Warschauer Pakt – unter Kontrolle der Sowjetunion
Eine Woche nach dem NATO-Beitritt der Bundesrepublik schließen in Warschau die Staaten Osteuropas mit der Sowjetunion ebenfalls ein Bündnis, den "Warschauer Vertrag über Freundschaft, Zusammenarbeit und gegenseitigen Beistand", im Westen kurz Warschauer Pakt genannt.
Anders als bei der NATO, in der die Mitglieder sich als gleichberechtigte Partner verstanden, war das Kommando des Warschauer Pakts unter Kontrolle der Sowjetunion. Es sorgte auch dafür, dass die einzelnen Staaten kommunistisch und moskautreu blieben.
Der DDR-Rundfunk hebt bei der Vertragsunterzeichnung vor allem hervor, dass der Warschauer Vertrag einen Beitrag zum Frieden in Europa leiste und die beiden deutschen Staaten der Wiedervereinigung einen Schritt näher brächte.
Otto Grotewohl hält nach der Rückkehr Ansprache in Ost-Berlin
Am 15. Mai 1955 kehrt die DDR-Delegation aus Warschau zurück, dabei auch Ministerpräsident Otto Grotewohl. Er hat das Dokument für die DDR unterzeichnet und hält beim Empfang am Berliner Ostbahnhof eine Ansprache:
"Zur Verwirklichung der Ziele der Warschauer Konferenz vereinen die acht am Vertrag beteiligten Staaten ihre Kräfte und sind darum in der Lage, gemeinsam und wirksam der Situation in Europa zu begegnen, die durch das Inkrafttreten der Pariser Verträge eingetreten ist.
Mächtige Freunde stehen uns in diesem Kampf zur Seite. Der Vertreter des großen chinesischen Volkes erklärte auf der Warschauer Konferenz: Falls es zu einem Krieg in Europa kommt, werden die 600 Millionen Chinesen auf der Seite der Sowjetunion und ihrer Verbündeten kämpfen.
Beifall
Diese Erklärung kann von den imperialistischen Aggressoren nicht übersehen werden. Wir sind überzeugt, dass die Mitwirkung der chinesischen Volksrepublik dazu beitragen wird, jene Kreise in West-Deutschland und in der ganzen Welt zu ernüchtern, die Revanche-Geist und Aggressionspläne züchten. Sie werden sich nach der Warschauer Konferenz überlegen, ob noch die geringste Aussicht besteht, ihre abenteuerliche Kriegspolitik mit Aussicht auf Erfolg fortzusetzen."
Monitor-Aufnahme des RIAS
Bei der Aufnahme handelt es sich um einen sogenannten Monitor-Mitschnitt, das heißt der in Westberlin angesiedelte Sender RIAS hat die Sendung im DDR-Rundfunk aufgenommen und archiviert.
Quelle: Deutschlandradio
NATO
9.5.1955 Die Bundesrepublik tritt der NATO bei
9.5.1955 | Nach dem Zweiten Weltkrieg wuchsen bald die Spannungen zwischen den USA und den westeuropäischen Ländern auf der einen Seite und der Sowjetunion auf der anderen. Mittendrin das zwischen den Siegermächten aufgeteilte Deutschland, aus dem 1949 zwei eigenständige Staaten entstanden, die Bundesrepublik und die DDR. Ereignisse wie die Berlin-Blockade 1948/1949 führten in Westeuropa zu einem verstärkten Gefühl der Bedrohung durch die Sowjetunion und zum Bedürfnis, die militärisch starken USA als dauerhafte Schutzmacht in Anspruch zu nehmen. Dies war die Grundlage für die Gründung der NATO 1949. Anfangs waren es 12 Mitgliedsstaaten. Die Bundesrepublik Deutschland war noch nicht dabei.
