es teilweise wochenlang nicht geregnet hatte, trockneten die Böden aus. Die Folge: Immer mehr Weinberge litten an Mangelerscheinungen, zum Beispiel hatten sie zu wenig Stickstoff. Denn Mineraldünger würde von den Weinbergen nur aufgenommen, wenn es regnet, sagt Daniel Deimling, Professor für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Betriebswirtschaft des Wein- und Getränkesektors an der Hochschule Heilbronn. Bei der organischen Düngung sei der Stickstoff für die Rebe auch bei Trockenheit verfügbar.
Klimawandel beeinflusst auch die Bierbrauer
Auch bei den Bierbrauern ist der Klimawandel ein großes Thema. Der Hopfenanbau leidet beispielsweise bereits seit Jahren unter der Trockenheit. Doch vor allem die Hauptzutat des Biers könnte zukünftig hart umkämpft sein: Wasser. Denn Bier besteht nicht nur zu 98 Prozent aus Wasser, es wird auch in großen Mengen während des gesamten Herstellungsprozesses gebraucht.
Ähnlich wie beim Wein wird auch beim Bier von den Verbrauchern zudem mehr Wert auf Nachhaltigkeit gelegt. Befeuert wird der Trend zur Regionalität auch von der Craftbier-Bewegung. Craftbier – was auf Deutsch so viel bedeutet wie: handwerklich gebrautes Bier – sorgte für eine Wiederentdeckung und Wiederbelebung alter, regionaler Bierstile. Ausgehend von den USA schwappte der Trend in den 2010er-Jahren nach Europa über.
Doch nicht nur Regionalität ist ein Trend bei den Brauern, auch alkoholfreies Bier ist immer gefragter. Nach Angaben des Deutschen Brauer-Bundes ist bereits jedes zehnte Bier, das verkauft wird, ohne Alkohol. Insgesamt ist der Bierkonsum – ob mit oder ohne Alkohol – jedoch seit Jahren leicht rückläufig in Deutschland. Im Jahr 2000 tranken die Deutschen im Schnitt noch mehr als 125 Liter pro Kopf und Jahr – im Jahr 2021 nur noch etwa 91,6 Liter. Trotz allem eine beachtlich hohe Zahl.
Weinkonsum seit Jahren konstant
Die Weinbranche kann da nur neidisch auf die Brauer schauen. Mit 20,7 Litern pro Kopf fällt der Konsum von Wein deutlich geringer aus – was natürlich auch mit dem höheren Alkoholgehalt zu erklären ist. Dafür ist der Weinkonsum in den vergangenen Jahren sehr konstant geblieben und hat sich während der Corona-Pandemie sogar leicht erhöht.
Doch natürlich gibt es auch in der Weinbranche neben dem umweltbewussteren Anbau weitere Trends, die vor allem bei den jüngeren Generationen Anklang finden. Vor allem bei der Verpackung wird mit den Konventionen gebrochen – auch aus Nachhaltigkeitsgründen. So füllen einige Jungwinzer ihren Wein beispielsweise in Dosen ab. Das hat nicht nur für den Transport Vorteile und umgeht das Problem des Glasmangels. Dosen sind auch lichtundurchlässig und somit eigentlich besser geeignet als die dunklen Glasflaschen, bei denen Licht durchkommt.
Auch beliebt ist die sogenannte Bag-in-Box, also "Beutel in Schachtel", vor allem in Skandinavien. Der Wein wird hier in einen Innenbeutel abgefüllt, der sich in einem Karton befindet. Die Beutel können dabei auch gerne mal direkt mehrere Liter Wein enthalten. Über einen Zapfhahn kann sich der Konsument dann bequem sein Glas voll machen.
Orange-Wein als neuer Trend
Natürlich gibt es auch allgemeine Trends, die einzelnen Weinsorten gelten. Grauburgunder etwa ist momentan sehr gefragt. Zudem geht es eher zu Rosé und Weißwein, also zu den alkoholärmeren Weinen, ähnlich wie beim Bier. Es gibt tatsächlich auch Winzer, die alkoholfreie Weine produzieren.
Im Kommen ist auch Orange-Wein, ein maischevergorener Weißwein. Das bedeutet, dass der Saft von weißen Trauben zusammen mit den Schalen vergoren wird. So macht man es eigentlich nur beim Rotwein. Denn die rote Farbe bekommt der Wein von der Schale der Trauben. Vergärt man den Saft weißer Trauben zusammen mit den Schalen, dann bekommt der Wein eine dunkelgelbe bis goldene oder eben orange Farbe.
Abschließend bleibt festzuhalten: Während Alkohol allein schon aus hygienischen Gründen früher oft unverzichtbar war, trinken gerade gesundheitsbewusste junge Menschen heute bewusst häufig alkoholfreie Varianten. Und sie schauen auf Herkunft und Verarbeitung: Nachhaltigkeit ist im Trend – nicht zuletzt wegen des Klimawandels. Die Auswirkungen, die bereits jetzt spürbar für die Winzer und Brauer sind, werden wohl noch zunehmen. Doch auch wenn der Wein irgendwann aus Norddeutschland kommen sollte und das Bier aufgrund von Wassermangel zum Luxusgut würde: Getrunken wird es vermutlich noch sehr lange.