Sie tritt erst 9. Mai 1955 der NATO bei – drei Jahre später als die Türkei und Griechenland. Der NATO-Beitritt ist Bestandteil des sogenannten Pariser Verträge, mit denen das Besatzungsstatut in Westdeutschland beendet wurde. Konrad Adenauer unterzeichnet den NATO-Beitritt in Paris anlässlich der Feierlichkeiten zehn Jahre nach der deutschen Kapitulation. Reporter ist Max Schulze-Vorberg.
5.12.1994 Russland garantiert Souveränität der Ukraine – ist aber gegen NATO-Osterweiterung
5.12.1994 | Nach dem Ende der Sowjetunion sortiert sich Osteuropa neu. Dabei gibt es große Themen zu klären: Das eine sind Atomwaffen. Die Ukraine, Belarus und Kasachstan besitzen welche – noch aus der Zeit, als sie zur Sowjetunion gehörten. Die Ukraine ist Anfang der 1990er Jahre faktisch die drittgrößte Atommacht der Welt. So viele Atomstaaten – das halten viele für gefährlich. Deshalb kommt es zu einem Abkommen: Die drei Ex-Sowjetrepubliken verzichten auf Atomwaffen, unterzeichnen also den Atomwaffensperrvertrag. Im Gegenzug verpflichten sich die anderen Vertragsstaaten, vor allem die USA und Russland, die Souveränität dieser drei Länder zu achten. Dieses Abkommen läuft im Völkerrecht unter dem Namen „Budapester Memorandum“ – denn es wurde auf dem Treffen der damaligen KSZE (Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, heute: OSZE) im Dezember 1994 vereinbart.
In der Berichterstattung spielt es damals allerdings kaum eine Rolle, denn andere Themen beherrschen die Konferenz sind strittiger: Da ist zum einen der Jugoslawienkrieg, der nur wenige hundert Kilometer von Budapest entfernt, zum anderen die von den USA beabsichtigte NATO-Osterweiterung. US-Präsident Bill Clinton wirbt in Budapest dafür, Helmut Kohl unterstützt ihn. Russlands Präsident Boris Jelzin ist dagegen. Er befürchtet, so erklärt er 5. Dezember in Budapest, dass die Nato-Osterweiterung die Demokratie in Russland gefährde. Reporter ist ARD-Korrespondent Michael Herde.
27.5.1997 Russland stimmt NATO-Osterweiterung zu
27.5.1997 | Nachdem Russlands Präsident Boris Jelzin sich jahrelang gegen die NATO-Osterweiterung gesperrt hat, wächst das Vertrauen zwischen Russland und dem Westen. 1997 gibt Jelzin den Widerstand auf. Am 27. Mai des Jahres kommt es zur NATO-Russland-Grundakte. Darin verpflichten sich beide Seiten, die Souveränität aller Staaten zu achten. Russland erkennt an, dass es kein Vetorecht gegen die NATO-Mitgliedschaft anderer Länder hat. Die NATO erklärt wiederum, dass sie keinen Anlass und nicht die Absicht habe, in den neuen osteuropäischen Staaten Atomwaffen zu stationieren. Russland bekommt außerdem umfangreiche Wirtschaftshilfen. Auch soll Russland eng in die NATO-Planungen eingebunden werden. Moskau und wird in die Gruppe der führenden Industrieländer – bis dahin G7, ab dann G8 – aufgenommen. Die Stimmung bei der Unterzeichnung in Paris ist gut, und Boris Jelzin tritt mit einem großen Versprechen auf, das über das Vereinbarte hinausgeht. Aus dem Elysee-Palast berichtet damals Cai Rienäcker.
28.5.2002 NATO-Russland-Rat gegründet – "Kalter Krieg vorbei"
28.5.2002 | In den 1990er-Jahren haben sich die NATO und Russland immer mehr angenähert. 1997 vereinbarten sie eine engere Partnerschaft. Sie wird noch enger, als beide Seiten Anfang der 2000er-Jahre den islamistischen Terrorismus als immer stärkere gemeinsame Bedrohung wahrnehmen. Nach den Terroranschlägen von 11. September 2001 geht die NATO deshalb einen weiteren Schritt auf Russland zu und vereinbart die Gründung eines NATO-Russland-Rates. Russland solle bei Entscheidungen auf Augenhöhe eingebunden werden.
Am 28. Mai 2002 wird der Vertrag in Rom unterzeichnet. Für Russlands Präsident Wladimir Putin, der erst zwei Jahre im Amt ist, ein großer außenpolitischer Erfolg.
Viele andere Beteiligte äußern die Ansicht, dass damit der Kalte Krieg offiziell besiegelt sei. Sogar über eine künftige EU- oder gar NATO-Mitgliedschaft Russlands wird in diesen Tagen gelegentlich spekuliert.
eporter ist ARD-Korrespondent Gerhard Irmler.
Prager Frühling 1968
21.8.1968 Warschauer Pakt beendet "Prager Frühling"
21.8.1968 | Die Nacht vom 20. auf den 21. August 1968 bedeutet das Ende des Prager Frühlings. Die politischen Reformen in der Tschechoslowakei, der von Parteichef Alexander Dubcek propagierte "Sozialismus mit menschlichem Antlitz", gehen Moskau und den anderen osteuropäischen Nachbarn zu weit. Und so macht der Warschauer Pakt seine Drohung war. Panzer rollen nach Prag und mit ihnen besetzen fast eine halbe Millionen sowjetische, ungarische, polnische und bulgarische Soldaten das Land. Schon in den frühen Morgenstunden berichtet Radio Prag.
22.8.1968 In Prag demonstrieren Tausende gegen Besetzung
22.8.1968 | Tag 2 der Prager Besetzung. Tausende demonstrieren auf dem Prager Wenzelsplatz gegen die Besatzung des Landes durch den Warschauer Pakt. Vor allem Jugendliche gehen auf die Straße. Gleichzeitig gehen die Verhaftungen weiter.
23.8.1968 Geheimpolizei auf Prags Straßen, Präsident Svoboda reist nach Moskau
23.8.1968 | Tag 3 der Prager Besetzung. Die Autofahrer in Prag warnen sich inzwischen gegenseitig vor mutmaßlichen Fahrzeugen der Geheimpolizei. Unterdessen sucht die Sowjetunion noch immer nach Ansprechpartnern – Verbündeten, die die Tschechoslowakei in ihrem Sinne führen können. Staatspräsident Ludvík Svoboda verweigert zunächst die Zusammenarbeit. Doch nun reist er plötzlich nach Moskau. Was hat das zu bedeuten? Das fragt sich auch Korrespondent Heinrich Krasser.
23.8.1968 Hilferuf aus Prag an Vereinte Nationen und befreundete Staaten
23.8.1968 | Zwei Tage nach dem Einmarsch der Warschauer-Pakt-Truppen richtet das Freie Radio der Tschechoslowakei einen eindringlicher Hilferuf, zum einen an den Generalsekretär der Vereinten Nationen U Thant, zum anderen an Rumänien und Jugoslawien. Denn diese beiden sozialistischen Länder haben sich herausgehalten und keine Soldaten geschickt. Rumäniens Staatschef Nicolae Ceausescu hat den Einmarsch sogar verurteilt als "Intervention in die Angelegenheiten eines sozialistischen Bruderstaats."
24.8.1968 Alexander Dubcek in Moskau
24.8.1968 | Tag 4 der Besatzung in Prag. Nun sind offenbar auch Parteichef Alexander Dubcek und Ministerpräsident Oldrich Cernik nach Moskau gereist, um mit der sowjetischen Führung über die Zukunft der Tschechoslowakei zu verhandeln. Die Einschätzung von Korrespondent Heinrich Krasser. Dubcek kehrte in die Tschechoslowakei zurück und blieb noch einige Monate im Amt, bis er im April des Folgejahres zum Rücktritt gedrängt wurde.